Rosa und Johann Georg Bauer sind sich 1946 bei einem Spaziergang begegnet. Geheiratet haben sie 1950. Foto: Bohnert-Seidel

Gnadenhochzeit: Rosa und Johann Georg Bauer haben allen Grund zum Feiern

Schweighausen - Das besondere Glück, die Gnadenhochzeit erleben zu können, wird nur sehr wenigen zuteil. Rosa und Johann Georg Bauer feiern dieses außergewöhnliche Ehe-Jubiläum am morgigen Sonntag. Es ist die erste Gnadenhochzeit in Schweighausen.

74 Jahre zusammen, 70 Jahre verheiratet: wissen, was der andere braucht, denkt und fühlt. Ohne Fragen, ohne Absprache. Kein Automatismus oder Routine. Ganz einfach nur Liebe.

Irgendwie mag Johann Georg Bauer den Begriff Gnadenhochzeit nicht. Für ihn hat er etwas Abschließendes. "Dabei gehen die Liebe, das Füreinander und die vertraute Zweisamkeit doch weiter." Ein Leben lang fühlen sich die beiden gebürtigen Schweighausener verbunden und vom anderen getragen und geliebt.

Im Frühling 1946, bei einem Spaziergang, sind sich die beiden zum ersten Mal bewusst begegnet. Rosa Bauer, geborene Göppert, ging von ihrer Arbeit im Gasthaus Sonne nach Hause. "Unter dem Kirschbaum haben wir Kirschen geschneigt", erzählt die 92-Jährige lachend. Das Lächeln wirkt, als wäre das beschriebene Zusammentreffen erst gestern gewesen. Der Huf- und Wagenschmied und spätere Metallarbeiter Johann Georg Bauer war 1945 aus dem Krieg nach Hause gekommen. Sein Berufsleben hat er bei der Firma Nestler in Lahr verbracht. Ehefrau Rosa war im Ort in der Zigarrenfabrik und später in der Schuhfabrik beschäftigt.

Brautstrauß bei Schnee und Glätte mit dem Fahrrad abgeholt

Das Hochzeitsbild zeigt beide in Schwarz. Tochter Irmgard war schon auf der Welt und Sohn Siegfried unterwegs. An der Liebe zueinander haben die Lebensumstände nie gerüttelt. Felsenfest ist diese Liebe. Umso sehnlicher haben die beiden sich eigentlich für den Sonntag eine Eucharistiefeier wie vor 70 Jahren gewünscht. "Leider hat das die katholische Kirche unseren Eltern versagt", erklärt Sohn Siegfried. Jetzt wird ein Dankgottesdienst gefeiert. Alle Kinder – Irmgard, Siegfried, Anita und Jürgen –, fünf Enkel und eine Urenkelin mit Familien nehmen daran teil.

Erinnerungen an die Hochzeit vor 70 Jahren bringen so manches Lächeln auf die Gesichter der beiden. Am Tag zuvor hatte sich Rosa Bauer aufs Fahrrad gesetzt und ihren Brautstrauß bei Schnee und Glätte bei Blumen Himmelsbach in Seelbach abgeholt. "Am Hochzeitstag war gefühlt das ganze Dorf auf den Beinen und hat mitgefeiert", erinnert sich die 92-Jährige. Wer nicht zur engeren Familie gehörte, bezahlte sein Essen selbst.

Dankbar blicken die beiden auf ihre 74 gemeinsamen Jahre. Mit vereinten Kräften und mehr oder weniger in Eigenleistung wurde das Haus "Am Schießrain" 1961/62 gebaut.

Von der ersten Stunde an wussten sie: "Wir gehören ein Leben lang zusammen." Nichts habe sich daran je geändert. "Das Ja-Wort ist ein Ja und bleibt ein Ja", sagt Johann Georg Bauer und schaut seine Ehefrau dabei an. Dass er mehr oder weniger den Haushalt schmeißt, Frühstück und Abendbrot für beide richtet und nach dem Rechten schaut, ist für ihn selbstverständlich.

Auf dem Sessel liegt griffbereit das Akkordeon. "Ich mache noch etwas Hausmusik", sagt der 91-Jährige. 30 Jahre gehörte er als Trompeter dem Musikverein Schweighausen an. Auf dem Akkordeon ist er ein Autodidakt. Die Lust zum Spielen bringt ihn vorwärts.

Dass er mit Ehefrau Barbara 70 Jahre verheiratet ist und sie nun die Gnadenhochzeit in geistiger Frische feiern dürfen, ist für ihn ein Geschenk. "Wenn es so bleibt, wie es ist, sind wir sehr zufrieden", meint das Jubelpaar. Beiden ist das Fest ein Grund zur Freude, ja, eine Gnade Gottes.