Bei unseren nördlichen Nachbarn gibt es die Mobilitäts-App schon: Der Karlsruher Verkehrsverbund soll in der Zusammenarbeit mit dem Ortenaukreis die technische Grundlage und das Hintergrundsystem bereitstellen. Foto: Karlsruher Verkehrsverbund

Verkehr: Anwendung für’s Handy soll Angebote bündeln / Ortenau will mit nördlichen Nachbarn kooperieren

Ortenau - Fahrplanbücher sind von Gestern – zumindest wenn es nach dem Kreis geht. Eine Smartphone-App soll künftig das Angebot in Sachen ÖPNV, Leihfahrräder, Car Sharing und Co. in der Ortenau bündeln. Mehr als eine Million Euro sind zunächst dafür eingeplant.

Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat sich in seiner jüngsten Sitzung einstimmig dafür ausgesprochen, eine Mobilitäts-App für die Ortenau umzusetzen. Das Gremium empfahl dem Kreistag, dafür Mittel in Höhe von 950 000 Euro zur Verfügung zu stellen.

Für den laufenden Betrieb sollen 120.000 Euro 2021/2022 eingeplant werden. Als Teil der Mobilitätsoffensive des Ortenaukreises soll die App neben der Tarifreform und den Angebotsverbesserungen (wir berichteten) den ÖPNV stärken und ihn nutzerfreundlicher machen. Das langfristige Ziel ist vom Individualverkehr wegzukommen.

Der Kreis muss dafür nicht von Null anfangen: Als Vorbild dient die "Regiomove"-App des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV), die im November in den Echtbetrieb gestartet ist. Der Projektleiter, Frank Pagel, stellt dem Ausschuss die App vor.

Diese soll als Grundlage für eine Ortenauer Mobilitätsanwendung dienen und mit dieser verknüpft werden. Wie die Karlsruher App funktioniert, erklärte Pagel an einem Beispiel: "Ich muss zur Arbeit aber, meine Bahn kommt nicht. Das ist nicht schlimm, ich hab ja Regiomove", so Pagel.

Wenn das Ziel eingegeben ist, schlage ihm die App vor sich ein Leihfahrrad zu nehmen, um zur nächsten Mobilitätsstation zu radeln, dort könne er sich ein Auto leihen. Zugang gebe es über die Anwendung auf dem Handy.

App soll unabhängig von freier Wirtschaft sein

"Am Ende des Tages gibt es eine Abrechnung aus einer Hand", betont Pagel. Anmeldungen bei den unterschiedlichen Anbietern seien nicht mehr notwendig – die Daten der Nutzer bleiben bei der KVV.

Gemeinsam mit dem KVV hat der Ortenaukreis nun eine Projektidee zur Verknüpfung der Verkehrsverbünde TGO und KVV entwickelt und dem Landesministerium für Verkehr vorgestellt. Der Kreis kümmere sich dabei um die Erstellung der App-Plattform mit den regionalen Angeboten für die Ortenau und dem Ticketing für die TGO, so das Landratsamt. Der KVV stelle die technische Grundlage für die Bereitstellung des Hintergrundsystems mit der Verknüpfung der beiden Gebiete zur Verfügung. Rund 375 000 Euro könnte der Ortenaukreis dafür vom Land bekommen.

Die Förderfähigkeit werde durch einen besonders innovativen Gutschein-Ansatz erreicht, so der Plan der Partner: Der Besuch einer Messe könnte beispielsweise mit einem Freifahrtgutschein verknüpft oder etwa beim Kauf einer Theaterkarte mit einem Gutschein für eine vergünstigte Busfahrt hinterlegt werden. Denkbar sei auch grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen oder touristische Angebote zu integrieren.

Das Projekt fand große Zustimmung. Die CDU-Fraktion regte jedoch an, eventuell auf den Tourismusaspekt zu verzichten, um die Kosten zu senken. "Ich sehe es anders: Genau darin liegt der Reiz", erkläte Landrat Frank Scherer. Die zuständige Komission solle die Umsetzung begleiten und genau hinschauen, in welche Richtung es gehe, so Scherers Vorschlag.

Die Vorarbeit

Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau – ein Zusammenschluss von zehn Kommunen – hat bereits vor anderthalb Jahren mit den Vorbereitungen für eine Mobilitäts-App begonnen. Das Netzwerk organisierte drei Beteiligungsveranstaltungen. Gemeinsam erarbeiteten dort Bürger, Kommunen- und Kreisvertreter Anforderungen an eine künftige Mobilitäts-App. Alle Ergebnisse wurden dem Landkreis zur Verfügung gestellt und flossen in die Planungen zur Umsetzung des Projekts unmittelbar ein.