Ist das Verhältnis von Acherns OB Klaus Muttach (links) und Landrat Frank Scherer noch zu kitten? Foto: Archivfoto: OK

Kreis-Politik: Offener Disput um Förderpraxis beim Straßenbau / Muttach wirft Scherer Wortbruch vor

Offenburg/Achern - Der Streit um die Finanzierung neuer Kreisstraßen zieht Kreise: In einer Pressemitteilung bezichtigte Acherns OB Klaus Muttach (CDU) Landrat Frank Scherer (parteilos) am Donnerstag des Wortbruchs. Der Konter aus Offenburg folgte auf dem Fuß: Das Landratsamt sprach in einer Stellungnahme seinerseits von einem "Foul-Spiel" und "subtiler Stimmungsmache".

Hintergrund des nun offenbar eskalierenden Disputs ist die Forderung nach einheitlichen Richtlinien und fixen Anteilen der Kommunen beim Bau von Verkehrstrassen in der Ortenau. Die CDU-Fraktion hatte im Umwelt- und Technikausschuss des Kreistags am Dienstag für eine allgemeine Zehn-Prozent-Beteiligung plädiert, war damit aber, wie berichtet, gescheitert. Die Verwaltung hatte argumentiert, dass jede neue Straße individuell zu bewerten sei, vor allem hinsichtlich ihrer Entlastungswirkung.

Konkret erhitzt sich die Debatte an drei Millionen-Projekten: die Nordtangente Achern, die Umfahrung von Oberkirch-Zusenhofen und die B 3-Umfahrung zwischen Ringsheim und Lahr. In ersteren beiden Fällen sollen die betroffenen Städte und Gemeinden 20 Prozent der Baukosten tragen, während die Kommunen in der südlichen Ortenau nach Beschlusslage nur ein Zehntel stemmen müssen. Dabei, so Muttach, würden bei der geplanten Straße zwischen Achern und Sasbach künftig ähnliche Verkehrszahlen prognostiziert wie beim Vorhaben im Süden. Eine Ungleichbehandlung, die sich auch bei den Finanzen zeige: "Die betroffenen Kommunen im südlichen Ortenaukreis haben eine jährliche Steuerkraft in Höhe von 115 Millionen Euro, Achern und Sasbach zusammen in Höhe von 54 Millionen Euro."

Richtig Zündstoff in die Debatte bringt indes die Behauptung des Acherner OBs, Landrat Scherer habe ihm im Februar 2019 vor Zeugen vorgeschlagen, dass Achern, Sasbach und Sasbachwalden zusammen nur zehn Prozent zur Finanzierung der Nordtangente beitragen. Auf dieser Grundlage hätten die Verwaltungen ihren Gremien das Projekt vorgeschlagen. "Politik und die Zusammenarbeit zwischen den politischen Ebenen leben in hohem Maß von Vertrauen und die Verlässlichkeit der Repräsentanten", so Muttach.

Scherer widerspricht dem Acherner Rathauschef energisch: Einen Vorschlag oder gar persönliche Zusage "hat es nie gegeben". Vielmehr sei er immer – auch in persönlichen Gesprächen mit Muttach – von einer Gleichbehandlung mit Oberkirch ausgegangen (Umfahrung Nußbach-Zusenhofen) und habe dies auch immer so kommuniziert. 2015 wurde in diesem Fall vom Kreistag eine kommunale Beteiligung von 20 Prozent beschlossen.

Muttach wirft Scherer derweil vor, die Solidarität der Ortenauer Kommunen zu untergraben – und sich bei privaten Vorhaben, namentlich dem Europäischen Forum am Rhein der Grossmann-Gruppe und der verkehrlichen Anbindung des Europa-Parks, "augenscheinlich spendabel" zu zeigen. Scherers Replik: Er engagiere sich "für alle guten Projekte im Kreis", etwa beim Acherner Krankenhausneubau.

In Bezug auf das Abstimmungsergebnis im Ausschuss am Dienstag heißt es in der Mitteilung des Landratsamts: "Landrat Scherer bedauert, dass OB Muttach offenbar Schwierigkeiten damit hat, wenn er mal nicht die demokratische Mehrheit für sein Anliegen gewinnt."