Der Umsatz in der südbadischen Bauwirtschaft ging bis November um 1,2 Prozent Euro zurück.. Symbolfoto: Soeder Foto: Lahrer Zeitung

Konjunktur: Betriebe verzeichnen fast fünf Prozent weniger Volumen / Gewerkschaft fordert Investitionen

Die Bauwirtschaft in Südbaden ist wegen der geringeren Auftragseingänge alarmiert. Im dritten Quartal sank das Auftragsvolumen bei Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten auf 1,49 Milliarden Euro – ein Minus von fast fünf Prozent.

Ortenau (red/ma). "Nachdem die Baubranche dank der hohen Auftragsbestände zu Jahresbeginn einigermaßen glimpflich durch die erste Jahreshälfte gesteuert ist, geht es mit der Nachfrage seit Frühsommer stetig bergab", warnt Bernhard Sänger, Vizepräsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, mit Blick auf die aktuellen Zahlen. "Sorgen bereitet uns vor allem die Entwicklung im Straßenbau. Minus 16,7 Prozent, das ist heftig." Auch der Wirtschaftsbau lahmt – hier liegt der Rückgang bei 13 Prozent: "Die Corona-Auswirkungen bei Industrie und im Dienstleistungssektor sind deutlich zu spüren, deren Investitionsbereitschaft sinkt massiv."

Der Gesamtumsatz in der südbadischen Bauwirtschaft ging bis Ende September um 1,2 Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro zurück, Tendenz fallend. Sänger schaut daher eher angespannt auf die kalte Jahreszeit: "Aufgrund des hohen Investitionsbedarfs in Infrastruktur und Wohnraum hoffen wir für 2021 dennoch auf eine zufriedenstellende baukonjunkturelle Entwicklung."

Dringend notwendig wäre daher, dass Land und Kommunen wichtige Bauprojekte zügig vorantreiben, fordert Sänger. Doch da hakt es mit der Auftragsvergabe. "Die öffentliche Hand darf jetzt nicht gegen die Krise ansparen und muss ihre Bauherrenfunktion aktiv wahrnehmen. Sonst würgt sie die Baukonjunktur, von der bislang Impulse ausgegangen sind, vollends ab. Was wir brauchen sind vor allem rasche Investitionsmaßnahmen auf kommunaler Ebene, etwa im Bereich der Schulsanierungen und im Straßenbau. Unsere Straßenbauer bekommen aber seit Monaten kaum noch neue Aufträge", beklagt Sänger.

Vom neuen Radweg bis zum sanierten Schuldach: Auch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) fordert, dass der Ortenaukreis trotz sinkender Steuereinnahmen durch die Corona-Pandemie wichtige Zukunftsinvestitionen nicht verschleppt. Dazu hat die IG Bau die Verantwortlichen in der Kommunalpolitik aufgerufen. Im vergangenen Jahr investierte der Landkreis laut Kassenstatistik 144,8 Millionen Euro in öffentliche Infrastruktur – das sind 336 Euro pro Kopf, wie eine Abfrage der Gewerkschaft bei den Statistikämtern der Länder ergab. Damit liege die Ortenau im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld. "Dieses Level muss mit Blick auf den jahrelangen Investitionsstau gehalten werden, auch wenn die Kämmerer aktuell auf jeden Euro schauen müssen. Ein Sparen an der Infrastruktur wäre ein Sparen am falschen Ende", sagt Ilse Bruttel, die stellvertretende Bezirksvorsitzende der IG Bau Südbaden.

"Kommunale Investitionen sichern zugleich viele Arbeitsplätze vor Ort – ob beim Dachdeckermeister oder im Architekturbüro, so die Gewerkschafterin. Allein das Bauhauptgewerbe beschäftige im Ortenaukreis laut Arbeitsagentur rund 6600 Menschen, betont die IG Bau.

Im Ortenaukreis steigen die Löhne für Bauarbeiter um insgesamt 2,6 Prozent – Ergebnis des neuen Tarifabschlusses. Das teilt die IG Bau mit. Darüber hinaus gibt es mit der November-Abrechnung eine steuerfreie "Corona-Prämie" von 500 Euro. Die Gewerkschaft rät den Beschäftigten, nun einen Lohn-Check zu machen. Sie sollten dabei auch auf die Oktober-Abrechnung achten, auf der ein erster Teil der Lohnerhöhung auftauchen müsse.