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Behörden ahnden Verstöße im Taubergießen / Empörung im Ruster Gemeinderat

Mehr Besucher, mehr Verstöße: Der Taubergießen wird zunehmend zum Touristen-Hotspot. Die Behörden haben reagiert und am Sonntag bei einer Kontrolle mehrere Naturfrevel geahndet. Derweil gibt es Kritik aus dem Ruster Gemeinderat.

Rust. "Taubergießen ist am Limit" titelte die LZ in ihrer Freitagsausgabe – und berichtete exklusiv über die prekäre Lage, in der sich das einzigartige Naturschutzgebiet in der südlichen Ortenau befindet. Die Leiterin der dortigen ökologischen Station, Bettina Saier, sprach von einem "nie dagewesenen Besucheransturm". Dieser stellt an sich schon eine große Bedrohung für Flora und Fauna dar. Richtig schlimm wird es aber, wenn die, die kommen, sich nicht zu benehmen wissen. Baden, Wassersport, Autos, Grillen und Müll – die Liste der Verstöße ist lang. Nun haben die Behörden reagiert, um dem verbotenen Treiben einen Riegel vorzuschieben.

Das für die 1700 Hektar Taubergießen zuständige Regierungspräsidium Freiburg begab sich am Sonntag gemeinsam mit Beamten des Rustrer Polizeipostens auf Patrouille auf der beliebten Bootstrecke zwischen der Ruster Zuckerbrücke und der Gifizbrücke auf Gemarkung Kappel-Grafenhausen. Ziel der konzertierten Aktion war es, Regelverstöße, die sich trotz der Beschilderungen häufen, zu ahnden und Besucher im direkten Kontakt auf dem Wasser für die Regeln im Naturschutzgebiet zu sensibilisieren.

Eine Aktion, die offenbar angebracht war, vielleicht sogar überfällig, wie die Bilanz zeigt. Wie RP-Sprecherin Heike Spannagel auf LZ-Nachfrage berichtete, mussten die Kontrolleure "einige Verwarnungen aussprechen". Zwei Autofahrern geht es sogar an den Geldbeutel. Weil sie ihre Fahrzeuge an verbotenen Stellen abgestellt hatten, wurden sie mit Bußgeldern belegt. Dabei sei wegen der schlechten Wettervorhersage am Sonntag insgesamt nicht so viel los gewesen wie in den vergangenen Wochen, erklärt Spannagel.

Die "üblichen" Verstöße, die Bettina Saier, beim RP zuständig für den Taubergießen, notiert, sind vielfältig: "Häufig landen Besucher entlang der Bootstrecke an sensiblen Uferbereichen, picknicken, baden oder lassen ihre Hunde ins Wasser und ohne Leine laufen." Immer häufiger seien Menschen auch mit sogenannten Stand-Up-Paddles auf dem Wasser unterwegs, was im Naturschutzgebiet ebenfalls verboten ist.

Dank der Berichterstattung sind die problematischen Zustände im Taubergießen auch im Ruster Gemeinderat nicht verborgen geblieben. Bei der Sitzung am Montag gab es große Empörung – und deutliche Worte. Der Taubergießen dürfe nicht zum Rummelplatz zügelloser Touristeninteressen werden, so der Tenor. "Da passieren Dinge, von denen ich nicht einmal geträumt hätte", erklärte Ewald Scherer (FW). Seine spontane Forderung: Ein Sicherheitsdienst und die Polizei müssten für Ordnung sorgen. "Mich erschreckt die um sich greifende Verantwortungslosigkeit der Bürger, ohne Eigenverantwortung kann eine Gemeinschaft nicht funktionieren", sagte Bürgermeister Kai-Achim Klare. "Das ist eine Frechheit, ein normaler Mensch verhält sich so nicht", meinte Andreas Link (CDU).

Generelle Verbote sind nicht das Mittel der Wahl

Nicht ganz so einfach wie die Klage über die üblen Zustände sei deren Verhinderung, machte Rathauschef Klare dem Gemeinderat deutlich. Der Ordnungsdienst der drei Anliegergemeinden könne das riesige Gebiet nicht überwachen, da fehlte es an Personal und Geld. Das Land sei in der Pflicht Unterstützung zu leisten, "wir reden hier über staatliche Naturschutzaufgaben", betonte Klare, der zum Beispiel die Wasserschutzpolizei in der Pflicht sieht. "Ich teile das Entsetzen über das, was da draußen passiert, aber es gibt keine einfache Lösung."

Deutlicher wurde Karl-Heinz Debacher (SPD), der eine Breitseite Richtung Bettina Saier und ihrer Mitarbeiterin Corina Zeller in der Naturschutzstation abfeuerte: Er kritisierte die "zwei Damen, die in ihrem gemütlichen Häuschen sitzen". Konkret erwartet Debacher mehr Initiative vom Land.

Eine generelle Verbotsregelung, so die Meinung im Rat, sei nicht das richtige Mittel, weil man damit meist die Falschen treffe, etwa die Anbieter der legalen Bootstouren, die die Regeln kennen und einhalten.

Das Naturschutzgebiet Taubergießen bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und Rückzugsmöglichkeiten, weshalb die Einhaltung von Regeln für den Erhalt der Artenvielfalt vor Ort unerlässlich ist, heißt es aus dem Regierungspräsidium. Auf die für den Taubergießen geltendenden Verhaltensregeln weisen unter anderem verschiedene Infotafeln an Bootseinstiegsstellen und an Parkplätzen hin. Nur wenn die Regeln von allen Besuchern eingehalten werden, sei ein naturverträgliches Miteinander möglich und das einzigartige Naturschutzgebiet könne erhalten bleiben, so das RP.