Die zunehmende Vermüllung sorgt für Ärger in Lahr. Dazu gehören auch Autos, die abgestellt und nicht mehr abgeholt werden – hier ein Fall am Schutterlindenberg aus diesem Sommer. Foto: Bender

Leere Pizzaschachteln im Rathauspark, Abfall im Seepark, leere Getränkedosen und Essensschachteln in der Fußgängerzone –­ die Vermüllung wird in Lahr zum immer größeren Problem.

Lahr - Einer Anregung der SPD-Fraktion im Gemeinderat folgend, hatte Bürgermeister Guido Schöneboom zum ersten Runden Tisch "Sauberes Lahr" in der Mehrzweckhalle eingeladen. Knapp 30 Teilnehmer waren gekommen – Mitglieder des Gemeinderats, Behördenvertreter, aber auch einfache Bürger, denen das Thema unter den Nägeln brennt.  

Wie lief das Ganze ab? Beschäftigte der Stadtverwaltung und des Landratsamts verdeutlichten zunächst, welcher Aufwand bereits jetzt betrieben wird, damit bestimmte Plätze in Lahr nicht zur Abfallhalde verkommen – betonten dabei aber auch, dass den Amtsvertretern teils die Hände gebunden sind, wenn Privatleute ihren Schrebergarten nicht aufräumen oder Autos abgestellt und nicht mehr abgeholt werden. Im zweiten Teil wurden Vorschläge geäußert, wie man das Problem der drohenden Vermüllung in den Griff bekommen kann.

 Was wird in Lahr bereits getan? Ungefähr 500 Abfallbehälter gibt es in der Stadt, sechs Stück allein am Schloßplatz. Außerdem 56 Hundetütenspender – allein die dort ausgegebenen Hundetüten ergeben eine Tonne Plastik im Jahr, war zu hören. Drei Kehrmaschinen sorgen für (vorübergehende) Sauberkeit in den Straßen, außerdem gibt es acht Arbeitskräfte, deren Jobprofil allein darin besteht, herumliegenden Müll aufzuheben – diese Personalkosten wurden in der Versammlung auf 390 000 Euro beziffert. Darin nicht erfasst sind die Arbeitsstunden der BGL-Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer täglichen Aufgaben Abfall einsammeln. Beim BGL betragen die Jahreskosten für die Müllbeseitigung 1,3 Millionen Euro (bei einem Jahresumsatz von 8,7 Millionen Euro), war zu erfahren. Schöneboom machte deutlich, dass es keine Option sei, zusätzliche Leute zur Müllbeseitigung einzustellen. Dafür sei im Haushalt kein Geld da; das Problem müsse auf andere Weise gelöst werden.

 Wer sind die Müllsünder? Eine Gruppe geriet in den Fokus, die bis jetzt in diesem Zusammenhang als unverdächtig galt: Schüler. Zwei Frauen meldeten sich zu Wort, die in der Nähe von Lahrer Schulen wohnen. Sie sagten, dass in Ferienzeiten viel weniger Abfall ihren Straßen herumliege. An Unterrichtstagen seien die Zustände dagegen teilweise "fürchterlich". Richard Sottru, der Abteilungsleiter Öffentliches Grün und Umwelt, bemerkte, dass sogar Gymnasiasten negativ auffielen, indem sie zum Beispiel Zigarettenkippen wegschnippen, die die Schulhausmeister dann auflesen müssten. Für ihn eine Frage von mangelndem Respekt.

 Welche Vorschläge wurden laut? Schöneboom ermunterte alle zu "unkonventionellem Denken". Originelle Vorschläge kamen besonders von der Verwaltung – Stadtsprecher Nicolas Scherger schlug vor, den BGL an prominenten Orten in Lahr doch einfach Mal eine Woche lang nicht aufräumen zu lassen. Das Ganze könnte man mit einer Vorher-Nachher-Dokumentation begleiten, die manchen die Augen öffnen würde. Ein Gewinnspiel "Cash for Trash" an den Schulen könnte Schüler dazu ermuntern, möglichst viel Müll aufzuheben.

Wie geht es weiter? Der Runde Tisch soll im ersten Halbjahr 2022 wieder zusammenkommen. Bis dahin soll die Stadtverwaltung die jetzt genannten Vorschläge prüfen und konkretisieren.

Info: Verpackungen besteuern?

Die Gemeinderatsfraktion der Grünen glaubt, dass die Einführung einer »Steuer auf Einwegverpackungen, Einweggeschirr und Einwegbesteck« der Vermüllung in der Stadt entgegenwirken könnte. Deshalb haben die  Grünen  OB Ibert am Mittwoch gebeten, einen Antrag  in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen  auf die Tagesordnung zu nehmen, wonach die Verwaltung beauftragt wird, die Umsetzung und Folgen einer Verpackungssteuer zu prüfen.  Auch die möglichen Auswirkungen auf das Stadtbild und das Klima sollten  untersucht werden, so die Grünen. Hintergrund sei die zunehmende Vermüllung des Stadtbildsdurch weggeworfene Verpackungen.

Kommentar von Herbert Schabel: Ein Anfang

Beim Runden Tisch meldeten sich Lahrer  zu Wort,  die  die Nase voll haben. Davon, dass   ihre privaten Vorgärten, aber auch öffentliche Plätze von achtlosen Mitmenschen zugemüllt werden. Dabei hat die Stadt seit Ausbruch der Pandemie   sogar ein noch größeres Problem mit Abfall. Fast-Food-Verpackungen oder  Pizzakartons würden Straßen und Plätze verschandeln, wenn der BGL nicht täglich aufräumen würde. Hoffnung auf Besserung kam beim Runden Tisch  aus Waiblingen.  Auch die 55.000-Einwohner-Kommune in der Region Stuttgart hatte ein Müllproblem, bis sich die dortige Bürgergesellschaft der Sache  annahm. Ein Initiativkreis für eine »saubere und  sichere Stadt« gründete sich. 

Jetzt gibt es eine intensive  Öffentlichkeitsarbeit, Bürger übernehmen Patenschaften für ihr Wohnumfeld, Schüler reinigen  ihr Schulgelände, bereits der Nachwuchs in den Kindergärten wird   sensibilisiert. Man sei auf einem guten Weg, die Stadt sei sauberer geworden,  sagte der Waiblinger Umweltbeauftragte  in einer Videoschalte am Mittwoch. Ein Modell für Lahr? Warum nicht. Bereits jetzt gibt es auch bei uns Bürger, die sich für eine saubere Stadt engagieren,  zum Beispiel der Freiwilligenkreis, der im Seepark aufräumt, oder eine Umweltgruppe, die in Hugsweier Müll aufhebt. Der Runde Tisch, der künftig regelmäßig zusammenkommen soll, könnte  diese Initiativen  bündeln und vielleicht noch ganz neue Ideen entwickeln, wie die Vermüllung gestoppt werden kann. Mit dem ersten Treffen am Mittwoch  ist jedenfalls ein Anfang gemacht.