Dörlinbach - Agathe und Josef Kaspar ziehen gemeinsam ein kleines Lamm auf. Ohne die Fürsorge des Ehepaars hätte das Tier keine Überlebenschance. Die Mutter war bei der Geburt gestorben. Seit 50 Jahren hält Familie Kaspar Schafe auf dem Dobel.

Wer zu Agathe und Josef Kaspar will, betritt eine andere Welt. Der landwirtschaftliche Hof liegt oben auf dem Dobel. Die Ruhe wird lediglich von dem Blöken der Schafe unterbrochen. Aus dem Stall dringt ein zufriedenes Muhen. Vier Paar Kuhaugen richten sich auf ein kleines schwarzes Bündel, das sich im Heu in eine kleine Kuhle gekuschelt hat. Jetzt kommt Leben in das schlafende Fellknäuel. Josef Kaspar hält in seiner Hand eine Milchflasche. Randvoll bis zum Sauger. Ehefrau Agathe hat die Milch aufgewärmt.

Vor fünf Wochen ist "Bella" geboren worden. Das Mutterschaf hat es nicht geschafft. "Wir haben alles probiert", sagt Agathe Kaspar traurig. Seitdem übernimmt die Familie im Wechsel die Fütterung des kleinen Lämmchens. Leider übernähmen andere Mutterschafe nicht die Versorgung eines weiteren Lämmchens. "Irgendwie hat es die Tierwelt nicht eingerichtet", erklärt Agathe Kaspar. Ein Schäfer hatte die kleine "Bella" aufgegeben. "Sie schafft es ohnehin nicht", prophezeite er. Aber da kannte er den Willen von Agathe und Josef Kaspar nicht. Sohn Philipp übernimmt morgens um 6.30 Uhr die erste Fütterung.

Dass es die kleine "Bella" geschafft hat, liegt wohl an der liebevollen Pflege. Alle drei bis vier Stunden gibt es zwei bis drei Fläschchen. "Sie hat ganz schön Appetit", freut sich Josef Kaspar. Vor einer Stunde ist er mit dem Wirbelwind von einem Spaziergang zurückgekehrt. "Sie folgt mir auf Schritt und Tritt", lacht der 71-Jährige. Selbstverständlich folgt sie ihm auch hin und wieder in die Küche, die direkt neben dem Stall liegt und in der vor allem die Spezialmilch aus Milchpulver zubereitet wird. "Unserer Bella soll es an nichts fehlen", so Josef Kaspar.

Seit 50 Jahren gibt es auf dem Hof der Kaspars Schafe. Den Anfang machten drei Schafe. Heute erfreuen sich neun Muttertiere und ein Bock an der grünen Wiese. Im Winter schmeckt ihnen Kleie. Es waren eher praktische Gründe, die Josef Kaspar vor 50 Jahren zur Entscheidung einer Schafhaltung getrieben haben. Sein Blick schweift hinüber auf die steile Hanglage. Zu beschwerlich und umständlich war das Mähen. Besser und vor allem ökologischer als mit Schafen ließe sich dieses Gelände ohnehin nicht bearbeiten.

Schwarzes Schaf in der Familie

In 50 Jahren habe es schon das eine oder andere dunkle Schaf gegeben, aber so schwarz wie "Bella" war noch kein Lamm. Sie stupst die Hand von Josef Kaspar an. Gierig schmatzt sie vor sich hin. Keine Minute dauert es und die Flasche ist ratzeputz leer. Zurück bleibt ein zufriedenes leises Blöken. Anschließend schläft "Bella" erst mal wieder zufrieden in ihrer Heu-Kuhle. Dabei werfen die Kühe ein liebevolles, wachsames Auge auf ihren Schützling.

Separate Haltung

Bis im April oder Mai wird die kleine "Bella" von der großen Herde separat gehalten. Sie soll kräftig und stark werden. Ein Wohnrecht auf Lebenszeit ist ihr auf dem Hof auf jeden Fall garantiert. "Mag kommen, was will: Die Bella geben wir nicht mehr her", sagt Josef Kaspar und freut sich schon auf den nächsten Spaziergang mit seinem Lamm über den Dobel.