Seelbach/Schuttertal - Die Anzahl der traditionellen Gasthäuser sinkt kontinuierlich. An ihre Stelle treten andere Küchen oder Kulturen. Eine Spurensuche in Seelbach und den Ortsteilen.

Seit 1994 bewirtschaften Winfried und Felizitas Kopf das Gasthaus Reminihof. Das beliebte Ausflugsziel mit Dammwildgehege, einen Kilometer von der Ortsmitte in Wittelbach im Michelbrunn gelegen, hat immer viele Besucher, Wanderer und Touristen angezogen. Kurz vor der Jahreswende haben die Kopfs aber den Betrieb heruntergefahren, obwohl es eigentlich gut lief.

Es wird immer schwerer, Personal für das Wochenende zu finden

"Die Bürokratie hat irrsinnige Ausmaße angenommen, und die Unmengen von Auflagen und Vorschriften sind nur noch mit einem immensen Aufwand einzuhalten", erzählt Winfried Kopf. Die Enttäuschung ist ihm anzumerken. Dazu kommt es, dass es immer schwieriger würde, genug Personal für die Wochenenden zu finden. "Das alles nahm uns die Freude am Arbeiten". Seit Anfang des Jahres haben die Eheleute ein anderes Konzept für die Gaststätte – Selbstbedienung und Öffnungszeiten nur am Wochenende.

Die Gäste, die die Lahrer Zeitung beim Besuch angesprochen hat, sind froh, dass sie noch in den Reminihof kommen können. Wenn das Ehepaar Kopf irgendwann in den Ruhestand geht, wird es indes schwierig, Nachfolger zu finden. Die eigenen Kinder hätten kein Interesse, sagen die Eltern – und dass sie diese Haltung nachvollziehen könnten.

Die traditionelle Dorfgastronomie erlebt seit einiger Zeit einen Niedergang, das Wirtshaussterben vollzieht sich schleichend, aber anhaltend. Auch vor Seelbach macht dieser Trend nicht Halt. Früher gab es das "Häusle", den "Grünen Baum", den "Engel" und das "Haus Riehle". Seit dem Vorjahr bieten das Landgasthaus "Ochsen" in Wittelbach und "Schmieders Ochsen" in Seelbach nur noch Übernachtungen an.

Hubert Weber betreibt sein Lokal "Zum Sod Karle" seit 26 Jahren. Wie lange er noch hinter dem Tresen stehen wird, weiß er nicht. "In fünf Jahren wird es kaum noch deutsche Wirtshäuser geben", sagt er. Die traditionelle Gastronomie sterbe aus. Auch er berichtet von ausbleibenden Gästen, obwohl der Service und das Ambiente bei ihm stimmen.

Das Freizeit- und Ausgehverhalten der Menschen ändert sich

Umgekehrt hat der "Bären" in unmittelbaren Nähe nach einer langen "Durststrecke" vor etwa zwei Jahren wieder geöffnet. Das Gasthaus aus der Mitte des 18. Jahrhundert diente in anderen Zeiten sogar eine Weile als Ratssaal. Diese zwei Gasthäuser in der Seelbacher Ortsmitte bieten an, was man unter einer gut bürgerlichen Küche versteht.

Traditionelle Gasthäuser haben einen schweren Stand, da sich das Freizeit- und Ausgehverhalten der Menschen geändert hat. Trotzdem ist das gastronomische Angebot in Seelbach durchaus abwechslungsreich. So bietet zum Beispiel das "Belmondo" im Bürgerhaus in der Nachfolge des "Eulenspiegel" italienische Küche an. In der Hauptstraße finden sich eine Pizzeria und zwei Döner-Läden. Einer ist in Räumen anzutreffen, in denen zuvor ein asiatisches Restaurant mit Schnellküche hungrige Gäste versorgt hatte. Die Pizzeria ist in die Räume der ehemaligen Bäckerei Glatz eingezogen.

Gegen einen Trend behaupten sich die Gasthäuser Schwert im Litschental und das Höhengasthaus Sternen auf dem Hasenberg. Sie setzen auf eine gute Küche und ihre Tradition, womit sie nicht nur bei Touristen punkten.

Info: "Der Löwen"

Es war das älteste Gasthaus Deutschlands, wie auf einem Schild zu lesen ist. Die Rede ist vom "Löwen" auf der Passhöhe des Schönbergs, den es dort seit 1231 gibt. Eine der letzten Veranstaltungen dort war eine Sitzung des Seelbacher Gemeinderats und des Schönberger Ortschaftsrats vor etwa acht Jahren. Damals wurde an die Gemeindereform Anfang der 1970er- Jahre erinnert. Seither ist Ruhe eingekehrt. Ob der "Löwe" wirklich das älteste Gasthaus Deutschlands ist, ist indes umstritten. Der "Rote Bär" am Freiburger Schwabentor und der "Riese" im fränkischen Miltenberg erheben denselben Anspruch.