Blickt auf turbulente Jahre zurück: Gemeinde- und Ortschaftsrat Klaus Deutschkämer Foto: Privat

Kommunalpolitik: Klaus Deutschkämer verabschiedet sich nach elf Jahren aus dem Mahlberger Gemeinderat

Orschweier - Elf Jahre lang hat Klaus Deutschkämer in der Kommunalpolitik für das Wohl der Mahlberger und Orschweierer Bevölkerung gekämpft. Jetzt ist Schluss. Der 64-Jährige will sich mehr um sich und seine Familie kümmern.

Eins ist vorneweg ohne Umschweife erkennbar: Klaus Deutschkämer lebt für die Kommunalpolitik, liebt sie aber nicht. "Ich habe mich seit Beginn meiner Arbeit in der Kommunalpolitik damit befasst, auszusteigen", gibt der gelernte Elektroingenieur im Gespräch mit unserer Redaktion zu.

Als die Anforderungen im vergangenen Jahr sowohl privat als auch beruflich zunahmen, entschied sich der 64-Jährige aufzuhören. Er sei nicht zum Spaß in die Kommunalpolitik eingestiegen, "sondern weil es notwendig war".

Nach Unterstützung bei den Anwohnern gesucht

Rückblick: Vor mehr als zwölf Jahren haben die Anwohner in Orschweier Probleme mit dem ansässigen Pelletwerk. Unter anderem die Lautstärke auf dem Gelände bereitet Anwohnern schlaflose Nächte. Eines Tages steht Peter Ohnemus vor der Haustür von Deutschkämer und weiß nicht mehr weiter.

Von Staub-, Lärm- und Geruchsproblemen geplagt habe Ohnemus Unterstützung in der Bevölkerung gesucht und sie bei Deutschkämer gefunden. Die beiden gründen die Bürgerinitiative (BI) Gewerbepark Ettenheim/Mahlberg und teilen sich den Vorsitz.

Sie kämpfen um Akteneinsicht. Sie wollen wissen, welche Belastungswerte von dem Betrieb tatsächlich ausgehen. Weil sich das Pelletwerk aber mithilfe des Betriebsgeheimnisses herauswindet, sehen der 64-Jährige und Ohnemus nur eine Möglichkeit: In die Kommunalpolitik einsteigen.

2009 ist im Mahlberger Gemeinderat in der CDU und SPD jeweils ein Sitz frei. Die beiden kandidieren und schaffen den Sprung in die Parteien. Deutschkämer landet bei der SPD. Von da an setzt sich der Orschweierer vordergründig für den Bebauungsplan im Ettenheimer Gewerbegebiet DYN A5 ein und sorgt dafür, dass der ursprüngliche Bebauungsplan nicht wie geplant umgesetzt wird.

Der 64-Jährige zeigt sich im Nachhinein heute ein wenig selbstkritisch. "Da wurden zum Teil große Flächen überbaut mit einer sehr überschaubaren Anzahl von Arbeitsplätzen", räumt er ein. Das sei aber wegen der Schulden der Stadt letztendlich der Kompromiss zum damaligen Zeitpunkt gewesen.

Weil die Unterstützung in der SPD-Fraktion aber insgesamt nicht so recht spürbar gewesen sei, gründet er mit Unterstützung von Gemeinderäten aus der CDU-Fraktion das Bürgerforum. Schon bei der Kommunalwahl 2014 wird das Bürgerforum, das erstmals mit eigener Liste antritt, zweitstärkste Kraft im Gemeinderat. Nur fünf Jahre später trennen CDU und Bürgerforum gerade einmal vier Stimmen. Beide ziehen mit vier Sitzen ins Gremium ein. Ein Jahr später wird das Forum sogar stärkste Kraft.

Dem Elektroingenieur habe es in der Kommunalpolitik im Gegensatz zu früher an richtigen Diskussionen gefehlt. "Heute ist doch alles durch Planungsbüros vorgegeben. Der Spielraum schrumpft", beklagt Deutschkämer.

Bei den Jungen sei das noch am wenigsten ausgeprägt, beobachte der Ingenieur. "Wenn man jung in ein Gremium kommt, hat man Ideale und Ziele. Man versucht, Leute zu überzeugen." Dieser Drang nach Überzeugung sei heutzutage größtenteils abhanden gekommen.

Reparieren ist seine Leidenschaft

Zeit und Aufwand seien für Deutschkämer zudem große Belastungen gewesen. Damit meint er nicht etwa die alltäglichen Aufgaben in der Kommunalpolitik, sondern die, die im Hintergrund abliefen. Bebauungspläne analysieren, Gutachten studieren, sich Meinungen bilden.

Das alles habe ihn zwar "technisch interessiert", aber "unendlich viel Zeit" gekostet, klagt er. Sein beruflicher Werdegang habe darauf einen entscheidenden Einfluss gehabt: Als Elektroingenieur könne er etwas mit Bebauungsplänen, Gutachten oder Schallwerten anfangen. "Das war eine sehr anspruchsvolle Arbeit. Im Gemeinderat braucht es solche Kenntnisse normalerweise nicht", sagt er.

Fehlende Diskussionen, zu viel Arbeit. Waren die Erfahrungen für Deutschkämer in der Kommunalpolitik also allesamt negativ? Nein, versichert der 64-Jährige. Die Zeit sei "sehr spannend" gewesen. Er habe viele Menschen veranlasst, in der Politik mitzuwirken. Etwa durch das gegründete Bürgerforum.

Und was macht der Orschweierer nun mit seiner freien Zeit? "Ich hätte nichts dagegen, wenn es mir mal langweilig werden würde", sagt Deutschkämer. Das könnte nicht ganz so einfach werden. Denn das scheidende Ratsmitglied ist noch in anderen Vereinen aktiv. Etwa im Harmonika-Spielring Ettenheim, wo er auch als Bassist mitwirkt. Auch in der BI bleibt er Vorsitzender.

Er wolle sich in Zukunft "hauptsächlich um sich und die Familie kümmern". In seiner Freizeit repariert er gerne Dinge. "Das mache ich schon immer und es bereitet mir sehr viel Spaß." Für die Zukunft habe er auch schon Ideen für seine freie Zeit im Kopf. Der 64-Jährige möchte sich aber nicht in die Karten schauen lassen. "Ich will nichts vorgeworfen bekommen", sagt er. Diplomatisch wie ein Politiker eben.

Die Nachfolger

Weil  die Mahlberger Gemeinderatssitzung Mitte Dezember wegen des erneuten Lockdowns kurzfristig abgesagt werden musste, verschob sich auch die offizielle Verabschiedung von Klaus Deutschkämer. Nachgeholt werden soll diese nun in der Gemeinderatssitzung am 8. oder 25. Februar, wie Mahlbergs Bürgermeister Dietmar Benz auf LZ-Anfrage mitteilt.  Die Nachfolger von Deutschkämer stehen dagegen schon fest: Im Gemeinderat folgt Jannick Obergföll, im Ortschaftsrat rückt Stefan Hartmann nach.