Seelbach - Es war ein gelungener Auftakt: Mit dem Narrenbaumstellen, dem Zunftabend und einem stimmungsvollen Umzug haben die Seelbacher Narren die Fasent eröffnet. Der Geist war bereits am Samstagmorgen aus der Flasche entkommen.

Dass dem Geheimrat, Philipp Carl Edler von Schmidt zu Dautenstein, das vergangene Jahr, eingesperrt in der Flasche, nicht gutgetan hat, war am Eingang der Kirchstraße nur allzu offensichtlich. Oberzunftmeister Hanjo Bolanz hatte mit seiner spöttischen Bemerkung eines "halben Hemdes" vor etwa 100 verblüfften Gästen deshalb recht. Aus dem Zunftrat nahestehenden Kreisen kam die Erklärung, dass Clemens Gür, der in der Regel nach der Gemeindekasse greift, am Morgen verhindert gewesen sei. Also hatte Bruder Wolfgang Gür die Aufgabe übernommen – und der kommt etwas schlanker daher.

Ob aber der närrische Säckelmeister die Beute aus der Kämmerei auch recht verwalten kann? Wissen die Eulen, dass es seit diesem Jahr keine Rücklagen mehr im Seelbacher Haushalt gibt? Bekanntlich hat der Seelbacher Gemeinderat den Haushalt 2018 nach dem System der Doppik beschlossen. Wie dem auch sei, Schultes Thomas Schäfer erklärte nach der Übergabe der Gewalt am Morgen, dass ihm die Amtsstube nun gestohlen bleiben könne.

Der Bürgermeister ein Blumendieb?

Das griffen am Abend die "Schiewebuebe" Clemens und Wolfgang Gür auf. Traditionell beleuchten sie Pannen und Peinlichkeiten, die es im Vorjahr in der Gemeinde und der Nachbarschaft gegeben hatte. Und so berichteten sie, dass ein Bürgermeister – ohne den Namen zu nennen – beobachtet worden sei, wie er am Dreispitz, also außerhalb des Seelbacher Hoheitsgebiets, Blumen stibitzt habe. Unter dem Gelächter aller Gäste im gut besuchten Bürgerhaus versicherte Wolfgang Gür, dass diese Anekdote einen wahren Kern habe.

Die Eulen und Hexen überzeugten mit einem höllisch guten Tanz. Ein Dutzend Tänzer im Häs bot einen Ausdruckstanz, der in der "Carmina Burana" von Carl Orff endete. Neu in diesem Jahr waren das Lahrer Percussion-ensemble und ein Auftritt des Trios "Gälfiäßler".

Instrumentalisten der Musikschule unter der Leitung von Charlie Lüftner zeigten mit Trommelwirbeln auf grünen Tonnen, Werkzeugkisten und Aluleitern, dass Krawall und Können sich nicht ausschließen. Gerade die vier Alu-Leitern erzeugten Töne, die man eher bei Guggenmusiken verorten würde. Dagegen sind die "Gälfiäßler" für Töne mittels Gartenschläuchen oder Gießkannen und freche Texte bekannt. Neu war ein Hexenbesen als – ganz passable – Trompete. Das Trio holte auch Gründer Wolfgang Mießmer mit seiner "Quetsche" auf die Bühne. "De Kurz und de Long" (Siegfried Wacker und Frank Schwörer), Chiara Klumpp, ein Showtanz, "Ä anderes Fasentliedl" von Lia Franke und Hanjo Bolanz sowie "Opa Karl" ergänzten den Abend. Gewohnt souverän moderierten Silvia Franke und Frank Schwörer.

Am Sonntag war das Wetter mit den Eulen, unzähligen Besuchern und etwa 3000 Narren aus vielen Gastzünften. Der bunte, laute und farbenfrohe Umzug durch das Dorf sowie das muntere Treiben davor und danach im Narrendorf im Klostergarten zeigten die Vielfalt der schwäbisch-alemannischen Fastnacht.

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Info: Die Verurteilung des Geheimrats

Der Geheime Rat Philipp Carl Edler von Schmidt zu Dautenstein (gestorben 1822) ist historisch. Der Jurist war Verwalter der Fürsten von der Leyen über das kleine Fürstentum Seelbach. Dass der Verwalter 1815 Gelder veruntreut haben soll, lässt sich durch keine Quelle belegen. Einen Prozess am Rastatter Hofgericht um angeblich veruntreute Gelder und eine Verurteilung des Geheimrats hat es aber tatsächlich gegeben. Daran erinnert die Zunft bei ihrer jährlichen Geheimratsbefreiung.