Qualität und Menge passen, Nachfrage und Preis jedoch nicht: Billige Ware aus dem Ausland, eine witterungsbedingt gute Ernte und zögerliche Verbraucher vergällen auch Erzeugern in der Ortenau die Erdbeersaison. Foto: Gabbert

Die Erdbeersaison sorgt bei Erzeugern für Frust: Durch das gute Wetter im Mai drängt viel Ware auf den Markt, günstige Importe machen Konkurrenz und die Verbraucher kaufen nur zögerlich – Früchte bleiben gar auf den Feldern liegen.

Ortenau – Mancher Erdbeerbauer mag derzeit mit Wehmut zurück an die vergangenen zwei Jahre denken: Statt in den Urlaub zu fahren hatten sich in der Pandemie-Zeit viele Verbraucher zuhause etwas gegönnt – etwa vermehrt Erdbeeren aus der Region gekauft. Der Trend scheint sich mit dem Wegfall der meisten Corona-Maßnahmen jedoch umgekehrt zu haben. "Die Situation war die ganze Zeit sehr angespannt", erklärt Markus Litterst, Bereichsleiter Erzeuger und Anbauberater beim Obstgroßmarkt Mittelbaden (OGM) in Oberkirch. Im Gespräch mit unserer Redaktion wirft er einen Blick zurück auf die bisherige Erdbeersaison.

Gleich mehrere Faktoren machten den Ortenauer Erzeugern das Leben schwer, berichtet Litterst. So sei dieses Jahr bei den Kunden eine deutliche Zurückhaltung festzustellen. "Ich denke, die Verbraucher sind durch die ganze Konjunkturlage verunsichert." Auch sinkende Preise in den Supermarktregalen hätten die Kunden nicht animieren können, verstärkt zuzugreifen. Auch an den Verkaufsständen sei das spürbar. Der Vermutung, dass die Erdbeeren dieses Jahr womöglich geschmacklich nicht so gut sind, widersprach Litterst.

Darüber hinaus setzten die explodierenden Kosten für Energie, Material und Arbeitskraft den Markt unter Druck. Diese habe man nicht einfach an die Kunden weitergeben können. Denn der Preisdruck ist groß: Günstige Importware aus Spanien, Italien und Griechenland dränge auf den deutschen Markt. Zudem hätten die hochsommerlichen Temperaturen im Mai dafür gesorgt, dass deutschlandweit viele der roten Früchte zeitgleich in den Verkauf kommen. Damit konkurrierte die Ortenaur Ware mit Erdbeeren aus nördlicheren Regionen, die normalerweise später dran sind.

Viele Betriebe können derzeit nur gerade so kostendeckend arbeiten

Viele Erzeuger könnten unter diesen Bedingungen nur gerade noch so kostendeckend arbeiten, konstatiert Litterst. In der Konsequenz lohnt es sich für manche Betriebe gar nicht mehr, Felder in mehreren Durchläufen vollständig abzuernten. "Es bleiben durchaus Früchte, die man hätte ernten können, an der Pflanze", berichtet der OGM-Experte – diesen verfaulen also auf den Flächen. Für den Obstgroßmarkt Mittelbaden ist die Saison dabei bereits zu zwei Dritteln gelaufen. Denn der OGM ist auf die verfrühte Ernte – also den Anbau in Tunneln oder unter Vlies – spezialisiert.

Doch nicht nur die Erdbeer-, auch die Spargelbauern leiden unter der Situation. Trotz bester Qualitäten und guter Ernte sei die Saison nicht zufriedenstellend, heißt es dazu vom Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE), mit Sitz in Bruchsal. Der VSSE macht den Handel dafür verantwortlich, den Preis für heimische Produkte – Spargel wie Erdbeeren – durch Importe stark gedrückt zu haben.

"Wir sind ernüchtert und enttäuscht", erklärt VSSE-Vorstandssprecher Simon Schumacher und geht mit dem Handel hart ins Gericht: "Mit Corona, dem Krieg in der Ukraine und der Klimakrise dachten wir, es sollte nun jedem klar geworden sein, wie wichtig die Produktion von Lebensmitteln im eigenen Land ist. Weit gefehlt, der Handel hält bis mitten in die Saison hinein neben dem heimischen Spargel Importware zu Spottpreisen in seinen Regalen. Kaum besser ergeht es den Erdbeeren. Man importiert Bio-Ware aus weiter Entfernung und lässt den heimischen Anbau gegen die Wand fahren, wohlwissend, dass dies die Existenz der Landwirte gefährdet, und Regionalität und Saisonalität eine Menge CO einsparen und das Klima schonen." Die aktuelle Situation (siehe Info) gebe den Spargel- und Erdbeerproduzenten schon einen bitteren Vorgeschmack auf das, was sie 2023 mit zwölf Euro Mindeststundenlohn erwarte.