Die Entwicklung von gut strukturierten, stabilen Mischwäldern mit mindestens drei Baumarten hilft dem Wald, die Gefahren des Klimawandels durch Trockenheit, Stress und Schadinsekten besser zu bewältigen. Foto: Amt für Waldwirtschaft

Serie: Der nasse Sommer verstellt den Blick für Probleme des Waldes

Mittleres Kinzigtal - Nach drei schweren Dürrejahren scheint der Wald in diesem Sommer aufatmen zu können – zumindest gibt es deutlich mehr Regen. Ob der Baumbestand sich aber wirklich erholt, ist mindestens fraglich.

Im Rahmen der Wald-Sommerserie hat unsere Zeitung bei Silke Lanninger, Leiterin des Amts für Waldwirtschaft in Wolfach, nachgefragt. Ein erster Befund: "Der nasse Sommer ist für den Wald natürlich erholsam." Immerhin habe es durch die Niederschläge genug Wasser gegeben, dass die Bäume sich etwas regenerieren konnten. "Das gleicht aber keine drei Dürrejahre aus", weiß sie.

Förster unterstützen Waldbesitzer beim Umgang mit Beständen

Vielmehr verstelle der nasse Sommer den Blick aufs Große Ganze. "Wir sehen hier nur das Wetter", sagt die Forstamtsleiterin. Der Klimawandel sei viel mehr. Und durch das milde Wetter wiege man sich derzeit in einer Art Scheinsicherheit. "Es ist nicht alles wieder gut", macht Lanninger deutlich. Dieser Sommer sei nur eine Verschnaufpause, die die Akteure im Forst dafür nutzen können, sich für kommende Ereignisse zu wappnen.

Denn auch wenn die Bäume sich augenscheinlich erholen: Der Feinwurzelbestand ist durch die anhaltende Trockenheit beschädigt – und wird das auch erst einmal bleiben. Das bedeutet, dass die Folgen des Klimawandels mit seinen zunehmenden Extremwetterereignissen den Wald früher oder später erreichen werden. Das wird durch den intensiven Regen in diesem Jahr lediglich aufgeschoben. Denn auch Starkregen hilft nicht unbedingt: Zwar kommt in kurzer Zeit viel Wasser in den Wald, aber eben dort ist das Problem. Die Böden können so viel Wasser in so kurzer Zeit nicht halten. "Die Nässe ist das Jahr über anders verteilt, und das ist das Fatale."

"Wir sorgen uns um den Wald, auch wenn es regnet", macht Lanninger für sich und die Förster des Kinzigtals deutlich. "Es ist klar, dass diese Extrem-Ereignisse zunehmen und dass der Wald Unterstützung braucht."

Unterstützung, die das Amt für Waldwirtschaft und die Revierförster auf der Fläche gerne bieten. Und das mit einem dramatisch klingenden Ziel: "Wir müssen den Waldbesitzern Unterstützung bieten, damit der Wald am Ende überhaupt noch steht." Für sie bedeutet das insbesondere eine Streuung des Risikos im Bestand. Dabei sei es unerlässlich, nach Baumarten und Standorten zu differenzieren.

Ein wenig durchmischter Wald macht es Schädlingen leicht, sich zu verbreiten

Im Mittleren Kinzigtal bedeutet das beispielsweise, dass die Fichte sich vergleichsweise gut erholt habe, während die Tanne dazu noch etwas länger brauche. Im Vergleich zur Fichte habe letztere schon länger gebraucht, bis sie auf die Trockenheit reagiert habe. "Das kann aber im nächsten Tal schon wieder ganz anders aussehen", macht Lanninger die individuellen Unterschiede in der Region deutlich. Und: Die Tanne wurzelt tiefer – "Da reicht ein nasser Sommer nicht aus, um das ganze Wurzelwerk zu erreichen." Man wisse nicht, wie gut die Tanne sich überhaupt erholen könne.

Um den Forst für die Zukunft fit zu machen, sei es wichtig, dass die jeweiligen Forstbetriebe ihr eigenes Risiko überprüften. Dazu gehöre beispielsweise, zu analysieren, welche Bäume sich überhaupt im Bestand befinden. Je weniger Baumarten, desto höher sei die Gefahr eines Ausfalls. "Bei weniger als drei Baumarten ist das Risiko besonders hoch, noch mehr, wenn diese nicht durchmischt sind", sagt Lanninger. Denn so hätten Schadereignisse, die eine Baumart besonders betreffen, und vor allem Schadinsekten noch leichteres Spiel, sich zu verbreiten. Durch Naturverjüngung und bessere Durchmischung könne schon Einiges erreicht werden.

"Wir wollen, dass der Wald den Klimawandel stabil überlebt", verdeutlicht Lanninger. Dazu seien langsame Anpassungen nötig – immerhin braucht alles im Wald seine Zeit. Die "kleinen Schrauben", die dafür nötig sind, erklärt Lanninger anhand einer Grafik (siehe Infokasten). Sie betont, dass Abwarten in jedem Fall die falsche Strategie sei – es gelte, im Wald jetzt zu handeln und die Weichen zu stellen. Schließlich könne der Wald in jedem Alter dabei unterstützt werden, um klimastabiler zu werden. Die AG "Wald und Klima" beim Ortenaukreis erarbeite Konzepte, die in jedem Wald und mit jedem Ausgangszustand umgesetzt werden können. Klar sei jedoch, dass es nicht den einen "Wunderbaum" gibt, der dem Klimawandel trotzen kann.

"Niemand weiß, was genau passieren wird", betont Lanninger. Das Amt für Waldwirtschaft und die Förster vor Ort hätten jedoch erprobte Methoden und würden Waldbesitzer gerne beraten und unterstützen. Dieser Service sei kostenlos, betont sie.

So kann der Wald klimastabiler werden

Um das Ziel "Klimastabile Waldbestände" zu erreichen, ist es die vordringliche Aufgabe, den eigenen Wald resistenter gegen Störungen zu machen, und auch seine Fähigkeit, sich wieder von Schadereignissen zu erholen, zu stärken. Dabei sollte die Stabilisierung von Einzelbäumen in jedem Waldbestand als wichtige Maßnahme oben auf der Liste jedes Waldbesitzers stehen, informiert Lanninger.

In allen Bestandesaltern kann der Wald auf seine neue wichtige Überlebensaufgabe vorbereitet werden: In Verjüngungshieben wird besonderes Augenmerk auf die rechtzeitige Vorausverjüngung und die richtige Lichtsteuerung geachtet; durch Ergänzungspflanzungen kann der Natur etwas auf die Sprünge geholfen und weitere Baumarten in die neue Waldgeneration eingebracht werden.

Später in der Jungbestandspflege werden aus einer reichen Baumartenmischung die Bäume verschiedener Arten mit guter Veranlagung weiterentwickelt; bis dann in den verschiedenen Durchforstungen immer wieder die stabilen, gesunden und qualitativ guten Bäume und somit ein struktur- und artenreicher Wald gepflegt wird. Auf diese Weise lassen sich auch mit einem klimagerechten Waldbau die Ziele einer ökonomisch und zugleich ökologisch attraktiven Waldwirtschaft verbinden.