Hochkonzentriert: Elke Schmidt vom "Seifenblasen-Figurentheater" bei der Aufführung in Lahr Quelle: Unbekannt

Elke Schmidt hat mit dem Stück "Hannes und Paul" im Stiftsschaffneikeller überzeugt.

Lahr. Das "Seifenblasen Figurentheater" hat am Freitagabend im Stiftsschaffneikeller ein Stück gezeigt, das unter die Haut geht: Der Krieg und die Ideologie der Nationalsozialisten sind hier salonfähig, die homosexuelle Liebe zweier Teenager führt dagegen in den Abgrund.

Das im szenischen Prolog eines Figurentheaters platzierte Heulen der Luftschutzsirene sorgt angesichts der Ereignisse in der Ukraine spürbar für Unbehagen. Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt, Bomben fallen wie damals im Jahr 1943 ganz real auf Kiew, Charkiw und Mariupol. Der allgegenwärtige Tod und das Leid der Menschen prägen seit Wochen die Nachrichtensendungen. Die Frau auf der Bühne des Lahrer Stiftsschaffneikellers scheint davon aber seltsam unberührt. Sie ist gefangen in ihren Erinnerungen, ihrem ganz persönlichen Leid, dass sie die Angst vor den Bomben, dem bevorstehenden Fliegerangriff vergessen lässt.

Der Krieg hat ihr den Mann genommen, einen eingefleischten Nazi der der ersten Stunde, der an der Ostfront gefallen ist. Ihr Sohn Hannes wurde aber ein Opfer der Liebe, einer ideologischen Ausgrenzung, die sie selbst auch ganz persönlich betrifft. Mit dem Stück "Hannes und Paul" thematisiert Elke Schmidt die homophobe Angst vor der gleichgeschlechtlichen Liebe, die im Dritten Reich einem Todesurteil gleichkam. "Schwule müssen ausgemerzt werden, bevor sie sich auch noch vermehren", tönt Karl, der Vater von Hannes, als er erfährt, dass der Lateinlehrer seines Sohnes mitten im Unterricht abgeholt wurde. Er ist gerade auf Heimaturlaub, Hannes ist für ihn noch immer der Pimpf in der Uniform der Hitlerjugend und nicht ein sensibler Jugendlicher, der über die Lektüre von Ovids "Pyramus und Thisbe" gerade seine Zuneigung zu seinem besten Freund Paul entdeckt.

Elke Schmidt gelingt in dem selbst entworfenen Figurentheater unter der Regie von Neville Tranter eine bemerkenswerte Gegenüberstellung. Auf der einen Seite der immer auch schroffe Alltag des Krieges und der nationalsozialistischen Verblendung. Auf der anderen die zarte Annäherung zweier Jugendlicher, die wegen ihrer Liebe ins Abseits geraten und den Freitod suchen, als sie von Hannes Mutter entdeckt und verdammt werden.

Elke Schmidt agiert dabei mit Tischfiguren und einer Klappmaulpuppe in der Kulisse einer stilisierten Küche, zeigt mit sehr viel Gespür die beiden konträr angelegten Dramen der Frau auf. Der Vater, ein großmäuliger Kotzbrocken, gibt bis zu seinem Tod den Ton an. Hannes muss in Vaters Fußstapfen treten und fällt erbarmungslos durch den Rost, als er von der vorgegebenen Linie abweicht.