Wird auf einem Grundstück in der Ruster Straße (links) ein Heim für bis zu 50 Flüchtlinge errichtet? Die Grafik zeigt, wie der Neubau aussehen soll. Ob er tatsächlich realisiert wird, hängt vom Bürgerentscheid am kommenden Sonntag ab. Foto: Gemeinde

Mit einem Bürgerentscheid wird am Sonntag über den Bau abgestimmt

Ringsheim - Darf in der Ruster Straße in Ringsheim ein Heim für bis zu 50 Flüchtlinge gebaut werden? Diese Frage soll beim Bürgerentscheid am kommenden Sonntag geklärt werden.

Es geht um eine 24 Ar große Fläche rund 100 Meter westlich des Bahnhofs. Im Süden grenzt sie an die Ruster Straße, im Westen an ein Gewerbe-, im Osten an ein Wohngebäude. Die Gemeinde hat das Grundstück gekauft, um dort ein Flüchtlingsheim für rund 1,4 Millionen Euro zu errichten.  

> Der Bürgerentscheid: Das Wahllokal im Rathaus hat am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet. 1934 Bürger dürfen ihre Stimme abgeben. Konkret können sie mit "Ja" oder "Nein" auf die Frage antworten, ob die Gemeinde in der Ruster Straße einen Neubau zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen errichten soll. Aus dem Projekt wird nichts, wenn die Gegner die Mehrheit erreichen und dabei mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten mit Nein votieren. Das Quorum beträgt 387 Stimmen – so viele Bürger müssen gegen den Neubau sein, um ihn zu verhindern. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit "Nein" beantwortet. Wird das Quorum nicht erreicht, muss der Gemeinderat entscheiden.

 > Die Argumente der Befürworter: Jeder Haushalt in Ringsheim hat eine achtseitige Broschüre mit Infos zum Bürgerentscheid erhalten. Auf einer Doppelseite legen Bürgermeister Pascal Weber und die Gemeinderäte dar, weshalb sie für das Projekt sind. Die Gemeinde müsse 2,09 Prozent ihrer Einwohner an Flüchtlingen aufnehmen – das seien etwa 46 Personen. Alternativen wie die Anschaffung einer Containeranlage oder die Komplettsanierung des "Ochsen" habe man verworfen, da in einem Neubau alle Flüchtlinge untergebracht werden könnten, die Ringsheim zugewiesen werden – so viel Platz würde der "Ochsen" bei Weitem nicht bieten. Außerdem könnten in einem Neubau auch Wohnungen an sozial Schwache vermietet werden, sollte sich die Flüchtlingssituation beruhigen.

 > Die Argumente der Gegner: In der Info-Broschüre kommen auf einer Doppelseite auch Joachim Pfeffer und Gionatan Progano zu Wort, die im Vorjahr 155 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt hatten. Der geballte Protest hatte für den Gemeinderat den Ausschlag gegeben, einen Bürgerentscheid zu beschließen. Progano und Pfeffer argumentieren damit, dass die Flüchtlingszahlen drastisch gesunken seien. Zum Beweis nennen sie Friesenheim, das erheblich größer als Ringsheim ist, in diesem Jahr aber lediglich einen Flüchtling aufnehmen muss. Ringsheim habe bereits 23 Flüchtlinge untergebracht; wie viele noch kommen, sei unklar. "Wir sind nicht gegen die Aufnahme von Flüchtlingen, sondern setzen uns dafür ein, dass diese Menschen unsere Hilfe erhalten", so Pfeffer und Progano. Doch das Grundstück in der Ruster Straße sei ungeeignet für ein Flüchtlingsheim in dieser Größenordnung – es würde sich "nicht ansatzweise in die bestehende Bau-, Gewerbe- und Wohnstruktur einfügen". Stattdessen plädieren die Gegner des Projekts für die Sanierung des "Ochsen", die die Gemeinde auch nicht so teuer zu stehen komme. Sollten die Plätze in dem früheren Gasthof nicht ausreichen, seien Wohncontainer eine vorübergehende, zweckmäßige Lösung.

 > Wie wird die Abstimmung ausgehen? "Das ist ganz schwer zu sagen. Ich hoffe natürlich, dass der Gemeinderat und ich die Bürger überzeugen konnten", sagt Bürgermeister Pascal Weber. Bei Joachim Pfeffer ist der Optimismus nicht allzu groß: "Ich bin Realist und weiß, dass es schwierig wird. Wir brauchen die Mehrheit und müssen auch das Quorum erreichen." Die Stimmung im Ort sei für ihn nur schwer einzuschätzen, "ich kann nicht in die Köpfe der Menschen hineinschauen." Pfeffer fürchtet, dass das Thema den Bürgern nicht mehr so wichtig ist, da die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge abgenommen hat.

 > Der Vorschlag des Bürgermeisters: Joachim Pfeffer als Sprecher der Bürgergruppe, die sich gegen den Neubau stemmt, hat in den vergangenen Monaten ordentlich ausgeteilt, Heinrich Dixa, der bis Anfang Dezember Bürgermeister war, die Verwaltung und den Gemeinderat mit teils heftigen Vorwürfen überzogen. Deren Kern besteht darin, dass der Gemeinderat den Beschluss, ein Flüchtlingsheim zu bauen, nichtöffentlich und damit unrechtmäßig getroffen habe. Dixas Nachfolger gelang es, bei diesem Thema die Wogen etwas zu glätten. Beim Neujahrsempfang teilte Weber, wie berichtet mit, dass er einen Kompromiss zwischen einem Neubau und dessen totaler Verhinderung anstrebe. Sei es doch gelungen, privaten Wohnraum für zwölf Flüchtlinge anzumieten. Die verbleibenden Flüchtlinge könnten vorübergehend im noch zu sanierenden "Ochsen" wohnen.

Damit ist die Gemeinde nun nicht mehr so dringend auf den Neubau angewiesen – trotzdem will der Rathauschef diese Option aufrechterhalten für den Fall, dass mehr Flüchtlinge kommen. Deshalb bittet Weber die Bürger um ein "Ja" beim Bürgerentscheid.

Info: Auszählung der Stimmen

Die beim Bürgerentscheid abgegebenen Stimmen werden am Sonntag gleich nach 18 Uhr im Rathaus öffentlich ausgezählt. Das Ergebnis soll nach rund einer halben Stunde vorliegen und danach von Bürgermeister Pascal Weber verkündet werden.