Elefanten im Wartestand: Nachdem der Europa-Park die Dickhäuter aus seiner Zirkus-Revue genommen hat, vertreiben sie sich ihre Zeit im Freigehege oder im Zelt. Bis zu ihrer Abreise aus Rust wird es noch ein paar Tage dauern. Foto: Sonni Frankello

Keine Elefanten mehr im Europa-Park

Keine Elefanten mehr im Europa-Park: Nach wie vor liefern sich Kritiker und Befürworter im Internet einen leidenschaftlichen Schlagabtausch. Redebedarf hat auch der ausgebootete Dompteur.

Rust. "Ich fühle mich wie vergewaltigt", bringt Sonni Frankello seine Gemütslage am Montag gegenüber der LZ unmissverständlich auf den Punkt. Wie berichtet, hatte der Europa-Park den Brandenburger mit drei seiner Tiere für seine Zirkus-Revue gebucht. Doch einem Sturm der Entrüstung auf der Facebook-Seite des Parks über die Elefanten-Show folgte das vorzeitige Aus: "Nach dem Auftritt am Freitag kam ein Verantwortlicher auf mich zu und meinte, er habe schlechte Nachrichten für mich", berichtet Frankello. Nun müsse er sich und die Situation "erst einmal sortieren": Eigentlich wollte der Elefanten-Dompteur bis zum 7. Januar mit seinen "Babys" die Park-Besucher begeistern, um mit ihnen Mitte des Monats wieder zurück in ihre Heimat, dem Elefantenhof in Platschow, zu fahren.

Die Ereignisse der vergangenen Tage haben diesen Zeitplan nun über den Haufen geworfen. Frankello: "Ich muss jetzt schauen, wie das logistisch alles zu bewerkstelligen ist, ich kann meine Tiere ja nicht einfach einpacken und losfahren." Mindestens noch eine Woche werde er deshalb in Rust sein.

Zeit, die der 58-Jährige nutzen will, um das Gespräch mit der Familie Mack zu suchen: "Ich würde schon gerne erfahren, weshalb man mich und meine Elefanten aus der Show genommen hat", sagt ein hörbar mitgenommener Frankello. Zwar zeigt er sich zuversichtlich, dass sich nach dem ungeplanten Aus eine finanzielle Einigung finden werde. "Aber es kann doch nicht sein, dass es mir wegen einer Hetz- und Lügenkampagne von 150 Ahnungslosen untersagt wird, meinen Beruf auszuüben." Er habe in Fachkreisen mittlerweile einen so guten Ruf, dass er sich aussuchen könne, wo er mit seinen grauen Riesen aufschlägt, sagt Frankello. "Für Rust habe ich mich entschieden, weil ich mir sicher war, dass man hier hinter mir steht." Vor wenigen Jahren hätte ihn der Europa-Park "gleich zwei Winter hintereinander gebucht, alle waren zufrieden."

Alle zufrieden machen: ein Ziel, dem der Europa-Park stets alles unterordnet – was aber selbst den Spaßprofis aus Rust in diesem Fall nicht gelingen mag. Hatte man gehofft, das Ende der Elefanten-Show möge Ruhe bringen, sieht man sich nun getäuscht; die Facebook-Kommentare sind in zwei Lager geteilt: Von jenen, die sich vergangene Woche noch bitterböse über die Wildtier-Auftritte beschwert hatten –, erfährt der Park mittlerweile Lob und Anerkennung für sein Umdenken. Dafür hauen nun diejenigen drauf, die die Elefanten gerne weiter in der Revue gesehen hätten und den Verantwortlichen ein Einknicken gegenüber den Tierschützern vorwerfen: "Fünf Sterne, weil ihr euch für das Tierwohl entschieden habt!" gegen "Programmänderungen sind in Ordnung, aber nicht auf dieser Art und Weise. Hätte die Elefanten gerne dort gesehen." Oder: "Das war die einzig richtige Entscheidung. Macht weiter so, kein Tier ist zur Bespaßung des Menschen da!" gegen "Ich kann das nicht nachvollziehen. Wenn es morgen einen Veganer-Shitstorm gibt, fliegen dann die Schnitzel von der Speisekarte? Ich hätte mir hier mehr Rückgrat gewünscht."

