Pandemiebedingte Schulschließungen haben dazu geführt, dass Schüler Lernstoff versäumt haben. Foto: Ditfurth

Rathaus-Chefs sehen Defizite bei Lernbrücken und Digitalisierung. Was sich ihrer Meinung nach ändern muss.

Lahr - Die Bürgermeister von elf Ortenauer Kommunen haben sich zusammengetan. In einem gemeinsamen Brief sagen sie, was sich ihrer Ansicht nach in der Bildungspolitik ändern muss. Empfänger ist Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Pandemiebedingte Schulschließungen und Wechselunterricht bereiteten Schülern, Eltern und Lehrern immer wieder Kopfzerbrechen. Besonders rege wurden vermeintlichen Lernstoff- Lücken und die Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten diskutiert. Die aktuelle Lage der Bildungspolitik geht elf Ortenauer Bürgermeistern gegen den Strich. Deshalb stellen sie in einem gemeinsamen Schreiben konkrete Forderungen.

Förderkurse im Sommer stoßen auf Kritik

Mehr müsste unternommen und anders vorgegangen werden, um die Schüler adäquat zu begleiten – das ist die Grundbotschaft, die der an Kretschmann gesendeten Botschaft entnommen werden kann.

Besonders kritisch sehen die Rathauschefs die sogenannten Lernbrücken. Wie bereits im vergangenen Jahr sollen Schüler auch in diesem Versäumtes in speziellen Förderkursen während der Sommerferien nachholen. "Unverständlich und nicht nachvollziehbar" ist für die Bürgermeister, dass zur Unter- stützung der Schüler lediglich eine zweiwöchige Lernbrücke als "Aufholmöglichkeit" angeboten werden soll. Was die Rathauschefs davon halten, sieht man daran, dass sie das Wort in Anführungszeichen setzen. Stattdessen fordern sie eine "über alle Schularten und die komplette Bildungslaufbahn gedachte Konzeption, wie in den nächsten Jahren die Defizite aufgeholt werden können". Dabei warnen sie vor dem "oft gewählten Weg, einfach mehr Inhalt in weniger Stunden zu komprimieren".

Außerdem bereite der Streit um den Einsatz von Software-Programmen vom US-Konzern Microsoft an deutschen Schulen ihnen "große Sorgen". Der Streit war vor ein paar Wochen von einer baden-württembergischen Initiative, bestehend aus Lehrern, Eltern und Schülern, losgetreten worden. Gefordert wurde, Microsoft-Produkte an deutschen Schulen zu verbieten. Diese Forderung ruft bei den Rathauschefs Kopfschütteln hervor. Ihnen zufolge arbeiteten die Microsoft-Office-Produkte "stabil und zuverlässig" – durch die Debatte "drohten bescheidenen Erfolge in der Pandemie, insbesondere im Bereich Digitalisierung, verspielt zu werden".

In einer prägnanten Auflistung bringen die Bürgermeister am Ende ihres Schreibens ihre gemeinsame Bitte an Kretschmann auf den Punkt. Zum einen fordern sie, dass Schülern Raum und Zeit gegeben werden soll, um Defizite aufzuholen. Darüber hinaus solle der Bildungsplan verschlankt werden, um eine Fokussierung auf wesentliche Lerninhalte, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu ermöglichen. Auch die dauerhafte Ausstattung der Schulen mit digitalen Fachkräften wird von ihnen angemahnt.

Insbesondere Kinder, die in beengten Wohnverhältnissen leben oder schwierige Familienkonstellationen haben, würden unter der Pandemie leiden. Aber auch über diese Gruppe hinaus müssten alle Schüler in den nächsten Jahren eine große Kraftanstrengung unternehmen, um bis zum Abschluss ihrer Schullaufbahn die entstandenen Lücken aufzuarbeiten, so die Bürgermeister in ihrem Brief an den Ministerpräsident.

Diese Bürgermeister haben den Brief unterzeichnet: Bruno Metz (Ettenheim), Markus Ibert (Lahr), Pascal Weber (Ringsheim), Erik Weide (Friesenheim), Dietmar Benz (Mahlberg), Kai-Achim Klare (Rust), Jochen Paleit (Kappel-Grafenhausen), Wolfgang Brucker (Schwanau), Matthias Gutbrod (Kippenheim), Tobias Uhrich (Neuried), Alexander Schröder (Meißenheim).