Projektleiter Sven Adam – viel mehr sein digitales Abbild – präsentiert auf der neu eingerichteten Homepage der Bahn Infos rund um den Tunnelbau. Screenshot: Armbruster Foto: Lahrer Zeitung

Infrastruktur: Deutsche Bahn stellt Projekt im Internet vor / Unterirdische Trassenführung verteuert Projekt

Das der Offenburger Bahntunnel nicht billig wird, war zu erwarten. Nun steht jedoch fest: Die Deutsche Bahn rechnet mit rund vier Milliarden Euro – alleine für den Streckenabschnitt Appenweier-Hohberg. Kostentreiber ist der Tunnel.

Offenburg. Alles ein wenig karg, grau in grau, einzelne Ficus-Bäumchen stehen herum – das Ambiente des digitalen Foyers der Deutschen Bahn ist eher trist. Doch was es da zu entdecken gibt, hat es in sich: Gleich nebenan – bewegen können sich Besucher mit dem Mauszeiger – stehen vier Erklär-Videos zur Verfügung. Der Technische Projektleiter für den Bauabschnitt zwischen Appenweier und Kenzingen, Sven Adam, gibt im ebenso digitalen Auditorium kompakte Erklärungen zum Großprojekt, dem Offenburger Tunnel, dem Bauablauf und den Kosten.

Worum geht’s bei dem Großprojekt überhaupt?

Die Rheintalbahnstrecke – das deutsche Nadelöhr auf der wichtigen europäischen Verbindung zwischen Genua (Italien) und Rotterdam (Niederlande) – soll viergleisig ausgebaut werden. Im Bereich Offenburg sah die ursprüngliche Planung eine Trassenführung parallel zu den bestehenden Gleisen durch das Stadtgebiet vor. Vor allem bei Anwohnern sorgte das für Grausen: Stadt und Bürgerinitiativen forderten eine Tunnel-Lösung – der Güterverkehr sollte so unter Offenburg hindurch geführt werden. Ein niedrigerer Lärmpegel und ein unverändertes Stadtbild waren das Ziel. Der Bundestag sprach sich schließlich 2016 für einen mit der Bahn erarbeiteten Tunnel-Vorschlag aus.

Was bringt die Erweiterung der Bahntrasse?

"Die nach der Fertigstellung durchgehend viergleisige Strecke Karlsruhe und Basel ermöglicht das Entmischen der Verkehre", erklärt Adam. Schnelle Züge würden zukünftig also nicht mehr von langsamfahrenden aufgehalten. Das spare auf der Strecke immerhin eine halbe Stunde Zeit, so der Projektleiter. Eine Fahrt soll dann nur noch 70 Minuten dauern. Für den Nahverkehr böten sich auch neue Möglichkeiten, so Adam.

Wo soll der geplante Tunnel verlaufen?

"Südlich von Appenweier beginnen die Zulaufstrecken zum Tunnel", erklärt Projektleiter Adam. "Unterhalb des Offenburger Güterbahnhofs schwenkt der Tunnel Richtung Westen aus", so Adam weiter. Dann unterfahre er Offenburger Gewerbegebiete und kreuze die Kinzig. Wohngebiete würden bewusst nicht untertunnelt. Im Bereich des Gottwalds, südwestlich der Kernstadt, erreiche der Tunnel mit 25 Metern dann seinen tiefsten Punkt. Nachdem er so einen westlichen Bogen schlägt, kommen die Röhren südlich von Schutterwald und östlich der Autobahn wieder ans Tageslicht. Von dort wird die neue Güterverbindung parallel zur Autobahn weitergeführt.

Wann sollen die Bauarbeiten beginnen?

"Voraussichtlich im Jahr 2026 können die Arbeiten am Tunnel Offenburg beginnen", erläutert Adam. Nach neun Jahren Bauzeit sollen 2035 auf der Neubaustrecke schließlich Züge rollen.

Was kostet die Tunnel-Lösung?

Ursprünglich standen für die neue Trasse Kosten von rund 313 Millionen Euro im Raum. Das war 2006. Die Ausführung als Tunnel und die parallele Führung zur Autobahn verteuerte das Projekt um rund eine Milliarde. 2012 war bereits die Rede von 1,3 Milliarden Euro, erklärt Projektleiter in einem der Videos. Hinzu kamen bis 2018 die üblichen Preissteigerungen von zwei Prozent pro Jahr. "Der aktuelle Baukostenstand beläuft sich auf rund 1,5 Milliarden Euro", berichtet der Bahn-Vertreter. Damit jedoch noch nicht genug: Die Baukosten bilden nämlich nur einen Teil der späteren Gesamtkosten. Hinzukommen die Planungskosten (289 Millionen Euro), erwartete Preissteigerungen (672 Milliarden Euro) sowie Vorsorge- und Risikozuschläge (1,3 Milliarden Euro). Die sogenannte Gesamtwertprognose liege damit bei rund 3,8 Milliarden Euro, so Adam.

Wie geht es nun weiter?

Die digitale "Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung" für das Mammutprojekt läuft seit Mittwoch. Bürger können sich auf der Internetplattform www.dialog.karlsruhe-basel.de informieren und bis zum 29. Juli Hinweise und Anmerkungen geben. Dabei handelt es sich um einen informellen Bestandteil für die Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens, eine formelle Beteiligung folgt noch im Rahmen des sogenannten Planfeststellungsverfahrens. Der Abschluss der Entwurfs- und Genehmigungsplanung ist für 2024 geplant. Ausschreibungen soll es ab 2025 geben.

Nach seiner Fertigstellung wird der Offenburger Tunnel mit elf Kilometern (Oströhre) der längste im deutschen Eisenbahnnetz sein. Die Weströhre ist mit neun Kilometern etwas kürzer. Die unterirdische Bahnstrecke ist auf eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern ausgelegt. Der Tunnel wird in bergmännischer und offener Bauweise errichtet. Zusätzlich werden Rampen- und Trogbauwerke mit einer maximalen Neigung von sechs Promille errichtet.