Verschneite Dächer: Blick vom Kahlenberg über Ringsheim. Foto: Mutz

Wetter: Schnee ist selten geworden – im Gegensatz zu früher

Ringsheim - Dauerschneefall hat das Land in einen weißen Wintermantel gehüllt. Eine Seltenheit in den Niederungen der Rheinebene. Man muss im Kalender schon sehr lange zurückblättern, um sich an eine ähnliche Winterpracht zu erinnern. Strahlende Sonne mit azurblauem Himmel einerseits und angenehme Luft mit trockener Kälte war nicht nur am Freitag Anreiz für einen Spaziergang für Familien mit Kindern und Schlitten im Schlepptau.

Für die Ringsheimer ist besonders der Kahlenberg ein beliebtes Wanderziel – auch wenn aufgrund der Schneebruchgefahr die Wege auf den Berg größtenteils gesperrt wurden. Eine "rasante" Schlittenfahrt war aber noch auf kleinen Hügeln und kurzen Abhängen möglich, wenn auch nur alleine und nicht in Gruppen, wo das Schlittenfahren erst richtig Spaß macht.

Auf den Straßen im Süd- und Nordschwarzwald herrschte hingegen wegen der Straßenverhältnisse das Verkehrschaos, auch weil die prächtige Schneelandschaft viele in die Berge lockte. Erstmals seit vielen Jahren war auch der Winterdienst mit Traktor und Schneeräumschild in Ringsheim unterwegs und für die Hausbesitzer war Frühsport mit der Schneeschippe angesagt.

Schnee für alle im Land, das gab es schon lange nicht mehr, löst aber beim Autoren automatisch Kindheitserinnerungen aus den 1950er-Jahren aus, nämlich an "wilde" Schlittenfahrten als Ringsheimer Kind auf dem Kahlenberg. Zu dieser Zeit gab es nicht nur gefühlt wesentlich mehr Schnee und man mag nach so vielen Jahren Wintererfahrung der These nicht widersprechen, dass der Klimawandel seine Spuren hinterlässt.

Skier und Reisen in angesagte Skigebiete gab die Familienkasse damals nicht her. Die Ringsheimer Volksschule war damals noch im jetzigen Rathaus untergebracht und der damalige Schulleiter Hermann Löffel hatte natürlich seine Wohnung im Gebäude, sozusagen mit Präsenzpflicht.

Rasante Schlittenfahrten, Lagerfeuer und "Lianenrauchen"

Mit den ersten Schneeflocken machte sich schon Nervosität in der Klasse breit, Absprachen für den Treff am Berg mit Schlitten wurden bereits getroffen. Nach dem hastigen Mittagessen ging es dann auf Tour, um auf dem Berg die beste Abfahrt, am besten in einer Hohlgasse, zu suchen.

Schulaufgaben wurden abends gemacht – oder gar nicht. Die Schlitten waren konservativ aus Holz, kein Plastikgedöns wie heute. Damit es auch gut lief, wurden die Kufen mit einer Speckschwarte flott gemacht, dann konnte es los gehen, lautstark mit "Baaahn frei", verwegen liegend auf dem Schlitten, mit dem Kopf (ohne Schutz) vorne raus.

Die Verwegenen nahmen auf dem Rücken noch einen Sozius mit, oder man bildete einen Schlittenzug. Den Letzten in der Kette hielt es meist nicht lange auf dem Schlitten. Berg und Schlittenfahren bedeutete Abenteuer und das hieß unter anderem verbotenes "Lianenrauchen", man war ja unter sich. Und da man sich inmitten der Reben befand und die Winzer bereits den Rebschnitt zu schönen Wellen als Anfeuerholz bereitgelegt hatten, wurden diese kurzerhand stibitzt und im Lagerfeuer verbrannt.

Nicht immer fand das Vorhaben ein glückliches Ende, denn ein Winzer verpetzte einmal die Lausbuben beim damaligen Bürgermeister Rudolf Biehler. Bei ihm musste die Gruppe "vorreiten", um eine Ermahnung abzuholen. Und wünscht man sich diese Zeit zurück? Nein, aber man erinnert sich gerne daran.