Neben den Profischauspielern trugen die Darsteller aus dem Schuttertal zum Erfolg der "Romeo und Julia"-Premiere bei. Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Glänzende Premiere vom "Romeo und Julia" bei den Seelbacher Freilichtspielen im Klostergarten

Von Endrik Baublies

Seelbach. Die Premiere von "Romeo und Julia" am Samstag im Klostergarten ist – trotz des leichten Nieselregens – ein voller Erfolg gewesen. Jeder der mehr als 30 Darsteller überzeugte in der berühmtesten Tragödie der Welt, die in der ersten Stunde allerdings mehr komisch als tragisch gewesen ist.

Die eigenwillige, aber sehr gelungene Inszenierung zeigt, welche Varianten der englische Dramatiker bieten kann und gut verträgt. Die Geschichte kommt – was heute zum Standard gehört – modern daher. Die Musik stammt unter anderem von Alice Cooper, Michael Jackson und Bryan Adams. Der Prolog wird hier besonders wirkungsvoll – nach dem Auflauf aller Darsteller – eingesetzt. Greta Armbruster, seit einigen Jahren das Nesthäkchen der Truppe, spricht den Prolog, und sie spricht ihn gut. Wir wissen also jetzt und hier, dass nur der Tod der Liebenden den Streit der Häuser beendet wird. "Romeo und Julia" sind die Namensgeber der Tragödie, ihr tragischer, schicksalhafter Tod ist der Inhalt des Dramas. Dieser Handlung ist alles andere untergeordnet, auch wenn es etliche Nebenschauplätze gibt.

Der Tanz, und das stammt alles wirklich so von Shakespeare, geht munter und derb-komisch los. Neben den Hauptfiguren Romeo (Raphael Cisar) und Julia (Kristina Fehse) gehören Mercutio (Markus Layr) und die Amme Julias (Jenny Thost) zum Quartett, das seit jeher besondere Beachtung bekommt. Katja Thost-Hauser (Regie, Lady Capulet) und die Schwester Jenny Thost (Kostüme und Maske) machen aus dem Quartett ein Sextett. Benvolio (Britta Petersen) und Tybalt (Marc Bollmeyer) stehlen mit einer schrillen Aufmachung und einen knallroten Irokesenschnitt allen auf der Bühne die Schau. Beim ersten Auftritt ist es vor allem Benvolio, die zur Höchstform aufläuft. Der Zyniker und Spötter Mercutio und die Amme, zuerst mit rosa Puschen und später wunderbar altbacken auf der Bühne, haben also dagegen einen nicht gerade leichten Stand. Dafür dürfen sie einmal sogar übereinander herfallen. Jenny Thost kann dann wunderbar granteln (badisch: bruddeln).

Eine Besonderheit des Drehbuchs, das die Regisseurin verfasst hat, ist ihre Übertragung. Sie folgt zum Teil der klassischen Übersetzung August Wilhelm von Schlegels. Romeo und Julia verwenden die poetischen Bilder der Hände und Lippen eines Pilgers für ihren "ersten sittsam andachtsvollen Gruß". Ähnlich ist es mit der Balkonszene. Da haben die Zuschauer gerade wegen der eindringlichen Versform den Atem angehalten.

Neben der Sprache fallen die Balkonszene und der Morgen nach der Hochzeit auch anders aus dem Rahmen. Das Paar wird hier in Zuckerwatte (sentimentale und schluchzende Geigen) gepackt. Das ist – modern und mit Verlaub gesagt – krass. Shakespeare verwendet, damals eine Revolution, die Form des Sonetts für diese Dialoge. Das brachte dem Dramatiker und Dichter den Namen "honigzüngiger Shakespeare" ein. Mercutio würde es so sagen: "Gebt noch was dazu", es können also hier auch gerne Zuckerwatte und kandierte Kirschen sein. Der Szenenapplaus gibt der Regie und dem Paar dazu recht.

Gelungene Choreografie

Die Komik verfällt dann rapide, nach dem Tod Mercutios und Tybalts. Jetzt nimmt das Schicksal seinen Lauf. Am Samstag ist es ein Unwetter gewesen, das verhindert, das Romeo vom Plan Pater Lorenzos (Bruno Thost) erfährt. Er vermutet Julia tot und nimmt sich das Leben. Sie dürfen hier einen letzten Blick tauschen, dann tötet sich Julia. Damit endet die Tragödie hier. So abrupt, dass die Zuschauer einen Moment benötigt haben, um dann umso mehr zu applaudieren.

Weitere Schuttertäler Darsteller bei der Aufführung Romeo und Julia sind Gisela Griesbaum als Fürstin von Verona und Carsten Petersen als Balthasar. Capulet, Julias Vater wird von Frank Schwörer gespielt. Rene Morelle gibt den Grafen Paris.

Dem Wetter bei der Premiere trotzte Berthold Mäntele an der Technik. Für eine sehr gute Choreografie ist Marc Bollmeyer verantwortlich, den Anne Petersen aus Seelbach unterstützt hat. Das Bühnenbild stammt von Helmut Mühlbacher aus Wien. Der Seelbacher Bauhof unter der Leitung von Albert Fehrenbacher hat die Sterne gezimmert.