Mit speziellen Bohrgeräten wird für die Nutzung von Geothermie kilometertief in den Boden gegraben. Solche Bohrungen können auch Beben auslösen. Symbolfoto: Archiv Foto: Lahrer Zeitung

Geothermie: Epizentrum nördlich von Straßburg / Bohrungen mutmaßliche Ursache

Ein Erdbeben hat am Freitagmorgen Straßburg erschüttert, auch in der Ortenau war es zu spüren. Erst am Donnerstag hatte der Rat des Eurodistrikts noch über Geothermie-Bohrungen sowie die mutmaßlich hierdurch verursachten Beben diskutiert.

Ortenau/Offenburg. Das erneute Erdbeben im Straßburger Umland hat am Freitagmorgen gegen 7 Uhr auch viele Ortenauer aufgeschreckt. Laut Landeserdbebendienst lag das Epizentrum nördlich von Straßburg bei La Wantzenau und soll eine Stärke von 3,6 auf der Richter-Skala erreicht haben. Es handele sich um ein "wahrscheinlich induziertes" – also durch menschliche Aktivität verursachtes – Erdbeben, so der Dienst. Verantwortlicher Stellen zufolge sei es wahrscheinlich, dass das Beben in Zusammenhang mit Bohrungen auf französischem Boden stehe, teilte der Eurodistrikt Straßburg-Ortenau am Freitag mit.

"Bei der in Straßburg aufgetretenen Schwere von 3,6 Richter-Magnitude handelt es sich um ein ›sehr leichtes‹ Erdbeben, wobei Schäden sehr selten auftreten können", erklärt Urs Kramer, Leiter des Amts für Brand- und Katastrophenschutz, auf Nachfrage. Daher werde die aktuelle Situation als nicht gefährlich eingestuft. "Selbstverständlich werden wir die Situation beobachten", so Kramer. Nach Informationsstand seines Amts kam es innerhalb des Ortenaukreis zu keinen nennenswerten Schäden.

Eurodistrikt-Rat diskutiert Bohrungen

Nur einen Tag zuvor hatte der Rat des Eurodistrikts Straßburg-Ortenau das Thema Geothermie im Elsass aufgegriffen. Anlass waren die Erderschütterungen im November 2019 (siehe Info). Das Erdbeben habe damals zur Besorgnis der Bevölkerung auf beiden Rhein-Seiten geführt, erklärte Kreisrat Heinz Rith während der Vollversammlung. Für die Sitzung waren am Donnerstag politische Vertreter aus Gemeinden der Eurometropole Straßburg, des Gemeindeverbands Canton d’Erstein und aus Ortenauer Gemeinden in Offenburg zusammengekommen.

"Nach dem Beben im November 2019 wollten wir wissen, ob der Geothermie-Betreiber Fonroche, der zu dieser Zeit im Sektor Vendenheim, Reichstett und der Wantzenau Bohrungen vornahm, im Zusammenhang mit diesem Erdbeben stand. Aktuell sind alle Bohrungen unterbrochen, Tests werden durchgeführt", bringt Pia Imbs, Präsidentin der Eurometropole und Bürgermeisterin von Holtzheim zu diesem Thema ein. "Zum heutigen Zeitpunkt ist der Betreiber Fonroche dazu angehalten, ein neues Bohrungs-Protokoll zu erarbeiten, mit einem vorsichtigeren und fortschrittlicheren Vorgehen", so Imbs.

"Das Beben 2019 war ein deutliches Warnsignal, und zwar für alle: für die Betreiber, für die Behörden, aber insbesondere auch für die Einwohner der gesamten Region!", so Rith. Im Rahmen des Eurodistrikts, so seine Forderung, hätten die Politiker "die Chance aufzuzeigen, dass sie gewillt und in der Lage seien, an grenzüberschreitenden Lösungen für diese schwierige Thematik in Ergänzung zu den zuständigen Behörden mitzuarbeiten".

Scherer und Barseghian fordern Aufklärung

Wer kommt für mögliche Schäden auf? Wer schafft Vertrauen? Das seien relevante Fragen, so Rith. Damit der Informationsfluss zwischen französischen und deutschen Stellen einfacher verlaufe, fordert Rith, dass Vertreter aus Kehl und dem Ortenaukreis bei Besprechungen auf der französischen Seite mit am Tisch sitzen müssten. Da das Thema Geothermie eine deutsch-französische Dimension habe, bestehe auch von französischer Seite der Wunsch, die in Straßburg und der Eurometropole laufenden Diskussionen zu diesem Thema auch für die deutsche Seite zugänglich zu machen, so Imbs.

Frank Scherer und Vize-Präsidentin Jeanne Barseghian wollen der grenzüberschreitenden Kommunikation zum Thema Geothermie-Bohrungen politischen Nachdruck verleihen. Und in einem Brief an die zuständigen Behörden zu verstehen geben, dass es bei den Menschen aus dem Eurodistrikt einen grenzüberschreitenden Abstimmungsbedarf und ein Interesse an Aufklärung bezüglich der Geothermie-Bohrungen gebe. "Es kann ja nicht sein, das man davon gegenseitig gar nichts weiß", so Scherer.

Als bereits 2019 die Erde in Straßburg bebte, wurden Probebohrungen des Tiefengeothermie-Unternehmens Fonroche nördlich der Eurometropole damit in Verbindung gebracht. Damals musste Fonroche die Arbeiten auf Anweisung der Präfektur einstellen, bis im Oktober neuerliche Tests zugelassen wurden, wie der französische Fernsehsender France 3 am Freitag berichtete. Aufgrund einer erneut einsetzenden Serie von Beben habe Fonroche die Tests bereits am 28. Oktober wieder eingestellt.