Mehr als 20 000 Autos rollen derzeit täglich über die B 3 durch Kippenheim. Geht es nach den örtlichen Unternehmen, soll der Verkehr künftig deutlich weniger werden. Sie fordern die zügige Umsetzung der geplanten Umfahrung. Foto: Decoux-Kone Foto: Lahrer Zeitung

Verkehr: Kippenheimer Unternehmen wenden sich an Landrat Scherer / Neue Kreisstraße "existenziell"

In die Diskussion um den Bau einer neuen Kreisstraße haben sich nun auch die fünf größten Kippenheimer Unternehmen eingeschaltet: Die B 3-Umfahrung, heißt es in einem Brief an Landrat Frank Scherer, sei für die Unterzeichner "existenziell".

Kippenheim. Übergeben wurde das Schreiben Scherer perssönlich, als der Landrat am 16. September zu Besuch bei der Firma Neugart war. Neben Bernd Neugart haben Jürgen Dreher (Schneeweiß GmbH), Erik Bühler (Emil Bühler GmbH & Co. KG), Tobias Lanner (Lanner Anlagenbau GmbH) und Alexander Janoschka (Janoschka AG) ihren Servus darunter gesetzt – die Chefs der fünf größten Kippenheimer Arbeitgeber mit zusammen rund 1300 Mitarbeitern. Der Inhalt ist einfach zusammengefasst: Wir brauchen die Umfahrung, und zwar dringend.

Aktuell sei zu Stoßzeiten kaum mehr ein Durchkommen auf der Ortsdurchfahrt, schreiben die "großen Fünf". Unter den gut 20 000 Autos, die täglich über die B 3 durch Kippenheim rollen, "leiden nicht nur die direkten Anwohner, auch die Gesamtgemeinde hat durch diese immense Verkehrsbelastung kaum Entwicklungsmöglichkeiten in ihrem Dorfkern." Für sie, sagen die Firmen, "stellt diese unhaltbare Verkehrssituation ein Hindernis in unserer weiteren Entwicklung dar". Zum einen würden potenzielle neue Mitarbeiter vom Verkehr in und um den Ort abgeschreckt, zum anderen klagten Zulieferer über lange Staus. Verkehrsberuhigung als Standortfaktor, sozusagen.

Auch wenn die Kippenheimer Firmenchefs die B 3-Umfahrung ausdrücklich auch für die Umlandgemeinden fordern – ihnen ist offensichtlich nicht entgangen, dass die geplante Kreisstraße zwischen Ringsheim und Lahr nicht überall Jubelstürme auslöst: Kappel-Grafenhausen lehnt sie ganz ab, Ettenheim (die Altdorfer ausgenommen) in Teilen; Mahlberg sieht eine weitere Zerklüftung seiner Gemarkung und die Lahrer Stadtteile Kippenheimweiler und Langenwinkel fürchten mehr Verkehr und Lärm. Mit der Initiative, so ist anzunehmen, will man in Kippenheim verhindern, dass aus dem Gegenwind ein ausgewachsener Sturm wird.

Denn eigentlich ist der Bau der "Kreisstraße 5344 neu", wie das Vorhaben offiziell heißt, schon so gut wie beschlossen. Der Umwelt- und Technik-Ausschuss des Kreistags gab vor genau einem Jahr grünes Licht für die Planung der Trasse. 2,3 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Laut Roland Gäßler, Leiter des Ortenauer Straßenbauamts, läuft derzeit eine europaweite Ausschreibung. Noch in diesem Jahr wolle man den aktuellen Sachstand dem Fachausschuss vorstellen. 2020 sollen die Vorbereitungen dann "intensiv vorangetrieben" werden. Für den Straßenbau selbst sind 22 Millionen Euro veranschlagt, die Hälfte der Kosten soll das Land beisteuern, die andere Hälfte "intern" gestemmt werden (90 Prozent Kreis, zehn Prozent Kommunen).

"Tausch": Infrastruktur gegen Arbeitsplätze

Die gute Nachricht für die Fürsprecher der Umfahrung: Ihr Plädoyer pro neue Straße trifft bei Scherer auf offene Ohren. "Ich befürworte die lange geforderte Umfahrung Kippenheims ausdrücklich, diese Maßnahme ist aus verkehrs- und lärmtechnischer Hinsicht wichtig. Im Übrigen wird dabei nicht nur Kippenheim entlastet, sondern auch die weiteren Gemeinden in der südlichen Ortenau und deren Einwohner", lässt sich der Landrat nach dem Besuch bei Neugart in einer Pressemitteilung zitieren.

Damit ist auch die Frage geklärt, die der neue Lahrer Oberbürgermeister im Wahlkampf aufgeworfen hatte. "Ich weiß, dass Kippenheim die Straße will, ich weiß aber nicht, ob sie auch das Landratsamt unbedingt möchte", hatte Markus Ibert Ende August gesagt und weitere "Überzeugungsarbeit" bezüglich der propagierten Vorteile der neuen Straße gefordert.

Für die Kippenheimer Unternehmen braucht es die freilich nicht mehr: Sie stehen bereits "ausnahmslos" hinter der neuen Kreisstraße, wie sie in dem Brief an Scherer betonen. Die Firmenschefs bitten den Landrat, "die Ortsumfahrung schnellstmöglich auf den Weg zu bringen" und bieten ihm folgenden "Tauschhandel" an: "Sorgen Sie für eine funktionierende Infrastruktur, wir sorgen für zukunftsfähige und nachhaltige Arbeitsplätze."

Der Streckenverlauf der neuen Kreisstraße 5344 würde in Ringsheim mit Anschluss an die dortige Nordumfahrung beginnen und rund 2,6 Kilometer bis an das Gewerbegebiet DYN A 5 von Ettenheim und Mahlberg reichen. Von dort soll die Strecke entlang vorhandener Wirtschaftswege nach Norden führen und an die K 5342 bei Kippenheimweiler anschließen, dort den Rebweg kreuzen und als Verbindungsstraße in Richtung Sulzer Kreuz auf rund 1,8 Kilometern Länge zur Kreisstraße ausgebaut werden. Am südlichen Ortseingang von Langenwinkel würde die neue Kreisstraße mit einer Neubau-Länge von sechs Kilometern an die bestehende K 5344 anschließen.