So ist’s doppelt richtig: beim Bäcker um die Ecke einkaufen – und dabei den gebührenden Abstand einhalten. Foto: Decoux-Kone

Wirtschaft: Städte und Gemeinden appellieren an Bürger / Kreisweite Übersicht mit Essenslieferanten

Südliche Ortenau - Die Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft sind aktuell noch nicht absehbar. Klar ist: Schon heute kämpfen viele ums Überleben. Das wissen auch die Städte und Gemeinden der südlichen Ortenau – und versuchen gegenzusteuern.

Zukunft der Betriebe ungewiss 

Kleine und mittelständische Betriebe stehen vor einer ungewissen Zukunft. Wer nicht schon auf staatliche Anordnung geschlossen hat, dem bleiben oft die Kunden weg. Die Angst vor der Ansteckung mit dem Coronavirus ist allgegenwärtig.

Mit jedem Tag werden die Aussichten düsterer. Während Bundes- und Landesregierung mit Notfonds und einem Kreditprogramm in Milliardenhöhe die Folgen der Pandemie abfedern wollen, setzen die Kommunen in der Region auf die Solidarität der Bürger.

Umsätze und Aufträge bleiben aus 

Ringsheims Rathauschef Pascal Weber geht das Thema offensiv an: Vergangenen Freitag verschickte er eine Rundmail an die örtlichen Vereinsvorsitzenden. Im Anhang: zwei Plakate mit dem Aufruf, die heimischen Betriebe zu unterstützen. "Auch der Handel, kleinere Geschäfte und Dienstleister sowie das Handwerk in Ringsheim und unserer gesamten Region durchleben durch die Corona-Krise derzeit eine schwere Zeit", heißt es auf einem Plakat.

Umsätze beziehungsweise Aufträge brächen komplett weg, viele Geschäfte müssten ganztags geschlossen bleiben oder seien durch den Ausfall von Mitarbeitern etwa durch Krankheit, Quarantäne oder Kinderbetreuung "stark in der Leistungskraft eingeschränkt", so Weber.

Stadt Ettenheim hilft, Überblick zu behalten

Im sogenannten stationären Handel haben die Menschen derzeit kaum Gelegenheit, Geld auszugeben. Gleichzeitig ist ein weiteres Erstarken des Internetmarkts zu erwarten (siehe Info). Deshalb lautet Webers Appell: "Sparen Sie Ihr Geld für die Zeit nach der Krise, wenn die Geschäfte vor Ort und der Region wieder öffnen." Wenn nicht unbedingt nötig, so der Bürgermeister, sollten die Ringsheimer die Finger von der Maus lassen und auf Online-Bestellungen verzichten.

Die Konkurrenz für die heimischen Geschäfte sei heute schon "heftig". Um Handwerkern zu helfen, könne man bereits jetzt Firmen für die Zeit nach der Corona-Krise beauftragen, "damit diese mit den Erlösen planen können", betont Weber, der die Vereine in seinem Schreiben bittet, ihren Status als Multiplikatoren zu nutzen und seine Botschaft weiterzustreuen.

Verunsicherung bei den Unternehmern 

Auch andernorts weiß man um die brenzlige Lage der Betriebe – und bekommt davon zu hören. Bei Ettenheims Wirtschaftsförderer Wolfgang Spengler stand am Montagmorgen das Telefon nicht still. "Viele Unternehmer sind verunsichert. Es geistern Tausend Vorschläge und Ideen herum, wie man ihnen helfen könnte. Da ist es wichtig, den Durchblick zu behalten und sich auf das zu konzentrieren, was rechtlich fix ist", sagt Spengler im Gespräch mit der LZ.

In Absprache mit dem Gewerbeverein Unternehmen Ettenheim biete die Stadtverwaltung Beratung und Vermittlung zu konkreten Angeboten von Bund und Land an. Auf der Homepage der Stadt (www.ettenheim.de) gibt es einen Überblick über alle relevanten Möglichkeiten. "Das reicht vom Kurzarbeitergeld bis zu Steuerstundungen. Wir versuchen, die Informationen ständig zu aktualisieren", sagt Spengler.

Gesunde Menschen können helfen 

Das zweite Plakat aus dem Ringsheimer Rathaus wirbt um "Solidarität mit der Gastronomie". Auch die Lokale, schreibt Weber, "durchleben derzeit eine schwere Zeit". Die Idee: Wer nicht zu einer Risikogruppe gehört, kann helfen, "indem Sie vielleicht ein- bis zweimal in der Woche statt zu Hause zu kochen, eine Mahlzeit zum Mitnehmen/Liefern bestellen".

Der Bürgermeister ist sich sicher: "Für Sie einfach, für die Betriebe wertvoll." Laut Ettenheims Wirtschaftsförderer Spengler ist eine kreisweite Übersicht geplant, in der sich alle Gastronomen mit Lieferdienst eintragen lassen können. "Ich hoffe, dass dieses Angebot von den Menschen dann auch genutzt wird."

Die Kippenheimer kaufen vor Ort

Die bisherigen Erfahrungen von Kippenheims Bürgermeister Matthias Gutbrod deuten zumindest in die richtige Richtung: "Bei unseren Bäckern und Metzgern beobachte ich einen regen Betrieb. Das spiegeln mir auch die Inhaber so wider."

Ob sich die Menschen aktuell in größeren Geschäften einfach nicht sicher fühlen, oder ob sie sich tatsächlich mit den kleinen Unternehmen vor Ort solidarisieren, vermag der Rathauschef nicht zu sagen. "Es ist in jedem Fall schön zu sehen, dass die Menschen in diesen Zeiten hier einkaufen." Für Gutbrod steht außer Zweifel: "Wir wollen und brauchen eine gute Nahversorgung – während und nach der Corona-Krise."

Info: Bundestrend alarmiert

Der deutsche Handelsverband (HDE) fürchtet eine Pleitewelle bei den Geschäften, die wegen der Corona-Krise schließen müssen. Bundesweit blieben täglich Einnahmen von rund 1,1 Milliarden Euro aus – während die Fixkosten wie Gehälter und Mieten weiterlaufen.

Zwar gibt es dem HDE zufolge derzeit eine allgemeine Zurückhaltung bei den Konsumenten, die auch der Online-Handel zu spüren bekomme. Dennoch wird erwartet, dass Internetgiganten wie Amazon als Gewinner aus der Krise hervorgehen.