Pfarrer Hannes Rümmele ist seit 2016 Leiter der Seelsorgeeinheit an Wolf und Kinzig. Foto: Beule Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Pfarrer der Seelsorgeeinheit an Wolf und Kinzig spricht über Abschiedsgerüchte und die Zukunft

Wolfach. Seit einigen Wochen kursiert das Gerücht, Pfarrer Hannes Rümmele habe einen Versetzungsantrag gestellt. Auf Anfrage gibt das Erzbistum Freiburg Entwarnung: Der Pfarrer darf und will bleiben. Im Gespräch mit dem Schwabo nimmt er Stellung, spricht über die Veränderungen der Kirche in der Zukunft und blickt auf die anstehende Visitation.

Herr Rümmele, was sagen Sie zu dem Gerücht?

An dem Gerücht ist nichts dran. Ich bin weder am Kofferpacken noch ist es geplant, die Koffer zu packen und eine andere Stelle annehme. Es ist hier meine erste Pfarrstelle. Die Vikarstellen waren immer zeitlich begrenzt auf zwei oder drei Jahre und jetzt ist der Punkt, wo ich sagen kann: Ich muss nicht gehen, sondern darf bleiben. Und ich werde auch bleiben.

Wie gehen Sie damit um? Werden Sie das in der Gemeinde noch mal zum Thema machen?

In der Pfarrgemeinderatssitzung werde ich es wohl mal erwähnen. Wobei ich auch schon mit Einzelnen gesprochen und gesagt habe, dass da nichts dran ist. Ansonsten werde ich es nicht groß aufblasen – ich habe es mit einem Lächeln aufgenommen.

Aber das zeigt ja auch, dass sich die Gemeinde Gedanken über die Zukunft macht.

Ja, und das ist wichtig. Wir befinden uns in einer Umbruchphase. In der Kirche merken wir sie schon länger, jetzt wird sie deutlich. Es gibt weniger Personal und die Zahl der Gottesdienstbesucher wird nicht mehr. Wir sind in einer Zeit, in der wir von einer Volkskirche wegkommen und in der gewisse Dinge nicht mehr so selbstverständlich sind wie vielleicht noch vor 20 Jahren. Es gilt jetzt, diesen Umbruch zu gestalten. Das bedeutet immer auch Veränderung.

Woran liegt das?

Wenn ich zurückschaue – ich bin 1991 zur Erstkommunion gegangen – leben wir jetzt in anderen Zeiten. Es hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Wir sehen, dass sich die Gesellschaft wandelt. Kirche ist nicht die Insel der Glückseeligen – das trifft uns auch. Es gilt, die Fragen der Zeit mit einem "Heute" zu beantworten. Das bedeutet eben Veränderung. Der Individualismus ist heute sehr stark, es gibt nicht mehr dieses eine Konzept, das für alle greift. Den Kern, den Glauben, werfe ich natürlich nicht über Bord, sondern ich muss einfach schauen, wie ich diese Dinge neu ins Heute buchstabieren kann, damit sie frisch erfahrbar wird. Wir haben viele Schätze in der Kirche, die es gilt, wieder neu zu entdecken.

Wie empfinden Sie denn die Arbeit vor Ort?

Es ist eine sehr spannende Arbeit. Eben aufgrund der Vielschichtigkeit. Die Älteren haben bestimmte Erwartungen an ihren Pfarrer, die Jüngeren haben andere. Auf der einen Seite ist das sehr schön – es ist eben keine eintönige Arbeit. Aber das macht es auch schwierig, weil man nicht jede Erwartung erfüllen kann. Das hängt vielleicht auch mit dem Priesterbild zusammen. Auch das sehe ich in einem Wandel. Früher gab es den Hochwürden, vor dem man den Hut zog. Auf der anderen Seite ist man aber auch ein ganz normaler Mensch mit Schwächen. Es ist immer auch ein Spagat zwischen Hannes Rümmele und Pfarrer Rümmele. Ich bin kein Superheld, sondern ein ganz normaler Mensch.

