Bei den Brandts aus Nonnenweier ist Strohschuh-Flechten eine Familienangelegenheit. Großmutter Inge wird von ihrem Mann Wolfgang und Enkel Julian unterstützt. Foto: Laurösch

Inge Brandt aus Nonnenweier stellt Strohschuhe her. Für ein Paar braucht sie acht Stunden

Nonnenweier - Bei Familie Brandt in Nonnenweier trifft Brauchtum auf Familientradition. Inge Brandt stellt Strohschuhe her, so wie es ihre Eltern bereits im Zweiten Weltkrieg getan haben. Mit Enkel Julian ist auch eine weitere Generation schon fleißig dabei.

Die gelernte Schneiderin Inge Brandt hat vor etwa zehn Jahren mit diesem Hobby begonnen und sich das Flechten und Nähen der Schuhe selbst beigebracht. Die Inspiration gaben ihre Eltern, die schon während des Zweiten Weltkriegs Schuhe flochten. Für ein Paar Schuhe in Herrengröße 40 braucht die Hobbyschuhmacherin rund acht Stunden, also einen ganzen Arbeitstag. Bei einem Verkaufspreis von rund 40 Euro pro Paar bleibt so ein Stundenlohn von fünf Euro. "Wegen des Geld braucht man es nicht zu machen", erklärt ihr Mann Wolfgang Brandt.

Das Handwerk sei ein reines Hobby, deshalb mache das Ehepaar keine Werbung mehr. Sie erhalten ihre Bestellungen nur noch über Empfehlungen, sodass die beiden die gewünschten Schuhe auch rechtzeitig herstellen können. "Vor Jahren war jemand da, der erzählte von einem Strohschuhverkäufer, der 75 Euro pro Paar verlangt", erzählt Inge Brandt, um zu verdeutlichen wie der Zeitaufwand bei professioneller Herstellung den Preis beeinflusst. Doch heißt das nicht, dass bei den Strohschuhen der Familie Brandt an der Qualität gespart wird. "Eine Frau vom Bodensee sagt, sie trage die Schuhe schon seit zehn Jahre zur Fastnacht", berichtet Inge Brandt stolz. Bei der Herstellung setzt die Handwerkerin auf Qualitätsprodukte. So wird der gekaufte Bast nass gemacht, zu einer langen Kordel geflochten und anschließend getrocknet und zum Schuh weiterverarbeitet. Ideal sei es wenn das Material vom Regenwasser eingeweicht wird. Brandt greift auf Bast zurück, da die traditionellere Fertigung mit Maisblättern sehr viel komplizierter sei. Der Großteil des Mais würde vom Mähdrescher klein gehackt, so kriege man die Maisblätter in der erforderlichen Länge heute fast gar nicht mehr.

Im ersten Schritt wird ein Socken über eine Leiste gezogen. Wo Brandt heute Tennissocken verwendet, hat man früher Lumpen zusammengenäht. Anschließend wird der geflochtene Bast auf den Socken genäht und das Innere des Schuhs mit Schaumgummi gefüttert. Der Bast um das Loch, in das man den Fuß beim Anziehen steckt wird dann noch mit Strickstoff ummantelt. "Am Anfang hab ich das noch selbst gestrickt, aber das ist einfach zu viel Arbeit", sagt Inge Brandt. Jetzt kann sich der Kunde eine von fünf Farben aussuchen, darunter rot, schwarz und blau und Brandt näht den Stoff anschließend an.

Zu guter Letzt näht die Schneiderin die beige Kunstledersohle mit einem beschichteten Kunststofffaden an, sodass der Schuh lange hält. Und durch die helle Farbe des Kunstleders, mache die Sohle keine Streifen auf dem Hallenboden beim Tanzen an der Fastnacht oder auf dem heimischen Holzboden. Abgesehen von den Aufträgen vor Ort hat Inge Brandt schon Schuhe für die Fastnachtszünfte aus der Region, aber auch für private Kunden vom Bodensee bis hin zu Bekannten nach Schleswig-Hollstein geflochten.

Wolfgang Brandt sagt über seine Frau: "Entweder Sie strickt oder Sie macht Schuhe". Und diese Leidenschaft gibt Inge Brandt auch an die nächsten Generationen weiter. Ihr Enkel Julian wisse auch schon, worauf es beim Flechten ankommt und habe ein Talent für das Handwerk. Sie vermutet, dass er später einmal das Hobby seiner Großmutter weiterführen wird.

Info: So wird ein Schuh draus - auch im Hunsrück

> Der Strohschuh war die traditionelle Fußbekleidung der Landbevölkerung im Schwarzwald. Er besteht aus geflochtenem Roggen- oder Maisstroh, die Herstellung erfolgte im Winter durch die Bäuerinnen. Heute werden Strohschuhe hauptsächlich als Hausschuhe und zu Fastnachtsumzügen getragen.

> Damit das Stroh geflochten werden kann, muss es über mehrere Stunden im Wasser eingeweicht werden, um es weich und geschmeidig zu machen. Das weiche Stroh wird dann zu einer Art Seil geflochten. Für ein Paar Strohschuhe werden zwei Meter geflochtenes Stroh benötigt werden.

> Ein weiteres Gebiet, in dem Strohschuhe gefertigt wurden, ist der Hunsrück. Dort wurde aber trockenes Stroh zu Seilen geflochten. Diese sind dann das Rohmaterial, aus denen die Schuhe zusammengenäht werden.

> Auch in Asien kennt man geflochtene Schuhe oder Sandalen. In Japan  etwa nennt man die Sandalen Waraji.