Sonni Frankello, seit 45 Jahren und in vierter Generation im Elefanten-Dressur-Geschäft, hält indes nichts von Schwarz-Weiß-Malerei, er will nur fair behandelt werden: "Ich habe keine Straftat begangen, habe mich immer an Recht und Gesetz gehalten." Wenn man ihn nun als Tierquäler darstelle, "schmerzt das sehr". Er beteuert: "Die Tiere sind meine Familie".

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So reagiert Sonni Frankello auf die Vorwürfe

Sonni Frankello hat in den vergangenen Tagen viel Negatives über sich und seine Arbeit mit Elefanten lesen müssen. Zu einigen Vorwürfen nimmt er Stellung.

> " Elefanten haben in Deutschland nichts verloren": Frankellos afrikanische Elefanten hat er bereits als Kälber gekauft: "Sie waren verwaist, weil ihre Eltern – damals noch legal – abgeschossen wurden und man mit ihnen Geld machen wollte." Noch heute würde in Afrika alle 15 Minuten ein Elefant getötet. Frankello: "Wenn ich das Geld hätte, würde ich 1000 Elefanten zu mir holen." Denn: "Man kann nur schützen, was man kennt."

> "Die Tiere haben zu wenig Auslauf, zudem bekommt ihnen das hiesige Klima nicht": Frankello räumt ein, "dass die Temperaturen bei uns andere sind als in Afrika. Aber auch in Namibia gibt es Minusgrade." Als Elefantenkenner wisse er: "Die Tiere sind wie wir Menschen – faul. Sie brauchen Bewegung, müssen aber, wenn sie genügend zu fressen haben, keine 50 Kilometer unterwegs sein."

> "Die Kunststücke sind eine Quälerei für die Elefanten":  Alle Dickhäuter sind laut Frankello neugierig und wissbegierig: "Ich fördere mit meinem Training nur die natürlichen Triebe der Elefanten." Deshalb werde es nie einen seilspringenden Elefanten geben. Früher habe man die Tiere zu Show-Zwecken noch mit Sternchen beklebt oder habe ihnen lustige Hüte aufgesetzt, "heute zeige ich sie in all ihrer Natürlichkeit".

Kommentar

Wenn selbst auf dem Unterhaltungsdampfer Europa-Park die Gute-Laune-Fähnchen auf Halbmast wehen, muss etwas passiert sein: Die Elefanten sind in der Stadt! Bei der Diskussion um Dompteur Sonni Frankello und seine Dickhäuter bewahrheitet sich einmal mehr eine Journalistenweisheit: "Tiere und Kinder gehen als Thema immer." Dass der Auftritt der grauen Riesen in der Zirkus-Revue für Gesprächsstoff sorgen würde, war abzusehen, dass die sozialen Medien aber tagelang überlaufen vor Grundsatzdebatten um das Für und Wider von Wildtier-Auftritten, dass selbst holländische und französische Zeitungen über die Ereignisse in Südbaden berichten, überrascht dann doch. Selbst die PR-Profis aus Rust. Auch sie mussten bei dieser Sache etwas lernen: Man kann es noch so gut meinen, man macht es nie allen recht. Erst luden sie den Elefanten-Dompteur ein und dann wieder aus. Für beides handelten sie sich Kritik ein. Diese anzubringen, ist jedermanns gutes Recht. Doch sollte bei allen Emotionen, die das Thema birgt, ein Grundmaß an Sachlichkeit gewahrt werden. Denunzierende (Facebook-) Kommentare helfen niemandem, am wenigsten denen, die allen so wichtig zu sein scheinen: den Elefanten.