Der Mann hat mit seinen Habseligkeiten wieder das Wartehäuschen am Doler Platz in Beschlag genommen. Immer wieder kommen Menschen vorbei und bringen ihm zu essen und zu trinken – so auch am Montag. Foto: Bender

Mehrere Anzeigen gegen Bewohner des Buswartehäuschens. Stadt: "unmittelbarer Zwang" möglich.

Lahr - Die Bushaltestelle am Doler Platz ist wieder bewohnt – von einem alten Bekannten. Die Stadt Lahr hat gegen den Obdachlosen deshalb vor einer Woche eine Verfügung erlassen. Allein, die scheint ihn nicht zu interessieren.

Es war schon fast ein gewohntes Bild über den Winter: Wochenlang saß ein Mann umringt von Tüten und Taschen im Wartehäuschen an der viel befahrenen B 415. Tag und Nacht, auch bei klirrenden Minustemperaturen. Nachdem er Hilfe mehrfach abgelehnt und sich Beschwerden gehäuft hatten, ließ das Ordnungsamt den Platz Anfang März räumen. Dabei wurde – laut Verwaltung mit Einverständnis des Mannes – auch ein Teil seines Besitzes entsorgt.

Einen festen Platz hatte der Obdachlose danach nicht, eine städtische Unterkunft kam für ihn weiter nicht infrage. Zuletzt wurde er mehrfach in einer Fußgängerunterführung beim Fachmarktzentrum gesehen. Nun ist der Mann zurück – und aus der tragischen könnte eine unendliche Geschichte werden.

Schon seit mehreren Tagen hält sich der Mittsechziger wieder am Doler Platz auf, inklusive einer erneut stattlichen Zahl an Habseligkeiten. Die LZ besuchte ihn am Montagmittag, als eine Frau ihm gerade etwas zu essen brachte. Ob er jetzt wieder dauerhaft hier sei? Wie schon in der Vergangenheit zeigte sich der Mann wenig gesprächig.

Er sucht die Nähe zu seiner Mutter

Eindeutig ist hingegen die Antwort der Stadtverwaltung: Am 15. März sei dem Obdachlosen zunächst mündlich, vier Tage später auch schriftlich eine Verfügung zugestellt worden, hieß es am Montag auf LZ-Nachfrage. Demnach muss er tagsüber regelmäßig seinen Aufenthaltsort wechseln und darf sich nachts nicht mehr im Innenstadtbereich aufhalten. Dazu zähle auch der Doler Platz. Trotz des Verbots soll der Mann seitdem wieder mehrfach in dem Buswartehäuschen geschlafen haben, entsprechende Anzeigen lägen bereits vor, heißt es aus dem Lahrer Rathaus. Die Folge: ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Warum sich der Lahrer nicht an den Erlass der Verwaltung hält, liegt für viele nach der Geschichte, die sie über ihn kennen, auf der Hand. Sie geht in etwa so: Der Mann lebte mit seiner Mutter zusammen, bis diese ins "Spital" kam. Weil er in ihrer Nähe bleiben wollte, bezog er die Haltestelle am Doler Platz, nur wenige Meter vom Pflegeheim in der Bismarckstraße entfernt.

Sollte der Mann die Auflagen aus dem Rathaus weiterhin missachten, droht ihm "unmittelbarer Zwang", wie es auf Verwaltungsdeutsch heißt. Nach Auskunft des Lahrer Ordnungsamts dürfe man den Obdachlosen laut Gesetz bis zu 100 Meter vom verbotenen Platz, in dem Fall das Buswartehäuschen, wegführen. Eine zwangsweise Unterbringung in einer städtischen Einrichtung sei indes "nicht ohne Weiteres möglich". Das Angebot freilich bestehe weiterhin.