Die Mannschaft des TuS Schuttern Mitte April nach dem geglückten Aufstieg in die Landesliga. Verein Foto: Verein

Vor einigen Jahren spielte der TuS noch in der Kreisliga. Heute ist der wackere Landesligaaufsteiger bereits Fünfter

Der kleine Dorfverein TuS Schuttern ist die Mannschaft der Stunde. Derzeit rockt der TuS die Landesliga. Seit dem Aufstieg aus der Kreisliga vor drei Jahren herrscht in dem Ort eine regelrechte Handballeuphorie. Der Versuch einer Analyse.

1978 verfolgte das handballverückte Schuttern an den Fernsehschirmen, wie ihr hauseigener Trainer Arno Ehret, sich in Dänemark als Spieler die WM-Krone aufsetzte. Nur ein Jahr später stieg der TuS unter Trainer Heinz Schwab in die Landesliga auf. 1982 folgte der erneute Aufstieg mit Georg Pereteatcu in die Verbandsliga. Es waren richtig gute Jahre für den Handball in Schuttern.

 > Die goldenen Jahre: Die Periode zwischen Ende der 1970er Jahre bis Ende der 1980er sei eine gute Zeit für den Handball in Schuttern gewesen, betont auch Bernhard Eble. Und er muss es schließlich wissen: Denn seit 44 Jahren ist der heutige Abteilungsleiter Handball im Verein aktiv. Mit 17 Jahren hatte Linksaußen Eble 1979 sein Debüt in der ersten Mannschaft gegeben. An seiner Seite standen echte Größen wie Klaus Czybulski, den es später zum TuS Hofweier in die Bundesliga zog. "Wir spielten Landesliga und Verbandsliga. Es war eine tolle Zeit", so Eble.

 > Der Niedergang: 1985 war der Höhenflug des Kleinvereins allerdings vorbei. Das Team stieg in die Landesliga und 1989 in die Bezirksklasse ab. Aber es kam sogar noch schlimmer für die einstige Handballgröße: 1990, in dem Jahr, als Deutschland in Italien im Fußball die WM gewann, folgte gar der Abstieg in die Kreisliga. Tiefer ging es nicht mehr.  

> Der Hoffnungsträger: Was dann eines Tages folgte war ein Rausch, der bis heute in Schuttern andauert. Besser gesagt: Wer dann folgte. Denn zwei Monate vor Ende der Saison 2013/14 ersetzte Axel Schmidt den plötzlich erkrankten Uwe Mäder. Seit rund zwei Jahren wohnte der Ex-Profi aus dem badisch-schwäbischen Grenzgebiet Freudenstadt zu dem Zeitpunkt bereits in der 1400-Seelen-Gemeinde, als sich Vorstand Rüdiger Finner und Bernhard Eble überwanden, den großen Namen zu kontaktieren. Und Schmidt entpuppte sich schnell als echter Glücksgriff.

Dem TuS gelang der umjubelte Wiederaufstieg in die Bezirksklasse. Drei Jahre später setzte die Schmidt-Truppe dann noch einen drauf: Mit den lautstarken Fans im Rücken stieg der TuS in die Landesliga Nord auf. Dass der Erfolg einen Namen hatte, ist in Schuttern jedem bewusst: "Natürlich hätte Axel Schmidt auch zu höherklassigen Vereinen gehen können. Aber bei uns ist er fast schon eine Legende. Außerdem kann er mit dem Fahrrad zur Offohalle kommen", berichtet Eble.  

> Die Jugendarbeit: Aber nicht nur den neuen Trainer sieht Eble als entscheidenden Faktor des kometenhaften Comebacks des TuS an: Vor allem die Förderung der Jugendarbeit hätte sich schließlich bezahlt gemacht. Auch wenn einige talentierte Spieler der Jahrgänge 1995 und 96 den Verein in Richtung Köndringen/Teningen oder etwa Schutterwald verließen, störte das am Gesamtkonzept nur wenig. Mit einem Altersschnitt von 23 Jahren sind die TuS Spieler die Küken der Landesliga. "Axel macht es einfach Spaß, die Entwicklung der jungen Spieler zu verfolgen", sagt Eble. "Das ist sein Antrieb." Den Trainer umgebe eine "richtige Aura". Als Ex-Profi sei er auf der einen Seite ein Vorbild für die jungen Spieler, der auch gerne einmal "Tacheles redet", auf der anderen Seite ein "Kumpeltyp", wie Eble sagt. "Der kann denen noch jede Übung vormachen. Und so etwas kommt bei Jung und Alt gut an."  

