Georg Benz, Sozialdezernent des Ortenaukreises (links) und Armin Mittelstädt, Leiter der Kommunalen Arbeitsförderung, erwarten für 2021 einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen und Bezieher von Sozialleistungen.Foto: Achnitz Foto: Lahrer Zeitung

Wirtschaft: Kommunale Arbeitsförderung sorgt sich um weitere Entwicklung / Corona als Hauptfaktor

Das durch die Pandemiemaßnahmen bedingte Ansteigen der Arbeitslosenzahlen ist vorerst gestoppt. Auch die Zahl der sogenannten Hartz IV-Empfänger ist rückläufig. Allerdings sind viele Menschen im Ortenaukreis noch in Kurzarbeit.

Offenburg. Die Zahl der Arbeitslosen im Landkreis ist in den vergangenen drei Monaten um 3,5 Prozent zurückgegangen. Das teilten Georg Benz, Sozialdezernent des Ortenaukreises, und Armin Mittelstädt, Leiter der Kommunalen Arbeitsförderung (KOA), bei der Vorstellung ihres Quartalsberichts am gestrigen Freitag mit.

Zum Stichtag am 30. September waren in der Ortenau insgesamt 10 063 Registrierte auf der Suche nach Arbeit. Damit beträgt die Arbeitslosenquote im Kreis 3,9 Prozent, die drittniedrigste Quote in ganz Baden-Württemberg. Niedrigere Arbeitslosenquoten weisen im Land nur noch Ulm (3,7 Prozent) und Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim (3,8 Prozent) auf. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag in Baden-Württemberg Ende September bei 4,6 Prozent, bundesweit bei 6,2 Prozent.

Gegenüber dem Vorjahr waren im September 2020 in ganz Baden-Württemberg allerdings 86 505 mehr Menschen arbeitslos gemeldet. Das entspricht einem Anstieg von 43 Prozent, der laut KOA ganz überwiegend auf die Situation rund um das Corona-Virus zurückzuführen sei. Auch in der Ortenau lag die Zahl der Arbeitslosen am Ende des dritten Quartals 2019 mit 7430 Menschen bei fast dreitausend Arbeitslosen weniger als in diesem Jahr. Dennoch stehe der Landkreis laut Landratsamt im Vergleich weiterhin gut da.

Von den derzeit 10 063 Arbeitslosen in der Ortenau werden 6177 Menschen als Empfänger von Arbeitslosengeld I in der Agentur für Arbeit Offenburg betreut und 3886 Menschen als Bezieher von ALG II in den Jobcentern. Im Bereich des SGB II, das heißt, bei den Hartz IV-Empfängern, seien die Fallzahlen seit Juli 2020 wieder rückläufig. Im zweiten Quartal 2020 sei, bedingt durch die Pandemiemaßnahmen, die stärkste Zunahme innerhalb weniger Monate registriert worden.

"Die ab Juni 2020 erfolgten Lockerungen im gesellschaftlichen Leben haben in der Folgezeit bereits ein deutliches Abflachen bei der Zahl der Neuantragsteller bewirkt", sagte Sozialdezernent Georg Benz. "Damit dürften die kurzfristigen Auswirkungen der ersten Corona-Welle bereits nach wenigen Monaten vorüber sein." Dennoch bleibe in Hinblick auf die wieder steigenden Fallzahlen eine angespannte Erwartung bestehen.

Hinzu komme, dass auch die Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld I und Kurzarbeitergeld in den vergangenen Monaten sehr stark angestiegen sei. Man könne bereits jetzt absehen, dass nach Ablauf am Ende dieses Jahres vermutlich viele davon "Hartz IV"-Leistungen in Anspruch nehmen müssen.

"Es war zu erwarten, dass das vorgelagerte SGB III-System (ALG I) die negativen Corona-Auswirkungen früher und stärker zu spüren bekommt, allerdings ist zu befürchten, dass sich dieser Trend zeitversetzt auch auf das SGB II auswirkt", fasste KOA-Leiter Armin Mittelstädt die Entwicklung zusammen. Positiv sei jedoch hervorzuheben, dass die Zahl der Arbeitslosen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch weiterhin stabil bleibe.

Mehr als die Hälfte der Leistungsberechtigten bezieht länger als 24 Monate Arbeitslosengeld II, ein Drittel sogar länger als 48 Monate. 1547 von der KOA betreute Haushalte/Familien sind schon seit 2005, also seit 15 Jahren, im Leistungsbezug: "Je erfolgreicher zuletzt Erwerbslose in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten, desto stärker steigt der Anteil an Langzeitleistungsbeziehern", sagte Armin Mittelstädt, der darin einen Schwerpunkt der kommunalen Arbeitsförderung im Kreis sieht.