Die Anwohner Karla Mönch (von links), Claudia Toni und Klaus Schütte vermuten, dass die neue Schallschutzwand (im Hintergrund) die westliche Seite der Gleise lauter macht. Foto: Kauffmann Foto: Lahrer Zeitung

Bahn: Anwohner in Ringsheim vermuten: Wand reflektiert den Schall / Auch Wildpinkler bleiben ein Ärgernis

945 Meter lang ist die Wand, die lärmgeplagte Ringsheimer vom Krach der Schienen abschirmen soll. Gut eineinhalb Jahre nach ihrer Errichtung steht für Anwohner fest: Ruhiger ist es seither nur auf der östlichen Seite der Gleise – die Bahn widerspricht.

Ringsheim. Als die Bauarbeiter Ende Februar 2017 die Schallschutzwand in Ringsheim vollendet hatten, erklärte der Konzernbevollmächtigte Sven Hantel vollmundig: "Die Anwohner haben ein großes Stück mehr Lebensqualität hinzugewonnen." Das gilt offenbar aber nicht für alle, wie sich im Laufe der Zeit erwiesen hat.

"Mit der neuen Schallschutzwand ist es defintiv lauter geworden", klagt etwa Klaus Schütte, der auf der westlichen Gleisseite, also der Seite ohne Wand, wohnt. Schütte: "Vor allem die Glaselemente absorbieren wenig bis gar keinen Schall." Stattdessen würde der Lärm noch zurückgeworfen. Um ein Viertel sei es lauter geworden, schätzt der Familienvater.

Auf Nachfrage der Lahrer Zeitung widerspricht die Bahn: "Es wurden gleisseitig hoch absorbierende Wandelemente eingebaut", teilt ein Sprecher mit. "Somit kann es keine hörbaren Reflexionen geben." Ob die Bahn das mit Messungen belegen kann? "Diese hochabsorbierenden Elemente haben eine Zulassung, wodurch es nicht erforderlich ist, Messungen vorher und nachher durchzuführen."

Indes geht der Krach vor allem an Schüttes Kind nicht spurlos vorbei: "Wenn mein Sohn draußen etwas sagt und ein Zug kommt, hält er inne und setzt den angefangenen Satz genau da fort, wo er aufgehört hat." Schütte weiter: "Wenn der Konzernbevollmächtigte der Bahn mal eine Woche bei uns übernachtet, würde er sehen, wie es ist, wenn man den Kindern sagen muss, dass das Fenster zubleibt." Er lade gerne Bahn-Vertreter zu sich ein, "damit sie erleben, was der Lärm mit einem macht". Für ihn steht fest: "Auch auf die andere Seite muss eine Lärmschutz-Wand hin."

Ganz anders die Situation westlich der Bahngleise: "Inzwischen kann man an der Schallschutzwand entlanggehen und telefonieren. Das war vorher undenkbar", berichtet Claudia Toni, die in der Nähe der Gaststätte Bahnhöfle wohnt und in der BI Bahn aktiv ist. Leiser sei es wegen der neuen Wand auf jeden Fall geworden – für Toni ein erster Schritt. Wenn Schütte aber vor mehr als acht Jahren gewusst hätte, wie sich die Situation an seiner Seite der Gleise entwickelt, hätte er sich zumindest nochmal überlegt, nach Ringsheim zu ziehen. Und wenn das dritte und vierte Überholgleis zusätzlich zu den bestehenden beiden gebaut werden, "muss man sich in der Tat Gedanken darüber machen, ob man wegzieht".

Die Bahn hat zwar neben dem Bau der Schallschutzmauer versucht, die Lärm-Plage zusätzlich mit der Finanzierung von Lüftern und Schalldichten Fenstern zu lindern, aber nur wenige Anwohner machten davon Gebrauch. Auf LZ-Nachfrage berichtet der Bahn-Sprecher: "Nach heutigem Stand nehmen von 100 Eigentümern lediglich 22 Fördermittel in Anspruch." Nur an vier Wohneinheiten seien Maßnahmen zum passiven Lärmschutz umgesetzt worden, weitere 18 seien derzeit in Bearbeitung. Schütte wendet ein: Die Bahn zahle zwar zum Großteil Material- und Einbaukosten, doch die Stromkosten (er spricht von rund 35 Euro jährlich) und die Wartung blieben an Eigentümern und Bewohnern hängen. Zudem sei es für die Anwohner Lebensqualität, Fenster öffnen zu können.

Nicht nur der Lärm macht zu schaffen: Auch Vermüllung und Reisende, die kleinere oder sogar größere Toilettengänge rund um den Bahnhalt erledigen, sind in Ringsheim bekanntlich ein Problem. Die Bahn meint dazu auf Anfrage: "Der Haltepunkt wird regelmäßig gereinigt, zudem gibt es Sonderreinigungen." Und was ist mit der Installation eines WCs? "Bahn, Gemeinde und Europa-Park sind im Gespräch. Gemeinsames Ziel ist es, ein WC-Modul zu installieren." Ein Termin für den Bau eines solchen Moduls sei aber "nicht absehbar" – damit verkündet die Bahn einmal mehr nichts Neues.

Für Karla Mönch, die seit ihrer Kindheit auf der Ostseite wohnt, sind die Zustände "menschenunwürdig": Nicht mal einen richtigen Unterstand hätten die vielen Reisenden, die zum Europa-Park wollten, wenn es stürmt oder heiß ist. Die Anwohnerin: "Eine Toilette oder einen Unterstand zahlen die Macks doch aus dem Spesenkässle."

Wenn der Europa-Park Hochsaison hat, ist der Andrang auf den Bahnsteigen in Ringsheim besonders groß. Um Unfälle zu vermeiden, sei laut einem Bahnsprecher an besucherstarken Tagen Sicherheitspersonal vor Ort. "Großes Gedränge wird durch Zugangssteuerung und entsprechendem Zulauf der Busse vermieden", heißt es weiter.