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Im Ringsheimer Niederwald werden Bäume gefällt

Ringsheim hat im Niederwald kahle Flächen geschaffen. Die einheimische Eiche soll sich so im Auenwald besser behaupten können. Dahinter steckt auch Taktik: Für die Aktion gibt es Ökopunkte, die für künftige Bauvorhaben aufgespart werden.

Ringsheim (red/sad). Die sogenannten naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen werden für zukünftige Baumaßnahmen schon im Voraus vollzogen. Die Ausgleichsmaßnahmen werden mit einem vorgegebenen Punkteschema bewertet und in ein sogenanntes Ökokonto eingebucht. Wenn dann eine Baumaßnahme ansteht, muss nicht zuerst Ausgleichsfläche geschaffen werden, sondern es werden die vorgezogenen Maßnahmen angerechnet und aus dem Ökokonto (siehe Infokasten) ausgebucht.

Konkret werden im Niederwald folgende Maßnahmen umgesetzt: Umwandlung von Waldbeständen mit nichtheimischen Baumarten in Eichenwald. Die Stileiche (allgemein Deutsche Eiche genannt) ist ein typischer Baum des Auenwalds. Sie bietet Lebensraum für viele vom Aussterben bedrohten Arten wie zum Beispiel dem Hirschkäfer. "Leider nimmt der Eichenanteil in unseren Wäldern stetig ab", so die Gemeinde in einer Mitteilung.

Die Stileiche habe einen extrem hohen Lichtbedarf und habe in der Naturverjüngung gegen die Konkurrenz von Ahorn, Esche, Buche und den anderen heimischen Baumarten keine Chance. Sie könne nur auf Kahlflächen erfolgreich aufwachsen. "Es ist aus naturschutzfachlicher Sicht absolut notwendig, den Eichenanteil wieder zu erhöhen", schreibt die Gemeinde weiter. Am besten tue man dies zu Lasten der nichtheimischen Baumarten, im Fall vom Niederwald zu Lasten von Douglasie und Roteiche.

Konkret werden in bestehende Douglasie- und Roteichebestände kleinere Kahlhiebe gehauen. Auf diesen freien Flächen werden anschließend Stileichen in Reihen gepflanzt. Sie stehen in Wuchshüllen, um ein besseres Anwachsen zu ermöglichen und um sie vor der Konkurrenz anderer Baumarten zu schützen. In den Zwischenräumen wachsen die Baumarten die sich von selbst ansamen.

Viele seltene Arten zu Hause

Bei der Mittelwaldwirtschaft handelt es sich um eine historische Form der Waldbewirtschaftung. Als die Menschen noch das Vieh in den Wald treiben mussten, um zu überleben, wurde jährlich reihum jeweils circa ein Zwanzigstel des Waldes kahl gehauen. Je Hektar blieben nur 80 bis 100 Bäume stehen, die richtig dick werden sollten. Das ausgehauene Holz nutzte man hauptsächlich als Brennholz. Wenn man Bauholz brauchte, wurden auch einige der dicken Bäume gefällt.

Auf den Kahlflächen hütete man das Vieh, bis nach zwei oder drei Jahren die jungen Bäume wieder die Oberhand gewannen. Dann ließ man diese Fläche in Ruhe und wanderte weiter. Jährlich wurde eine andere Teilfläche bearbeitet, sodass sich jeweils nach 25 bis 30 Jahren der Prozess wiederholte.

Diese Art der Waldbewirtschaftung habe vielen seltenen Arten einen Lebensraum geboten, heißt es weiter. So konnten beispielsweise Fledermäuse in den Höhlen der alten Bäume wohnen und unmittelbar daneben auf den Freiflächen Insekten jagen. Dadurch, dass alle 25 bis 30 Jahre ein Großteil des Bestandes kahlgeschlagen wurde und nur wenige Bäume übrig blieben, konnten auch sogenannte Bäume "zweiter Ordnung" (Bäume die nicht so groß werden wie die anderen etwa Feldahorn, Elsbeere, Speierling) überleben und zu stattlichen Exemplaren heranwachsen.

Mit der Aufgabe der Waldweide wurden die Mittelwälder in Hochwälder umgewandelt und viele Arten wurden zurückgedrängt oder gingen verloren. Im Niederwald nimmt die Gemeindeverwaltung diese historische Form der Waldbewirtschaftung in zwei Teilflächen mit jeweils 30 Hektar wieder auf.

Das Ökokonto gehört im Naturschutzrecht zur Rubrik der Eingriffsregelung. Die Eingriffsregelung besteht seit 1976 mit der Einführung des Bundesnaturschutzgesetzes. Ziel ist es, einen vorsorgenden Maßnahmen- und Flächenpool von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu schaffen. Mit denen können zukünftige Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds im engen und fachlich Bezug zu den Eingriffen ausgeglichen werden. Gegenüber dem klassischen Eingriffsausgleich liegt der Vorteil des Ökokontos darin, dass Maßnahmen für zukünftige Eingriffe im Vorfeld umgesetzt, unabhängig vom Eingriffsort realisiert und mittels eines Projekts gebündelt werden können. In Baden-Württemberg existieren seit 2008 zwei Arten von Ökokonten: das gemeindliche (GÖkokonto) und das naturschutzrechtliche Ökokonto (NatÖkokonto).