Windräder im Schwarzwald wie hier auf der Prechtaler Schanze sind besonders umstritten. Entgegen einer Entscheidung des Landratsamts könnten nun auch Anlagen bei Oppenau und Lautenbach entstehen. Foto: Archiv: Laurösch

Regierungspräsidium widerspricht Landratsamt

Die Planungen für Windräder bei Oppenau und Lautenbach können nun doch weitergehen. Das Regierungspräsidium hat eine Entscheidung des Landratsamts, das die Anlagen aus Gründen des Landschaftsschutzes 2016 abgelehnt hatte, aufgehoben.

Oppenau/Lautenbach. Die Kreisverwaltung hatte im Mai 2016 verkündet, dass es keine Windenergieanlagen in den Landschaftsschutzgebieten am Eselskopf zwischen Oppenau-Lierbach und Ottenhöfen sowie auf dem Kutschenkopf bei Lautenbach geben werde. Nach einem umfangreichen Prüfungsverfahren, bei dem mehrere Fachbehörden angehört und alle betroffenen Gemeinden einbezogen worden seien, habe das Landratsamt einen Antrag des Energieversorgers EnBW auf Befreiung von den Landschaftsschutzgebietsverordnungen "Lierbachtal und Kniebisstraße" sowie "Oberes Achertal" abgelehnt.

Eine solche Befreiung wäre die Voraussetzung für den Bau von drei der insgesamt vier von EnBW geplanten Windkraftanlagen gewesen. Das Landratsamt hatte seine ablehnende Entscheidung seinerzeit mit der Schutzwürdigkeit der beiden betroffenen Landschaftsschutzgebiete begründet (siehe Info).

Am Mittwoch hat das Regierungspräsidium Freiburg (RP) nun mitgeteilt, dass es diese Entscheidung des Landratsamts aufgehoben habe. Die Widerspruchsbehörde in Freiburg vertritt die Auffassung, "dass die geplanten Windräder nicht gegen die Landschaftsschutzverordnungen der dortigen Landschaftsschutzgebiete verstoßen". Deshalb könne eine Befreiung vom Verbot baulicher Anlagen in dem Gebiet erteilt werden. Diese Befreiung gelte allerdings nur für diese konkreten Anlagen und nur für die Dauer der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Das RP habe die Argumente des Ortenaukreises eingehend geprüft. Es könne jedoch keine Beeinträchtigung des Landschaftsbilds erkennen, heißt es aus Freiburg. Die geplanten Anlagen würden nicht zu "massiven Eingriffen in die Landschaftsschutzgebiete" führen, die zu erwartenden Eingriffe würden sich auf Randbereiche beschränken. So werde weder der Gesamtcharakter der Gebiete nachhaltig negativ verändert noch würden die Schutzzwecke funktionslos.

"Insbesondere gehen auch nicht die Erholungsfunktion der beiden Schutzgebiete und ihre Bedeutung für den Tourismus verloren", schreibt das RP und ergänzt: "Die Anlagen werden in weiten Teilen, bedingt durch das starke Relief und den hohen Waldanteil, verdeckt werden. Nur in Offenlandbereichen wird man Teile der Anlagen sehen können." Gleiches gelte für den Blick von der B 500. Nur in einem Teilbereich der Bundesstraße würden die Anlagen deutlich sichtbar sein.

Bau der Windräder hängt noch von weiteren Genehmigungen ab

Von einer "Entwertung der touristischen Bedeutung des Bereichs" könne also nicht ausgegangen werden, lautet der Schluss der übergeordneten Behörde. Zumal den Eingriffen das überwiegende öffentliche Interesse am Klimaschutz und am Aufbau einer nachhaltigen regenerativen Energieversorgung gegenüberstehe, das mit der Errichtung der Windenergieanlagen verfolgt werden könne.

Damit ist aber noch keine endgültige Entscheidung zugunsten des EnBW-Projekts gefallen, wie die Behörde betont: Ob die Windräder tatsächlich gebaut werden können, werde in einem noch ausstehenden immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu klären sein. Auch nehme die Entscheidung des RP das Ergebnis dieses Verfahrens, das sich vertieft mit den weiteren Auswirkungen der Anlagen – unter anderem auf den Naturschutz – auseinanderzusetzen habe, nicht vorweg. Von den Befreiungsentscheidungen könne EnBW folglich erst dann Gebrauch machen, wenn auch die notwendigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vorlägen.

Die vor Ort viel diskutierte Frage der Wirtschaftlichkeit der Anlagen war nach den einschlägigen rechtlichen Vorgaben im Widerspruchsverfahren nicht zu prüfen. Relevant ist hier nur die ausreichende Windhöffigkeit der Standorte, die glaubhaft und nachvollziehbar belegt ist.

Kreisverwaltung will den Widerspruch prüfen und auswerten

Im der Kreisverwaltung sieht man den Sachverhalt natürgemäß anders: "Wir bedauern außerordentlich, dass das Regierungspräsidium Freiburg unsere Auffassung nicht teilt, dass wegen der hohen Qualität des Landschaftsschutzgebiets einerseits und der geringen Windhöffigkeit am Standort andererseits eine Befreiung nicht gerechtfertigt ist", teilt Kai Hockenjos, Pressesprecher des Landratsamt, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Immerhin habe das Landschaftsschutzgebiet dort schon seit 65 Jahren Bestand – und bisher sei es gelungen, es von jedweden technischen Einrichtungen frei zu halten. "Außerdem befindet sich der Standort der geplanten Windräder in der Nähe des Ortenauer Portals zum Nationalpark Schwarzwald", sagt Hockenjos weiter und verweist auf die Wasserfälle Allerheiligen und die Klosterruine Allerheiligen.

Das Genehmigungsverfahren für die Anlagen eins und zwei würden nun weitergeführt, so der Pressesprecher. Für die geplanten Anlagen drei und vier, die inmitten des Landschaftsschutzgebiets liegen sollen, liege der Kreisverwaltung noch kein Antrag auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vor. Auf jeden Fall werde das Landratsamt den 17-seitigen Widerspruchsbescheid des RP nun prüfen, auswerten und beurteilen.

INFO

Begründung der Kreisverwaltung

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien habe gegenüber dem ausgeprägten Schutzanspruch der betreffenden Gebiete zurückzutreten, begründete das Amt für Umweltschutz im Ortenaukreis 2016 seine Ablehnung. "Die geplanten Anlagenstandorte befinden sich in einer unbelasteten, charakteristischen und attraktiven Schwarzwaldlandschaft", führte Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter des Ortenaukreises und als Dezernent für den Umweltschutz verantwortlich, weiter aus. Die Unversehrtheit dieser einzigartigen und großräumig zusammenhängenden Naturlandschaft habe seit vielen Jahrzehnten vor technischen Einrichtungen bewahrt werden können. "Die Windenergieanlagen würden aufgrund der entstehenden Sichtbeziehungen innerhalb dieses hochwertigen Landschaftsschutzgebiets störend in Erscheinung treten und das Gebiet technisch überprägen", so Stoermer. Auch stünden im Landkreis ausreichend Flächen für Windenergieanlagen außerhalb von Schutzgebieten zur Verfügung.