> Der Kopf des Ganzen: Doch auch ein Über-Trainer wie Schmidt benötigt auf dem Feld einen Gleichgesinnten, der seine Anweisungen versteht umzusetzen: Mit Florian Kopf hat der 44-Jährige diesen gefunden. Wie kein Zweiter versteht der Ur-Schutterner Kopf, der bereits mit fünf Jahren das Spiel beim TuS erlernte und Teil des starken 1996-Jahrgangs ist, die Philosophie des Vereins. "Florian könnte locker auch ein paar Ligen höher spielen, aber trotz einiger Angebote geht er nicht", sagt Eble. "Hätte er den Verein damals auch verlassen, wäre hier womöglich alles zusammengebrochen."  

> Die Euphoriewelle: Und auch in der Landesliga schwimmt der TuS noch immer auf einer echten Euphoriewelle. Mit lediglich sieben Minuspunkten steht das junge Team derzeit auf dem fünften Rang - in Schlagdistanz zum Spitzenreiter, der HSG Ortenau Süd. Und das, obwohl derzeit fast die Hälfte des Kaders verletzungsbedingt ausfällt. Eindeutige Pluspunkte sind die Kameradschaft in der Truppe und das frenetische Publikum mit den "Ultras": "Zu den Topspielen kommen bis zu 500 Zuschauer in die Halle", erzählt Eble. "In diesem Jahr ist es extrem." Inzwischen kämen sogar wieder einige Leute in die Offohalle, die seit Jahren nicht mehr dagewesen seien. "Aber das ist doch toll. Den Hype müssen wir mitnehmen." Am Schönsten sei laut Eble jedoch, mit welchem Einsatz sich jeder im Dorf für den Verein einsetzt: "Der Vorstand hilft an der Theke und Sportler aus anderen Abteilungen freuen sich, wenn sie den Hallendienst übernehmen können. Da packt wirklich jeder mit an."   Die Zukunft: Rund die Hälfte der aktuellen TuS-Mannschaft besteht aus Studenten. "Momentan ist das ein Plus, weil die Spieler immer trainieren können", wie Eble betont.Auf Dauer könnte es jedoch zum Bumerang werden, falls die jungen Spieler eines Tages berufsbedingt wegziehen müssen. Auf externe Neuzugänge wie den erfahrenen Benjamin Michel, den es vorletzte Saison aus Oberhausen nach Schuttern zog oder Christian Lederer (ETSV Offenburg) setzt der TuS nur punktuell: "Wenn wir jemanden dazu holen, muss es menschlich passen. Aber klar ist auch, dass wir aufgrund der langen Verletztenliste dringend Back-up brauchen. Die Jungs gehen auf dem Zahnfleisch."

Info: Handballsüchtig

Die Ära des Feldhandballs war gerade ausgeklungen, als der heutige Abteilungsleiter Handball des TuS Schuttern, Bernard Eble, im Alter von elf Jahren auf einem Teerplatz mit dem Handballsport begann. Handball war im Jahr 1973 die bestimmende Sportart in Schuttern: "Wir waren schon immer ein Handballdorf. Acht von zwölf Mitschülern spielten Handball", erinnert sich Eble, der in Freiburg beim Zoll beschäftigt ist. Auch seine Söhne Jonas (24) und Nico (21) seien "in der Halle aufgewachsen", wie Eble betont. "Die haben dann in der Halle gespielt und ewig aufs Tor geworfen Am Ende des Tages waren sie so müde, dass sie an Ort und Stelle auf Matten geschlafen haben." Seine aktive Karriere beendete Eble an dem Tag, als er zusammen mit beiden Söhnen auf der Platte stand. Dafür überließ er seinem Sohn Nico sogar seine angestammte Position auf Linksaußen und wechselte für 60 Minuten an den Kreis. Seit dem Jahr 2000 trainiert Eble die Jugend. "Für mich ist die Atmosphäre in den Hallen das Größte. Ich brauche das", sagt Eble. "Meine Frau meint, ich wäre Handballsüchtig. Und was ganz wichtig ist, sie akzeptiert das auch."