Ein gutes Team: Jutta Speidel und ihr musikalischer Begleiter Stefan Noelle auf der Bühne des Parktheaters Quelle: Unbekannt

Jutta Speidel hat in der Komödie "Lippenrot" überzeugt. Allerdings war die Aufführung nach nicht einmal einer Stunde schon wieder zu Ende.

Jutta Speidel hat in Lahr ein beeindruckendes Theatersolo mit musikalischer Begleitung abgeliefert. Die Komödie "Lippenrot" von Andrea Maria Schenkel setzt unterhaltsame und pfiffige Akzente, kommt aber nicht abendfüllend daher. Nach nicht einmal einer Stunde fiel bereits der Schlussvorhang.

Sie zählt zu den Ikonen des deutschen Films und der Fernsehlandschaft, blickt auf mehr als fünf Jahrzehnten Bühnenerfahrung zurück. Jutta Speidel macht auch auf der Bühne eine überaus gute Figur, wie die am Freitag in Lahr gezeigte Komödie "Lippenrot" unter Beweis stellte. Die 1954 in München geborene Schauspielerin war ständig in Bewegung und füllte den Raum. Ihr Talent, ihre charmante, oft verschmitzt wirkende Bühnenpräsenz sorgten dafür, dass sie immer auch authentisch daherkam.

In dem Stück "Lippenrot" spielt sie eine Frau, die sich anhand von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen mit der Geschichte einer verstorbenen Verwandten auseinandersetzt. Angelika schleppt einen Überseekoffer auf die nahezu leere, mit einem weißen Vorhang umfasste Bühne. Sie öffnet die Schubladen und stöbert in der Vergangenheit, taucht immer tiefer in die Welt der 1920er-Jahre und in das Leben von Ottilie ein, der Frau, die im Mittelpunkt einer Inszenierung steht, die manchmal fast wie eine szenische Lesung daherkommt.

Es geht um eine große Liebe, die am Ende nicht hält, was sie verspricht. Durch die Vermittlung ihrer Schwester lernt Ottilie den wie sie wohlhabenden Heiratskandidaten Gustav kennen. Das mondäne Lotterleben des Paars mündet rasch in einen distanzierten Ehetrott. Hier etwas Lippenrot auf einer Champagnerflöte, da ein rotes Strumpfband auf der Chaiselongue. Es wird gestritten und abgewiegelt, nach der Versöhnung ist schnell von einer psychischen Störung die Rede, obwohl Gustav bereits zwei Mal verwitwet ist, wie sich herausstellt. Es kehrt trotzdem wieder Ruhe ein, Ottilie ist in ärztlicher Behandlung, wird mit selbst angerührten Tinkturen medikamentiert. Der Umschwung erfolgt abrupt, die bis dahin vor allem klagende Ottilie steht plötzlich mit einem schicken Hütchen auf der Bühne. Als letztes liest sie eine Heiratsannonce vor. Wohlhabende Witwe sucht Partner, kulturelle Interessen werden vorausgesetzt.

Kongenial unterstützt wurde Jutta Speidel von dem Münchner Musiker Stefan Noelle, der ihre Monologe mit Gitarre, und Klarinette, Saxofon und Trommel zu kommentieren schien, hier und da aber auch in einem kurzen Statement Position bezog und mit sorgsam platzierten Gesten in das Geschehen eingriff. Die in Lahr gleich zwei Mal gezeigte Inszenierung wartete mit vielen reizvollen Nuancen und szenischen Finessen auf.

Speidel und ihr Bühnenpartner wurden in der Abendvorstellung mit lange anhaltendem Beifall bedacht. Mit einer Spieldauer von knapp einer Stunde kommt "Lippenrot" aber alles andere als abendfüllend daher. Dem als Produktion der Komödie am Bayerischen Hof im Oktober 2020 uraufgeführten Kammerspiel haftet der Nimbus eines Machwerks an, das zumindest in der in Lahr gezeigten Form explizit für die Theaterarbeit unter Pandemiebedingungen konzipiert erscheint. Das Publikum wurde bestens unterhalten, letztendlich aber zu einem Zeitpunkt nach Hause geschickt, in dem normalerweise der Plausch in der Theaterpause ansteht.