Vera Weis (links) und Barbara Federer sind ein gutes Team: Die eine wiegt die Masse ab, die andere formt daraus Florentinerberge. Foto: Deckert Foto: Lahrer Zeitung

Agentur für Arbeit setzt sich dafür ein, Menschen mit Behinderung einzustellen / Beispiel aus der Backstube

Von Sabrina Deckert

Appenweier. Menschen mit Behinderung haben es auf dem Arbeitsmarkt meist recht schwer. Um Arbeitgebern Angst und Vorurteile zu nehmen, nimmt die Agentur für Arbeit Offenburg an der bundesweiten "Woche der Menschen mit Behinderung" teil – und will zeigen, was für eine Bereicherung ein Arbeitnehmer mit Behinderung sein kann.Vera Weis aus Offenburg ist 55 Jahre alt und von Geburt an taubstumm. Seit knapp zwei Monaten arbeitet sie beim Confiserie- und Kaffeehausunternehmen Volker Gmeiner in Appenweier als Konditoreihelferin. "Sie ist hier nicht mehr wegzudenken", sagte Volker Gmeiner und lächelte Weis an. Ihre Tochter übersetzte das Gesagte in Gebärdensprache und Weis antwortete, dass sie sich bei Gmeiner in der Backstube sehr wohl fühle, die Kollegen ohne Vorurteile mit ihr und der zweiten Gehörlosen, Barbara Federer, umgingen.

Für sein Caféhaus in Baden-Baden hat Gmeiner eine Köchin gesucht – Federer hat sich beworben. "In der Küche konnte ich mir das schwer vorstellen", erinnerte sich Gmeiner. "Aber ich dachte mir, dass sie sich vielleicht in der Backstube wohl fühlen könnte." Und weil er nicht wollte, dass Federer alleine ist, fragte er bei der Agentur für Arbeit nach, ob sie nicht jemanden Gehörloses wüssten, der eine Arbeitsstelle sucht. Da kam dann das Team "Reha" ins Spiel – und stellte den Kontakt zu Weis her. Nach einem Vorstellungsgespräch und einem Tag Probearbeiten stand fest: Weis hat den Job.

Wie verständigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Beim Gespräch und am ersten Tag wurde Weis von ihrer Tochter begleitet. Das tägliche Arbeiten klappt auch ohne sie: "Wir kriegen das ganz gut hin", sagte Gmeiner. "Wenn sich achselzuckend vor mir steht weiß ich, dass sie keine Arbeit mehr hat und etwas zu Tun haben möchte." Ansonsten könnten sowohl Weis als auch Federer sehr gut Lippen lesen – wenn es keinen anderen Weg gebe, schreibe man sich Zettel. Eigentlich habe er Weis für ein Produkt einstellen wollen, das von Hand gemacht werden muss. Mittlerweile arbeite sie überall mit. "Die Kollegen sind begeistert, wie schnell die beiden lernen und wir setzen sie jetzt überall ein", erklärte Gmeiner.

Hand in Hand arbeiten Weis und Federer etwa bei der Produktion der Florentinerberge zusammen – eine füllt den Portionierer und wiegt die Masse ab, die andere formt daraus die kleinen Leckereien.

Für Weis, das lässt sie übersetzen, ist es enorm wichtig, Arbeit zu haben, eine Aufgabe wahrzunehmen und nicht nur zu Hause zu sitzen und nichts zu tun – gerade wegen ihrer Behinderung sei das ihr Schlüssel, um ein Teil der Gesellschaft zu sein.

Das empfinden viele Menschen so, weiß Peter Saumer, Teamleiter "Reha" bei der Agentur für Arbeit Offenburg. Daher würden er und sein Team sich viel Mühe geben, Menschen mit Behinderung bei ihrer Suche nach einem Job zu unterstützen. "Die Behinderung und die Prozentzahl im Schwerbehindertenausweis sagen überhaupt nichts über die Leistungsfähigkeit des Menschen aus", betonten er und Horst Sahrbacher, Leiter der Agentur für Arbeit Offenburg. Und: "Es gibt für jeden den passenden Job."

Daher suchten sie auch, wenn ein Mensch mit Behinderung sich arbeitslos melde, speziell für ihn eine Stelle, fragten bei Unternehmen nach. Müsse ein Arbeitsplatz behindertengerecht umgebaut werden, finde sich eine Lösung – Beratung und finanzielle Unterstützung könnten Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit bekommen. Auch der Weg zur Arbeit könne für den Arbeitnehmer so gut wie möglich gemacht werden. Beispielsweise könnten Zuschüsse zum Umbau eines Autos gegeben werden, sagte Saumer.

Im November sind im Ortenaukreis 8206 Menschen arbeitslos gewesen – davon waren 528 schwerbehindert.