Vor dem offiziellen Empfang gab es für die Neubürger erst einmal eine Tour durch die Stadt. Foto: Decoux-Kone

Zugezogene sehen viele Gründe, in Ettenheim zu bleiben / Kritik: unzureichender ÖPNV

Neue Wege beim Neubürgerempfang: Statt eines ausführlichen Vortrags von Stadtchef Bruno Metz durften die Neu-Ettenheimer gleich selbst das Wort ergreifen, Lob und Kritik vorbringen.

Ettenheim. Zuvor hatten knapp 50 Bürger samt einigen Kindern an einem geführten Altstadtrundgang teilgenommen, dabei in anderthalb Stunden viel Interessantes über die lange Geschichte der Barockstadt erfahren. Fast ebenso viele neue Einwohner fanden sich anschließend im Bürgersaal ein – also rund zehn Prozent der insgesamt 450 seit September vergangenen Jahres "Zugezogenen". Zum Empfang erwartete sie neben Heike Schillinger von der Verwaltung auch Udo Wenzl, freiberuflicher Kommunalberater für Bürgerbeteiligung. Er interviewte die Neu-Ettenheimer, ein älteres Kölner Ehepaar etwa, das seit November in Ettenheim lebt. Warum gerade hier? "Großstädte in der Nähe, Sehenswürdigkeiten, Natur – alles ist da." Anderes Beispiel: Ein junges rumänisches Paar ist kurzerhand geblieben, weil es hier gute Arbeitsplätze gefunden hat.

An mehreren Tischen wurde zusammengetragen, womit Ettenheim punktet – oder eben auch nicht. Was macht die Stadt lebenswert? Sie sei überschaubar, gemütlich mit Flair und guter Infrastruktur versehen. Gelobt wurden auch das breite Bildungsangebot, kulturelle und Vereinsveranstaltungen, die Vielfalt der Einkaufsmöglichkeiten und die "netten, offenen Menschen".

Was sollte in der Zukunft noch verbessert werden? Bei dieser Frage konzentrierten sich viele Neubürger auf Verkehrsprobleme. "Ich fühle mich vom Zugverkehr abgehängt", so eine Äußerung, andere plädierten für mehr Bushaltestellen in der Kernstadt und Carsharing. Weitere Zukunftsthemen waren der Erhalt des Krankenhauses und als besonderer Dauerbrenner eine Verbesserung des schnellen Internetzuganges speziell in Ortsteilen. Metz räumte ein: "Beim ÖPNV sind wir noch ziemlich schwach auf der Brust." Für den Altstadtverkehr gäbe es keinen Königsweg, reine Fußgängerzonen seien wegen des innerstädtischen Handels nicht möglich.

Aufschlussreich gerieten manche Antworten auf die Frage, was Einwohner künftig vertreiben könnte. Da fanden sich neben einer Krankenhausschließung eine Verschlechterung der Bahnanbindung, Verschwinden von älteren Häusern oder wenn grüne Hügel in Neubaugebiete verwandelt würden. Zu Flüchtlingswohnheimen lagen gemischte Befindlichkeiten vor, etwa gegen welche in der Nachbarschaft oder in den Espen.

In den Jahren von 2005 bis 2015 hat Ettenheim um 1465 Einwohner zugenommen, das bedeutet knapp 16 Prozent Bevölkerungszuwachs. Versicherungspflichtige Arbeitsplätze erhöhten sich in diesem Zeitraum um 1111, das sind fast 50 Prozent. Die Tendenz ist noch immer steigend, wie der Zuzug der vergangenen zwölf Monate belegt. Mittlerweile leben in Ettenheim mehr als 13 000 Menschen.