Voll besetzter "Ballsaal Berlin" im Europa-Park Rust: Die Mitglieder der wvib-Schwarzwald AG folgten mit großem Interesse dem Vortrag von Winfried Kretschmann zum Thema "Politik für den industriellen Mittelstand". Foto: Goltz Foto: Lahrer Zeitung

Vortrag: Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht beim Wirtschaftsverband Schwarzwald

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält eine Seilbahn zwischen Europa-Park und dem Elsass für eine gute Idee. Das machte Kretschmann bei der Hauptversammlung des Wirtschaftsverbands Schwarzwald in Rust deutlich.

Rust. Die Verbesserung des Dialogs zwischen der Landesregierung und dem industriellen Mittelstand im ländlichen Raum – das forderte Thomas Burger, Präsident der Verbands WVIB, bei der 73. Hauptversammlung im Europa-Park. "Wir im Mittelstand brauchen eine Lobby, die sich für soziale Marktwirtschaft und industrielle Unternehmen einsetzt", sagte Burger in seiner Eröffnungsrede an den Ministerpräsidenten gewandt. Im Moment hersche ein Missklang zwischen Politik, Städten und dem ländlichen Raum. Seine Bitte: "Suchen Sie bevor irgendwelche Konzepte erstellt werden den Dialog mit uns." Gleichzeitig schätze er Kretschmanns pragmatische Haltung im "hausgemachten Dieselskandal", betonte Burger. "Wir haben einen Ministerpräsidenten, der das ganze Land und nicht alleine seine Partei vertritt."

Zu Beginn seiner Rede sprach der Ministerpräsident die Bedeutung des Veranstaltungsorts Europa-Parks an. Diese würde nun noch mit dem Plan eine Seilbahn zwischen Rust und dem Elsass zu bauen gesteigert. Es handele sich um "eine ganz großartige Idee", betonte Kretschmann. Bei einem gemeinsamen Treffen habe auch der französische Präsident Emmanuel Macron den Plan mit den Worten "etwas verrückt, aber ganz tolle Idee" kommentiert. Macron sei ganz fasziniert gewesen. "Der Park wird damit zu einem neuen Symbol deutsch-französischer Freundschaft", so Kretschmann weiter. "Die Bürger sollen spüren, dass sie was von Europa haben."

Kretschmann lobte die Region als "Ort der großen unternehmerischer Leistungsfähigkeit." Der WIVB sei ein Unikum in Deutschland und betreibe mehr als reine Interessenvertretung. Es gehe nicht um "punktuelle Vorteile, sondern um nachhaltige Mittelstandspolitik." Mittelstandspolitik habe heute einen schweren Stand in Deutschland. "Die Finanzkrise hat gezeigt: die Deregulierung kann man auch übertreiben." Dabei sei die Unterscheidung zwischen einer vernünftigen und einer unsinnigen Deregulierung heute so wichtig, sagte Kretschmann und griff das Märchen vom Hans im Glück auf. Dieser habe sich mit jedem Tausch schlechter gestellt und endete mit einem Stein anstatt einem Klumpen Gold. Ähnliches erkenne er auch in der politischen Lage heute. "Vernunft wird gegen Affekt getauscht, Freihandel gegen Protektionismus. Mit einem Wort: Gold gegen Stein", ergänzte Kretschmann. Der Ministerpräsident setzt auf den von ihm initiierten Dauerdialog mit der Industrie. Denn mit Hinblick auf den Umgang der Bundesregierung im Diesel-Skandal sei klar, "dass wir so nicht weiterarbeiten können."

Mit dem "Silicon Valley" als Vorbild schloss Kretschmann mit einem Aufruf: "Wir müssen auch wieder bereit sein, uns große Ziele vorzunehmen." Dies gelte vor allem im Bereich künstliche Intelligenz. Großes Potenzial sehe er in der Gründung einer europäischen Universität durch die Staaten und Hochschulen entlang des Rheins.

Der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden (wvib) Schwarzwald AG versammelt mittelständische und familiengeprägte Industrieunternehmen. Das Ziel ist es, die Menschen und Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Gegründet wurde der Verband 1946. Heute erwirtschaften die 1000 Mitgliedsunternehmen mit knapp 300 000 Mitarbeitern weltweit rund 53 Milliarden Euro Umsatz. Verbandspräsident ist seit 2017 Thomas Burger.