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Ärgernis: Ettenheims Bäder-Chef über Vermüllung, aggressive Gäste und Nichtschwimmer im tiefen Wasser

Der Badespaß im Ettenheimer Schwimmbad ist so angesagt wie selten zuvor: 75 000 Badegäste zählt Schwimmbad-Chef Edgar Koslowski dieses Jahr schon – Tendenz steigend. Doch der Erfolg unter sengender Sonne hat auch Schattenseiten.

Ettenheim. Sommerzeit ist Badezeit: Der Sprung ins kühle Nass erfrischt, vor allem bei der anhaltenden Sommer-Gluthitze. "Wir hatten alleine vergangene Woche  15 000 Badegäste", berichtet Koslowski, seit 2010 Chef des Ettenheimer Schwimmbads und Vorsitzender des Landesverbands Deutscher Schwimmmeister. Seine Prognose: "Wenn es so warm bleibt, kommen wir locker auf 80 000 Besucher." Ja, das sei ein großer Erfolg. Doch der Sommer kehrt bei derart vielen Menschen  auch  unschöne Seiten hervor.

  Zu viel Abfall: "Wir müssen jeden Tag 150 bis 200 Kilo Müll von den Wiesen aufsammeln", sagt Koslowski. Das sind ausgedrückte Kippen, Plastiktüten und Pommes-Schachteln, die in tausend Stücke zerfetzt im Gras verstreut liegen. Besonders dreist: Badegäste, die ihren Sperrmüll im Schwimmbad stehen lassen. Koslowski: "Da  sind kaputte Sonnenliegen und Sonnenschirme. Und wir können das dann aufsammeln", kritisiert er. Stundenlang sei er mit dem Schwimmbadteam beschäftigt, den Unrat aufzusammeln. "Es kann ja nicht sein, dass das Schwimmbad die Müllhalde einiger Badegäste wird", sagt er verärgert.

  Zu viele Nichtschwimmer: Ein dreijähriger Junge kann es nicht erwarten, steigt mit Straßenkleidung die Rutsche hoch, saust hinab ins Wasser – und kann nicht einmal schwimmen. Die Geschichte klingt unglaublich, ist aber Tatsache. "Wir mussten ihn dann aus dem Wasser ziehen", erzählt Koslowski. In Begleitung seiner sechsjährigen Schwester, auch Nichtschwimmerin, haben ihn die Eltern unbeaufsichtigt ins Schwimmbad geschickt. "Da geht bei mir der Hut hoch", echauffiert sich Koslowski, zumal der Junge Nichtschwimmer war. Solche Extremfälle seien zwar nicht alltäglich, aber seiner Einschätzung nach kommen immer mehr Badegäste, die nicht schwimmen können und trotzdem ins Wasser wollen und sich dabei überschätzen – und diese verlangen ihm und seinem Kollegen Emanuele Palladino viel Konzentration und Aufmerksamkeit ab. Die Nichtschwimmer seien oft Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch Einheimische, die in der Schule nie schwimmen gelernt haben.

  Zu viel Aggression: Ja, man könne die Badegäste zwar ansprechen, wenn sie etwa Müll nicht in den vorgesehenen Abfalleimer werfen. Aber das wäre eine Sisyphus-Arbeit, erklärt Koslowski. "Da werden wir nie fertig." Außerdem gebe es Badegäste, die aggressiv werden, wenn sie vom Schwimmbad-Personal angesprochen werden, weil sie gewisse Regeln einzuhalten haben. Davon abgesehen, sieht Koslowski seine Aufgabe weniger darin, für Ordnung auf den Grünflächen zu sorgen. Wichtig sei ihm und seinem Schwimmbadteam vielmehr die Sicherheit der Badegäste im Wasser. "Wir sind eigentlich primär dafür da, die Menschen vor dem Ertrinken zu retten", stellt der Bademeister klar.

  Zu wenig Verständnis: Wenn so viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, prallen gleichzeitig verschiedenste Interessen aufeinander, wie Koslowski aus eigener Erfahrung weiß. Da gebe es etwa das ältere Klientel, das langsamer schwimmt und in Konflikt gerät mit den sportlichen Schnell-Schwimmern. "Wir haben deshalb extra eine Wettkampfbahn eingerichtet, damit sich die beiden Gruppen nicht mehr in die Quere kommen", sagt Koslowski. Dazu kommen die "Bombenspringer", die die anderen Badegäste provozieren wollten. "Wer so provozierend ins Wasser springen will, ist bei uns im Schwimmbad falsch", stellt er klar.

  Zu viele Sorgen: Für Koslowski steht fest: "Wir Bademeister sind auch richtige Streetworker." Es gibt Badegäste, die von ihren stressigen Kindern berichten oder sie reden von ihren Alltagsprobleme, die ihnen auf dem Herzen liegen. Koslowski: "All das wird bei uns abgeladen" – obwohl die seelische Betreuung der Gäste nicht die erste Aufgabe des Schwimmbad-Personals sei.

  Zu hohe Ansprüche: Koslowski, der bereits seit 1980 in seinem Beruf arbeitet, meint: "Die Anspruchshaltung der Badegäste hat sich verändert und enorm zugenommen. Um Punkt 9 Uhr kommt der Badegast und erwartet ein perfektes, sauberes Schwimmbad." Doch gleichzeitig benutzten viele Gäste nicht die vorgesehenen Müllbehälter und werfen ihren Abfall auf die Wiesen. Koslowski: "Sie sehen aber auch nicht den enormen Aufwand, ein Schwimmbad nach einem vollen Badetag wieder so herzurichten, dass der Badegast rundum zufrieden ist." Das passe nicht zusammen. "Das Schwimmbad ist eben ein Schmelztiegel der Gesellschaft", sagt Koslowski. Wenn er in fünf Jahren in den Ruhestand geht, wolle er ein Buch schreiben mit dem vielsagenden Titel: "Gefangen im Anspruch. Dem Badegast sein Himmelreich." Wertschätzung erfahren er und seine Kollegen von den Badegästen leider selten. Er rät: "Nehmt doch mal den Bademeister in den Arm, klopft ihm auf die Schulter und sagt ihm: ›Toll gemacht, wir sind froh dass wir euch haben‹".

Im aktuellen Haushalt der Stadt Ettenheim sind für das Ettenheimer Schwimmbad 423 150 Euro Ausgaben eingestellt. Dem gegenüber stehen Einnahmen (etwa durch Eintrittsgelder) von 117 800 Euro. Der Zuschuss liegt demnach bei 305 350 Euro. Das teilt die Verwaltung Ettenheims auf Nachfrage mit. Der Zuschuss pro Badegast liege bei etwa 5,55 Euro. Im Vorverkauf, verkauft die Stadt 700 Karten und generiert damit Einnahmen von bereits 42 000 Euro. Durchschnittlich kommen jedes Jahr rund 55 000 Besucher ins Schwimmbad. Dieses Jahr wird jedoch ein Rekordjahr: Aufgrund der hohen Temperaturen wird aller Wahrscheinlichkeit nach sogar die 76 000-Besucher-Marke von 2010 übertroffen. Mit den höheren Besucherzahlen erhöht sich auch der Zuschussbedarf, weil die Betriebskosten entsprechend steigen.