Viele interessierte Besucher verfolgten das 29. Narrengericht der "Rhinschnooge" hinter dem Kappeler Rathaus. Fotos: Decoux-Kone Foto: Lahrer Zeitung

Fasent: SPD-Politiker Johannes Fechner und Musiker-Vorsitzende von den Kappeler Rhinschnooge angeklagt

Wenn ein Bundestagsabgeordneter einen Einkaufswagen klaut, wird ihm vor dem Kappeler Narrengericht der Prozess gemacht. Doch Johannes Fechner war nicht der einzige, der sich vor den Rhinschnooge verantworten musste.

Kappel-Grafenhausen. Gleich drei Angeklagte wurden am Donnerstag vom Narrengericht der Rhinschnooge zu höchst empfindlichen Strafen verurteilt. Allen voran der Emmendinger SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner, aber auch die lokale Führungsspitze der Kappeler Musikkapelle mit Thomas Schaefers und Simon Löffel.

Erbarmungslos wurde ihnen allen auf dem umfunktionierten Parkplatz hinter dem Rathaus vor hunderten Zuhörern der Prozess gemacht. Vom schellenläutenden Gerichtsdiener wurden die zuvor im Rathauskeller festgesetzten Delinquenten der Reihe nach vorgeführt, rachedurstig erwartet vom Narren- und Gerichtschef Gerd Kölble samt Narrenrats-Beisitzern und Inquisitions-Ankläger Karl-Heinz Speier.

Fechner habe sich des hoch peinlichen Vergehens schuldig gemacht, für seine SPD permanent in Anzügen mit roter Krawatte aufzutreten, obwohl das die Farbe der Kardinäle und Rhinschnooge sei. Zweitens habe der Abgeordnete niemals zu seinen gelegentlich selbst gebackenenSpeckküchle irgend einen Kappeler mit eingeladen. Und schließlich: In Berlin habe der Abgeordnete sogar in einem Supermarkt den Einkaufswagen geklaut.

Wortgewaltig und gereimt wehrte sich der Politiker: Das "Wägele" habe er nur zweck Transport von 50 Schokoladen-Nikoläusen für Mitarbeiter Richtung Parlament schieben wollen. Doch die unerbittliche Kaufhausdetektivin habe ihn erst mit Hinterlassung seines Führerscheins als Pfand weiter ziehen lassen.

Nach Insistieren von Speier wegen rot-politischer Einordnung konterte der Delinquent: "Ich bin nicht links, rechts, sondern ganz vorne." Die SPD böte ein Trauerspiel, warf der Ankläger dann vor, allerdings möglicherweise von der CDU gelernt.

Das Gericht zeigte sich vergleichsweise milde: Fechner muss nun eine Abordnung der Rhinschnooge nach Berlin einladen und darf künftig nur noch eine rote Krawatte mit eingesticktem Rhinschooge-Emblem tragen – die ihm überreicht wurde.

Narrenrichter Kölble brillierte nicht nur hier ohne Zettel reagierend mit spontan provozierten Lachbeiträgen, obwohl er gelegentlich respektlos tituliert wurde. So von Schaefers und Löffel. Die hätten am Festwochenende beim 800-jährigen Gemeinde-Jubiläum tausende Gäste ausgeplündert, dabei sogar ihren Dirigenten "Jolo" Josef Loomann als Sklaven zum Geschirrspülen missbraucht. Die Verteidigungsrede der musikalischen Führungskräfte ließ nicht lange auf sich warten: Der habe das freiwillig gemacht, angesichts enormem Publikumsandrangs. Und warum Schaefers nun in Wallburg ein Eigenheim gebaut hat? Weil Bürgermeister Jochen Paleit mit Straßenumbauten die Grafenhausener Hauptstraße zur Dorfgasse umgebaut, auf entsprechender Ausweichstrecke Kröten ausgesetzt habe, so die Verteidigung.

Die beiden Musikvorstände kamen ebenfalls gnädig davon. Sie müssen nun dafür sorgen, dass die Kapelle den kommenden Zug des Kappeler Narrenrats durch die Wirtshäuser begleitet und auch mal wieder einen auswärtigen Reisetermin mit begleitet.

Nach dem Narrengericht wurde der Narrenbaum vor dem Rathaus aufgestellt. Die 1957 gegründeten Rhinschnooge hielten ihr erstes Gericht 1990 ab. Die 30. Auflage findet aber erst 2021 statt, da es dazwischen einmal ausfallen musste.