In Ottenheim ist in den Sommerferien die Kirche offen und es gibt jedes Jahr ein Agebot, das zum Nachdenken anregen soll. In diesem Jahr ist es "Reisen in Gedanken". Pfarrerin Marie Jakobi sagt, dass dieses Angebot sehr gut angenommen wird. Foto: Künstle

Serie (2): Pfarrerin Marie Jakobi erzählt über ihre Arbeit an der Spitze der evangelischen Kirchengemeinde

Vier evangelische Kirchengemeinden, vier Pfarrerinnen. Die Lahrer Zeitung hat sich mit ihnen unterhalten und nachgefragt, wie es ihnen als Frauen an der Spitze ergeht. Pfarrerin Marie Jakobi hat für ihre Arbeit durchweg Anerkennung erhalten.

Ottenheim. Erst seit 50 Jahren gibt es in der badischen Landeskirche evangelische Pfarrerinnen (siehe Info). Im Ried sind es Anna Manon Schimmel aus Neuried, Marie Jakobi aus Ottenheim, Renate Malter aus Allmannsweier und Christine Egenlauf, die für Nonnenweier und Wittenweier zuständig ist. In der LZ berichten sie in einer Serie über ihre Arbeit und ihr Leben als Frauen an der Spitze der evangelischen Kirchengemeinden.

"Was vor 50 Jahren ein großer Schritt war, ist heute selbstverständlich", sagt Marie Jakobi zu ihrem Beruf als Pfarrerin.

Viele Frauen schenken ihr großes Vertrauen

Seit 15 Jahren leitet sie zusammen mit dem Kirchengemeinderat die evangelische Kirchengemeinde Ottenheim und stellt fest: "Hier im Dorf ist es kein Thema, dass eine Frau Pfarrerin ist. Ich habe immer die Anerkennung bekommen, die mit diesem Amt verbunden ist." Pfarrerin sei aber kein Beruf wie jeder andere: Einen Feierabend im klassischen Sinne kenne sie nicht.

Schon nach ihrer Konfirmandenzeit hatte die 1975 geborene Marie Jakobi eine Lehrvikarin erlebt und somit war es für sie keine Frage, dass sie als Frau den Beruf der Pfarrerin ergreifen konnte. Bereits in ihrer Schulzeit hatte sie sich stark in der Kirchengemeinde engagiert, aber auch neben Schule und vor dem Studium gejobbt: im Altersheim und in Schichtarbeit bei Mercedes-Benz. "Das hat mich geprägt, immer einen Blick darauf zu haben, wie Menschen leben", sagt sie.

In ihrem Theologiestudium gab es zwar viele Kommilitoninnen, aber kaum Dozentinnen. Als sie 2006 die Stelle in Ottenheim angetreten hat, sei sie mir Freude aufgenommen worden. Eine Herausforderung war, dass sie sich schon in den ersten Jahren mit großen Projekten auseinandersetzen musste, wie der Renovierung des Gemeindehauses und der Erweiterung des Kindergartens.

In der Regel werde sie von ihren Gesprächspartnern so akzeptiert, wie sie ist – und dazu gehört, dass sie eine Frau ist. Im Besonderen habe sie festgestellt, dass es eine große Vertrautheit von Frauen zu ihr gebe und die ihr manchmal Dinge aus ihrer Biografie erzählen, "die sie einem Mann nicht sagen würden".

"Für die Gemeinde ist es ein Lernprozess, zu erleben, dass eine Frau Pfarrerin ist, die neben ihrer Arbeit in der Kirchengemeinde auch noch eine Familie und eigenen Lebensraum hat", betont sie. Auch sie habe lernen müssen, dass es nicht einfach sei, ihre Arbeit und die Aufgaben als Frau und Mutter von drei Kindern unter einen Hut zu bringen. Da ihr Ehemann André Stöbener jeden Tag zu seiner Arbeit nach Karlsruhe pendelt, hatte sie die Kinder, die heute sechs, neun und elf Jahre alt sind, schon im Kinderwagen mit in den Konfirmandenunterricht genommen. Ihr Mann kümmere sich auch um die Kinder, wenn sie abends Termine für die Kirchengemeinde wahrnehme. Statt dem Montag, der für die meisten ihrer Kollegen der freie Tag ist, versucht sie, sich die Samstage von Terminen frei zu halten, damit sie Zeit für ihre Familie hat.

Stellte fest, dass sie keine Zeit für sich mehr hatte

Bei ihrem großen Engagement für Familie und Beruf stellte sie vor einigen Jahren fest, dass sie keine Zeit für sich selbst hatte. Sie schloss sich einer Laufgruppe des TuS Ottenheim an und merkte, "wie gut mir das tut". Jetzt habe sie sich noch in einer Gymnastikgruppe angemeldet. "Die Leute sind es inzwischen gewohnt, mich auch mal in Sportklamotten zu sehen."

Die Arbeitsstelle von Jakobi ist geteilt: zu 75 Prozent Pfarrerin in Ottenheim und zu 25 Prozent Inklusionsbeauftragte des Kirchenbezirks Lahr. Zudem hat sie noch vor einigen Jahren den Blinden- und Sehbehindertendienst im Kirchenbezirk übernommen. Bei ihren vielen Aufgaben habe sie gelernt, sich ihre Zeit einzuteilen und sich auch Zeit für sich zu nehmen. Jakobi freut sich über den Zusammenhalt und die Gemeinschaft in der Kirchengemeinde. "Eine Pfarrerin ist keine Einzelkämpferin. Ohne die vielen Ehrenamtlichen ginge es nicht."

Seit 50 Jahren gibt es in der badischen Landeskirche evangelische Pfarrerinnen. Am 27. April 1971 hatte die Synode der badischen Landeskirche die Gleichstellung mit dem schlichten Satz beschlossen: "Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch eine Pfarrerin." Frauen waren in Baden zwar schon bereits seit 1916 zum kirchlichen Examen zugelassen, durften anschließend aber nicht den Pfarrberuf ausüben. Als Pfarrgehilfinnen waren sie den Pfarrern untergeordnet – trotz gleicher Ausbildung. Ab 1943 erhielten sie den Titel "Vikarin", ihre Arbeit blieb aber vor allem auf Frauen und Mädchen beschränkt. Bis zum Jahr 1971 war es Pfarrerinnen nicht gestattet, eine Gemeindeleitung zu übernehmen, obwohl sie während des Zweiten Weltkriegs alle Aufgaben des Pfarramts übernommen hatten. Sie waren meist auf Sonderpfarrstellen im Einsatz, etwa in der Frauen- oder in der Jugendarbeit. Frauen mussten einen speziellen Talar tragen und durften sich bis 1962 nicht Pfarrerin nennen.