Viele Gründe gibt es, die das Arbeiten auf dem Land für junge Ärzte unattraktiv erscheinen lässt. Dagegen will Friesenheim mit einer finanziellen Unterstützung nun gegenhalten. Foto: Bernd Weissbrod

Gemeinderat: Friesenheim will Versorgung sichern / Bis zu 25 000 Euro für Praktizierende möglich

Friesenheim - Akut ist die Lage noch nicht in Friesenheim. Aber in absehbarer Zeit dürfte die ein oder andere Hausarztpraxis einen Nachfolger suchen. Um die ärztliche Versorgung weiterhin zu sichern, wird die Gemeinde die Landärzte bezuschussen.

Zuschüsse für Nachfolger von Hausarztpraxen 

Der Friesenheimer Gemeinderat ist sich einig: Die ärztliche Versorgung darf nicht abbrechen. Akut sei die Lage zwar noch nicht, man wolle es aber auch nicht darauf ankommen lassen. Aus diesem Grund gewährt die Gemeinde für Nachfolger von Hausarztpraxen auf Anfrage einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 5000 Euro als freiwillige Unterstützungsleistung aus dem "Förderprogramm Landärzte". Grundsätzlich würden Ärzte, die in einem "Fördergebiet" tätig sind, eine Unterstützung vom Land in Höhe von 15000 Euro erhalten.

Gemeinsames Haus wollen Ärzte nicht

Weitere 5000 Euro bekäme der Arzt, sofern er vorweisen kann, dass er von dritter Seite – also von der jeweiligen Kommune – Unterstützung erhält. Kurzum: Unterstützt Friesenheim seine Ärzte, wären für diesen letztlich ein Betrag von bis zu 25 000 Euro Förderung drin. Ergänzend zu dieser Summe hat Martin Mussler (FW) um weitere mögliche Unterstützung für Oberschopfheim aus Hohberg gebeten. Schließlich zähle die Oberschopfheimer Arztpraxis von Heino Adam auch Patienten aus Hohberg in der Kartei. Empfohlen wird ein Gespräch mit Bürgermeister Klaus Jehle.

Ob jedoch die Fördergelder tatsächlich einen Bonus darstellen, bleibe abzuwarten. Die Gründe, die bei jungen Leuten gegen die Übernahme einer Hausarztpraxis auf dem Land sprächen, wären vielfältig. Julia Edel von der Wirtschaftsförderung, die das Projekt in der jüngsten Gemeinderatssitzung vorgestellt hat, zählte auf: "Ärzte streben nach mehr Familienleben, es besteht der Wunsch nach Teamarbeit, tendenziell ist der ärztliche Versorgungsgrad auf dem Land niedrig, was zu vollen Praxen führt, Landärzte verfügen über einen hohen Altersanteil und führen viele Einzelpraxen, die das unternehmerische Risiko verstärken."

Suche nach einem Nachfolger wird nicht leicht 

Zwischen Juli und November 2018 haben Bürgermeister Erik Weide und Edel alle Hausärzte besucht. Im Gespräch seien sich alle Ärzte einig gewesen, dass die Suche nach einem geeigneten Nachfolger nicht leicht sein werde. Die Einrichtung eines Ärztehauses als mögliche Option komme für die meisten Ärzte nicht in Frage.

Das Förderprogramm hält Ewald Schaubrenner (CDU) für einen "ersten Schritt in die richtige Richtung". Erkennbar sei ein strukturelles Problem und die Tatsache, dass Einzelpraxen nicht überleben werden. Gefragt sei eine ordentliche Bezahlung von Hausärzten. Dietmar Kairies (GLU) merkte an: "Schon seit sehr vielen Jahren befassen wir uns mit diesem Thema." Die Sicherung der Daseinsvorsorge sei eine Aufgabe der Kommune. Im Hinblick auf Oberschopfheim bemerkte Ortsvorsteher Michael Jäckle (CDU), es gelte auch, das Internet entsprechend auszubauen.

Altersdurchschnitt der Hausärzte bei 55 Jahren 

Die hausärztliche Versorgung wird in Friesenheim durch sieben Hausarztpraxen sichergestellt. Außerdem gibt es eine Frauenarztpraxis sowie niedergelassene Zahnärzte, Psychotherapeuten, Logopäden und Heilpraktiker. Der Altersdurchschnitt der Hausärzte liegt bei 55 Jahren. Im Alter zwischen 45 und 55 Jahren gibt es zwei Ärzte, zwischen 55 und 65 sind es vier und über 65 Jahre sind drei Ärzte tätig.

Hausarzt Heino Adam aus Oberschopfheim erkennt in 25 000 Euro höchstens eine Anschubfinanzierung. Vor 25 Jahren etwa musste ein Hausarzt für die Praxisübernahme im Schnitt einen viertel bis halben Jahresumsatz als Kosten rechnen. Das waren zwischen 250 000 und 400 000 Deutsche Mark. Das könnte heute niemand mehr verlangen. "Für 25 000 Euro bekommt ein Arzt vielleicht ein gutes, gebrauchtes Ultraschallgerät", sagt Adam im Gespräch mit der LZ. Sicher werde es sehr schwer, Nachfolger für bestehende Hausarztpraxen zu finden. Adam suche seit zwei Jahren.

Info: Was wird gefördert?

Als förderfähige Aufwendungen verstanden werden Kosten für die Einrichtung. Aber auch Ausgaben für medizinische Geräte, Mobiliar oder die EDV-Ausstattung können unterstützt werden.