Ringsheim und die Deponie – das wird wohl keine Liebesbeziehung mehr. Geht es nach dem Bürgermeister sollte seine Gemeinde wenigstens für die Unannehmlichkeiten entschädigt werden. Archivfoto: Mutz Foto: Lahrer Zeitung

Verbrennungsanlage: Ringsheims Bürgermeister stellt klare Forderungen / Fehler bei der Informationspolitik

Ringsheim. Die geplante Verbrennungsanlage auf dem Kahlenberg hat für viel Unmut in Ringsheim gesorgt. Nach einer Infoveranstaltung des Abfall-Zweckverbands (ZAK) scheinen die Wogen vorerst geglättet. Im Interview mit der Lahrer Zeitung erklärt Bürgermeister Pascal Weber, was aus seiner Sicht im Vorfeld hätte besser laufen können, warum die Ringsheimer weiter wachsam bleiben und was er sich in Zukunft von den Verantwortlichen wünscht.

Herr Weber, die Infoveranstaltung zur Verbrennungsanlage verlief sachlich und ohne Polemik. Sind Sie erleichtert darüber?

Ja, das bin ich. Das war sicher ein Verdienst aller Anwesenden, der Moderatorin, aber insbesondere von Geschäftsführer Georg Gibis, der umfangreich informierte, viele Fragen beantworten konnte und in dessen Fähigkeiten und Integrität die Ringsheimer großes Vertrauen setzen.

Wie nehmen Sie die Stimmung aktuell im Ort wahr? Hat sich nach der Veranstaltung etwas verändert?

Ich bin überzeugt, alle haben jetzt einen breiten Eindruck, viel mehr Informationen, Fakten, Zusagen und Antworten zum Projekt. Dennoch bleiben weiter Sorgen, Skepsis und berechtigte Anliegen, die es nun im weiteren Prozess vom ZAK abzuarbeiten gilt. Viele, auch der Gemeinderat, haben die Befürchtung, es geht immer weiter mit Projekten am Kahlenberg, etwa mit einer Klärschlammverwertung oder der Anlieferung von Ersatzbrennstoffen aus anderen Landkreisen.

Teilen Sie diese Befürchtung?

Nach meinen Informationen und den Gesprächen, die ich dazu geführt habe, sind solche Dinge nicht vorgesehen, aber man muss weiter aufmerksam hinsehen.

Es gab in Ringsheim nicht nur Kritik am Projekt selbst, sondern vor allem an der Informationspolitik. Was hätte der Zweckverband im Vorfeld anders machen sollen?

Es ist immer schwer, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um mit einem Projekt früh, aber mit der nötigen Faktentiefe an die Öffentlichkeit zu gehen. In diesem Fall war man sicher zu spät mit den Informationen für die Bevölkerung. Die Berichterstattung im Vorfeld und der Besuch des Ministers waren nicht hilfreich und haben bei den Ringsheimern das Gefühl geweckt: "Es ist alles sowieso schon alles entschieden und beschlossen."

Die Verantwortlichen versprechen, dass die neue Anlage alle Grenzwerte einhalten wird. Hat sich das Positionspapier des Gemeinderats damit schon wieder erledigt?

Nein, das ganz sicher nicht. Es war richtig, unsere Anforderungen an das Projekt und den ZAK möglichst früh zu formulieren. Wir erwarten nun, dass alle Punkte des Positionspapiers besprochen und umgesetzt werden. Auch die gemachten Zusagen, zum Beispiel die überdeutliche Unterschreitung von Grenzwerten, müssen zwingend und nachvollziehbar eingehalten werden. Da werden wir kritisch drauf achten.

Profitiert Ringsheim eigentlich wirtschaftlich vom ZAK, immerhin ist der ja auch eine Art Industriebetrieb?

Die eigentliche Deponie, also der ZAK, ist nicht gewerbesteuerpflichtig. Deshalb erhalten wir im Vergleich zu anderen Gemeinden, die Industrieunternehmen vor Ort haben, auch keine Steuern oder Abgaben. Wir profitieren aber derzeit bei der günstigen Fernwärme, die wir 1:1 an unsere Kunden weitergeben und zum Beispiel durch einen Zuschuss für ein neues Feuerwehrfahrzeug, das wir auch aufgrund der Gefahren und Einsätze beim ZAK benötigen. Die Tochterfirma des ZAK, die MYT, ist zwar gewerbesteuerpflichtig, aber die Einnahmen für uns sind da sehr überschaubar.

Und wie sieht es bei der neuen Anlage aus?

Welche Gesellschaftsform für das Projekt gewählt wird, steht wohl noch nicht fest. Wir erwarten Stand heute aber keine oder nur sehr geringe Gewerbesteuereinnahmen. Gewinnen werden dagegen wohl alle Müllgebührenzahler, denn die Landkreise sparen viel Geld durch die Nichteinführung der Biotonne. Zudem dürfte sich die Verwertung der Ersatzbrennstoffe als Strom finanziell positiv auswirken, ebenso wie der Wegfall des Transports und die Zahlungen für die Verwertung in anderen Anlagen. Deshalb glauben wir, ist es gerecht, dass die Standortgemeinde einen Ausgleich erhält, worüber die Kreisräte und Bürgermeister in der ZAK-Verbandsversammlung entscheiden.

Sehen Sie denn auch positive Aspekte für Ihre Gemeinde?

Es werden wohl weniger Lastwagen durch den Ort fahren. Die Rede ist von einer einstelligen Zahl am Tag. Und durch den Verzicht auf die Biotonne kommt nicht noch zusätzlicher Verkehr dazu.

Gibt es Chancen, im Zuge des neuen Projekts alte Missstände zu beseitigen?

Das ist unabhängig vom jetzigen Projekt. Aber klar: Besonders bei der Verkehrsbelastung muss der ZAK sich verbessern und bereit sein, weitere Schritte auch mit uns gemeinsam zu gehen. Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass der Verband eine Machbarkeitsstudie zu einer direkten Zufahrt auf die Umgehungsstraße in Auftrag gibt und diese Option ernsthaft prüft und umsetzt. Das wäre ein gutes Zeichen an Herbolzheim und Ringsheim.   Die Fragen stellte        Felix Bender.

Mit der neuen Verbrennungsanlage auf dem Kahlenberg sollen wertvolle Rohstoffe, insbesondere Phosphor, aus der Asche des Abfalls gefiltert werden. Zudem soll das Projekt zur Energiegewinnung und der CO2-Einsparung beitragen. Vor allem aber wollen die im Zweckverband zusammengeschlossenen Landkreise (Ortenau und Emmendingen) damit die Einführung einer Biotonne verhindern. Der Ringsheimer Gemeinderat hat in einem Positionspapier Stellung zu dem Vorhaben bezogen. Er fordert größtmögliche Sicherheit und Transparenz und so wenig Mehrbelastungen wie möglich. Die Kosten für die neue Anlage werden auf rund 30 Millionen Euro geschätzt. 7,5 Millionen Euro kommen vom Land. Auf dem Kahlenberg werden jährlich 100 000 Tonnen Hausmüll verarbeitet.