Rund hundert Besucher nutzten die Gelegenheit, mit Fördervereinsvorsitzenden Jürgen Stude, den Schmieheimer Judenfriedhof zu erkunden. Foto: Decoux-Kone

Veranstaltungen: Zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur gibt es Vorträge, Führungen und ein Konzert

Ettenheim/Kippenheim - "Jewish Journeys – Jüdische Reisen" war das Motto des diesjährigen Europäischen Tags der jüdischen Kultur, an dem sich auch in Ettenheim und Kippenheim die ehemaligen Synagogen öffneten und die jüdische Geschichte nähergebracht wurde.

Zu Tränen rührende Melancholie 

Der Deutsch-Israelische Arbeitskreis Südlicher Oberrhein (DIA) lud an diesem Tag zu einem Vortrag über Theodor Herzl ein. Der "Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim" bot eine Besichtigung durch das jüdische Schmieheim und über den jüdischen Friedhof an. Der erst im Jahr 2018 gegründete Ettenheimer "Förderverein ehemalige Synagoge heute Kunsthalle Altdorf" hatte hochkarätige Musiker in der Kunsthalle zu Gast. Die fünfköpfige Freiburger Band Haiducken spielte Klezmer – und hätte wesentlich mehr Besucher verdient gehabt.

Nur 20 Gäste lauschten den temporeichen Klängen aus Eigenkompositionen und traditionellen Balkan-Stücken. Es gab jiddische Lieder zu hören, die die Musiker nach eigenem Geschmack komponiert haben. Die Stücke spiegeln dabei alle Facetten der Klezmer- und Balkanmusik wider – von ihrer mitreißenden Lebensfreude bis hin zu ihrer zu Tränen rührenden Melancholie.

Viele Gäste bei der Friedhofsführung

Im Mittelpunkt stand die Klarinette, an der Andreas Kinzelmann jede Menge Spielfreude zeigte. Untypisch war der Auftakt mit einem hypnotischen Rhythmus, den ein Didgeridoo erzeugte. Die Band schaffte es sofort, mit ihren Klängen ein dankbares Publikum abzuholen. Nicht nur beim Scherentanz wippten die Besucher mit.

In Schmieheim schlossen sich rund 100 Personen unter Leitung von Förderverein-Vorsitzenden Jürgen Stude einem Rundgang an. In dem Dorf zeugen noch viele Gebäude von ihrer jüdischen Geschichte. Der jüdische Verbandsfriedhof ist der größte in Südbaden.

Er wurde 1682 auf Initiative der jüdischen Gemeinde Ettenheim angelegt, und hat rund 2500 Grabsteine, erklärte Stude. Die Toten von Diersburg bis Rust sind dort bestattet. Auch ein 1998 restauriertes Kriegerdenkmal für die jüdischen Gefallenen befindet sich dort. Viel Informationen für ein interessiertes Publikum, das die Möglichkeit nutzte, die steinernen Grabmale genauer in Augenschein zu nehmen.

160. Geburtstag von Theodor Herzl gefeiert 

Auch Simone Schermann, Vorsitzende des DIA, durfte viele Gäste begrüßen. Anlässlich seines 160. Geburtstags beleuchtete sie das Leben und Wirken von Theodor Herzl. Er gilt als einer der theoretischen Väter des 1948 gegründeten Staates Israel und als Begründer des politischen Zionismus. Das Münchweierer Gasthaus Rebstock war gut besucht, das Nebenzimmer voll belegt. Die Teilnehmer, von Lahr bis Freiburg kommend, wurden in den Vortrag miteinbezogen und wussten bereits erstaunlich viel über den Schriftsteller, Journalisten und Bühnenautor Herzl.

Herzl wurde 1860 in Pest (Budapest) geboren. Mit 17 Jahren zog er nach Wien, Anfang der 1890er-Jahre nach Paris, wo er als Journalist für eine bedeutende Zeitung tätig wurde. Der 1904 verstorbene Publizist und Politiker ersehnte sich für sein Volk ein Leben in Frieden und Sicherheit. Schermann ging der Frage nach, wie die Städte Budapest, Wien und Paris Herzl beeinflusst hatten und welche politischen und gesellschaftlichen Umbrüche auf sein Schaffen folgten.

Führungen durch die Synagoge 

Der Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim lädt anlässlich des "Tags des offenen Denkmals" auf Sonntag, 13. September, je um 14 und 15.30 Uhr zu einer Führung mit Bernd Rottenecker durch die ehemalige Synagoge ein. Aufgrund ihres Erhaltungsgrads besitzt die Kippenheimer Synagoge einen besonderen architektur- und kulturgeschichtlichen Wert, heißt es in der Ankündigung.

In ihr spiegle sich das wechselvolle Schicksal der Juden, von ihrer Emanzipation im 19. Jahrhundert, bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung durch die nationalsozialistischen Machthaber. Der Eintritt ist frei, Spenden werden jedoch erbeten.