Jule Becker kümmerte sich ein Jahr lang um die Kinder im Heim Casa Verde. Über die Zeit schloss sie viele Freundschaften. Foto: privat

Jule Becker arbeitete im freiwilligen sozialen Jahr in einem Kinderheim

Jule Becker arbeitete im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahrs in einem Kinderheim von Casa Verde in Peru. Am Freitagabend hat die 20-jährige Referentin aus Schmieheim die Besucher mit auf ihre Reise nach Peru genommen.

Seelbach. Gespannt und neugierig lauschten am Freitagabend die Besucher in der evangelischen Kirche in Seelbach den Erzählungen der 20-jährigen Theologie-Studentin. Viele Fotos unterstrichen ihre Erzählungen lebendig.

Bereits ein Jahr vor ihrem Abitur 2015 habe sie gewusst, was sie nach danach machen werde, denn sie hatte sich zu einem Freiwilligendienst im Kinderheim Casa Verde in Peru beworben und eine Zusage erhalten. Ihre Eltern hätten sie auf die Idee gebracht, als sie nach einem Vortrag von Volker Nack aus Lahr, der das Kinderheim Casa Verde in Peru leitet, eine Infobroschüre mitgebracht hatten. Anfang August 2016 nahm Becker wehmütig Abschied von ihren Freunden, ihrer Familie und Verwandten, um sich auf den 15-stündigen Flug nach Arequipa, der Hauptstadt der gleichnamigen Region im Süden des Anden-Staates zu begeben. Der erste Eindruck von der Stadt sei allerdings nicht besonders gewesen, denn sie erblickte überall nur halb fertig gebaute Häuser, lautes Hundegebell schallte aus allen Ecken und Straßen. Es sei alles sehr fremd für sie gewesen, auch konnte sie nur sehr wenig spanisch sprechen und verstehen. Jedoch wurde sie sehr warmherzig von ihrer peruanischen Gastfamilie begrüßt.

Noch am gleichen Tag ihrer Anreise nahm sie ihr Gastvater José Luis, der ebenfalls Mitarbeiter des Kinderheims ist, mit dorthin. Die Gründe, weshalb die Kinder nicht bei ihren Familien aufwachsen können, sind vielfältig: Armut der Eltern, Vernachlässigung, fehlende Bildung, Opfer von familiärer Gewalt und Missbrauch oder Mangelernährung zählte Becker auf. Ihre Aufgaben im Kinderheim seien sehr unterschiedlich gewesen. Täglich hätte sie den Kindern das Essen ausgegeben. Sie kümmerte sich, lernte, spielte und lebte mit den Kindern. Vor eine sehr große Herausforderung stellte sie die Unterstützung der Kinder beim täglichen Duschen, Zähneputzen, Kleidungswechsel und Kleidung waschen. Dabei ging es öfters chaotisch zu, erzählte Becker. Auch machte sie mit den Kindern ein paar schöne Ausflüge, zum Beispiel auf einen Jahrmarkt oder ins Kino. Gesponsert wurden diese von einheimischen Firmen.

Auch kirchliche und traditionelle Feste wie Weihnachten, den Nationalfeiertag oder den Geburtstag von Arequipa hat sie mit den Kindern gefeiert. Allerdings sei sie enttäuscht gewesen von der Adventszeit, da sie typisch deutsche Rituale vermisste.. Deshalb beschloss sie, für die Kinder einen Adventskalender zu basteln. Auch ein Krippenspiel zu Weihnachten hat sie selbst geschrieben und zusammen mit den Kindern aufgeführt.

Ihre Spanischkenntnisse wurden auch dank eines Privatlehrers immer besser. Und damit das Heimweh nicht zu groß wird, bekam sie auch Besuch von ihrer Familie und ihrem Schulfreund Philip Zipse aus Endingen, mit dem sie eine Rundreise durch verschiedene südamerikanische Länder unternahm.

Als sie im Sommer dieses Jahres ihre Rückreise nach Deutschland antrat, flossen wieder Abschiedstränen, denn die Kinder, ihre Gastfamilie, das Land und die Einheimischen hätten ihr Herz sehr berührt, sie werde diese Zeit niemals vergessen.

INFO

Casa Verde

Die Idee zum Kinderheim Casa Verde entstand bereits 1989 bei einer einjährigen Arbeit des gebürtigen Lahrers Volker Nack in den Elendsvierteln von Lima, Peru. 1997 begann er gemeinsam mit seiner peruanischen Frau Dessy ein Straßenkinderprojekt in Arequipa im Süden Perus aufzubauen. Aus der Straßensozialarbeit ist 1999 ein stetig wachsendes Heim - das Casa Verde - für benachteiligte Kinder und Jugendliche entstanden. In den beiden Häusern der Casa Verde finden heute 28 Kinder und Jugendliche ein neues Zuhause. Ziel der Arbeit ist es, die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen vier und 17 Jahren auf ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben vorzubereiten.