Fühlen Sie sich jetzt angekommen? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Ein Schlüsselerlebnis gab es eigentlich nicht. Ich bin im Laufe der Ausbildung viel rumgekommen. Die Landschaft prägt die Menschen. Ich bin selber Schwarzwälder. Der Schwarzwälder ist ja etwas überlegter – wenn man dann mal angekommen ist, wird man von ihm nicht mehr losgelassen. Ich sehe es eher als organisches Wachsen: Wie ein Baum, der langsam gedeiht, dann aber auch sicher und stabil steht. Im Juli bin ich drei Jahre hier und so langsam kenne ich die Menschen und Geschichten. Ich habe übrigens eine Schwäche mit Namen – jetzt habe ich auch die Gesichter dazu. Ich sehe mich selbst auch als Fragenden und Suchenden und bin mit den Menschen im Glauben gemeinsam unterwegs.

Was schätzen Sie besonders?

Ich schätze, dass es viele Jugendliche, Eltern und auch Ältere gibt, die sich engagieren. Ich bin zum Beispiel gerne beim Altenwerk. Aber ich habe nur gewisse Ressourcen. Ursprünglich gab es hier drei Pfarrer, die kann und will ich nicht ersetzen. Das bedeutet auch, dass die Gemeinden mehr zusammenwachsen müssen. Wir sind eine Seelsorgeeinheit – dass das so bleibt, wird nicht gegeben sein. Wir reden zwar vom Pfarrermangel, aber es ist letztlich ein Gläubigenmangel. Der Gottesdienstbesuch ist hier sehr gut, da muss ich den Leuten wirklich danken. In anderen Teilen des Erzbistums sieht das anders aus.

Wo sehen Sie Ihre Aufgaben in den kommenden Jahren und auch die der Gemeinde?

Die Grundvoraussetzung, um voranzugehen, ist die Gewissheit, dass es weiter geht. Kirche verändert sich weiter. Wir sind nicht mehr die Kirche von vor 50 Jahren, wir entwickeln uns weiter. Die Dogmatik bleibt aber gleich. Ich sehe es als meine Aufgabe an, den Menschen Mut zu machen, aufzubrechen. Und auch zu zeigen, dass es neue Formen von Kirche gibt und dass es sich lohnt, da dran zu bleiben. Es gilt auch immer mehr, Menschen zu befähigen, dass sie für ihren Glauben selbst verantwortlich sind. Miteinander und füreinander Kirche sein ist wichtig. Kirche endet nicht, wenn ich das Gebäude verlassen, sondern geht da erst richtig los.

Die Visitation steht an. Was bedeutet das?

Die Visitation findet alle fünf Jahre statt. In unserem Fall kommt der Dekan, schaut sich alles an und gibt uns eine Rückmeldung. Wir sind in einem Programm des Erzbistums namens "Levi" (siehe Info). Es hat sich eine Gruppe von Ehrenamtlichen gebildet, bestehend aus Menschen jeden Alters, die sich Teile der Seelsorgeeinheit anschauen und einen Selbstbewertungsbericht erstellen, eine Inventur quasi. Der Dekan wird am 5. und 6. Juli herkommen, Gespräche führen, Dinge anschauen und aufgrund der Eindrücke ebenfalls einen Bericht geben. Das wird auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wie sieht die Vorbereitung aus?

Wir sind dabei, so viele Bereiche wie möglich zu checken und zu schauen, wo es gut läuft und wo nicht so gut. Einerseits können wir zeigen, was bei uns toll läuft – und was auch Vorbild für andere sein könnte. Dem Pfarrgemeinderat ist es auch wichtig, aufzuzeigen, was nicht so gut läuft. Ein Blick von außen ist für Jeden gut. Rückmeldung, auch negative, bringt immer voran. Das erwarte ich auch von der Visitation.

 Die Fragen stellte Katharina Beule.

Die Visitation ist der Besuch eines Oberen mit Aufsichtsbefugnis zum Zweck der Bestandsaufnahme und Normenkontrolle. Sie wird nach dem Programm "Levi" – Lernen, Entwickeln, Vereinbaren, Inspirieren – der Erzdiözese Freiburg vorgenommen. Nach vorgegeben Qualitätskriterien werden die pastorale Arbeit und die vorhandenen Ressourcen wie Mitarbeiter, Gebäude, Finanzen überprüft, bewertet und konkrete Maßnahmen formuliert. Am Schluss dieses Prozesses steht der Besuch des Dekans.