113 Pflegekräfte haben ihren Job beim Ortenau-Klinikum im vergangenen Jahr eigenständig gekündigt.                Foto: Kästle

Ortenau-Klinikum: Linke Liste veröffentlicht Kündigungsquote / Verwaltung kritisiert Vorgehen

Ortenau - Wie viele Pflegekräfte haben 2020 im Klinikum gekündigt? An dieser Frage entzündet sich ein Streit zwischen Linker Liste und Kreis. Die Liste veröffentlichte interne Zahlen, das Klinikum ist sauer. Die Gründe für die Geheimhaltung bleiben offen.

Zwölf Wochen warten

Zwölf Wochen habe sie auf die Daten aus dem Landratsamt warten müssen, erklärte Jana Schwab, Kreistagsmitglied für die Linke Liste Ortenau, bereits vergangene Woche. Als sie die Zahlen schließlich erhielt, sei sie allerdings unter Androhung eines Ordnungsgelds zur Verschwiegenheit verpflichtet worden (wir berichteten).

Nun scheint die Linke Liste einen Weg gefunden zu haben, diese Auflage zu umgehen: Alle Kreisräte hätten die Zahlen zwischenzeitlich erhalten. Von wem, bleibt zunächst unklar. Ein Unbekannter habe die Zahlen dann der Linken Liste zukommen lassen. "Wir halten uns ja schließlich an die Auflagen das Landratsamts", erklärte Listen-Sprecher Yannik Hinzmann.

Folgende Zahlen liegen laut den Linken vor: Insgesamt stieg die Zahl aller selbst getätigten Kündigungen am Klinikum von 2019 auf 2020 um rund 28 Prozent von 243 auf 311 Kündigungen, davon stammten 113 vom Pflegepersonal.

Dies entspreche rund 6,5 Prozent des gesamten Pflegepersonals. Im ärztlichen Dienst hätten im vergangenen Jahr 96 Personen gekündigt. 2019 seien es noch 63 gewesen. "Eine Steigerung der Kündigungszahlen um etwa 52 Prozent", betont die Liste. Vergangene Woche – noch vor Veröffentlichung der Zahlen – nannte die Linke Liste diese "erschreckend".

Allerdings wurden im vergangenen Jahr auch 523 Personen wieder eingestellt, davon 111 in der Pflege, so die Zahlen der Liste. Das gleiche die Kündigungen zwar einigermaßen aus. Renteneintritte, Entlassungen oder langfristige Krankschreibungen würden so aber nicht ausgeglichen. "Diese Zahlen zeigen eindrücklich, dass der eingeschlagene Weg der Agenda 2030 definitiv der falsche ist", schlussfolgert die Liste.

Kreisverwaltung bestätigte die Zahlen

Was es jetzt brauche, sei eine monatliche Prämie, solange die Pandemie andauere, eine weitere für "Rückkehrer", die dauerhaft wieder in der Pflege im Klinikum arbeiten wollen, sowie mehr Mitbestimmung der Beschäftigten und einen Stopp der Klinikreform. Darüber hinaus fordert die Linke Liste – zum wiederholten Mal – den Rücktritt des Klinik-Chefs Christian Keller.

Die Kreisverwaltung bestätigte die Zahlen auf Nachfrage unsere Redaktion am Montag nicht, verwies aber auf eine Pressemitteilung des Ortenau-Klinikums. "Die Linke Liste stellt erneut falsche Behauptungen auf", erklärt Klinikumschef Keller darin. Durch ein bewusstes Weglassen von Informationen werde der Eindruck erweckt, das Klinikum mit seinen rund 6000 Mitarbeitern befinde sich hinsichtlich der Personalfluktuation in einer besonders schwierigen Situation.

"Vergleicht man das Ortenau-Klinikum mit anderen Kliniken, ist genau das Gegenteil der Fall", betont der Geschäftsführer. So liege die Kündigungsquote im Pflegebereich im Bundesschnitt bei rund 8,5 Prozent. Am Klinikum liegt sie mit etwa 6,5 Prozent dagegen deutlich darunter. In den letzten Jahren habe es am Ortenau-Klinikum zudem mehr Einstellungen als Abgänge gegeben.

Die Kreisverwaltung habe in den vergangenen Wochen zahlreiche Anfragen von Kreisrätin Jana Schwab erhalten, teilt das Klinikum am Montag mit. Die Kreisverwaltung habe Schwab vertraulich die Anzahl der Einstellungen sowie Kündigungen am Klinikum mitgeteilt.

"Nicht alle Antworten sind wegen nichtöffentlicher Belange auch für die Öffentlichkeit bestimmt", heißt es vom Klinikum. Von dessen Seite aus wird erklärt, Schwab habe diese Antwort am Freitagabend an alle Kreisräte weitergeleitet und somit einen möglichst großen Kreis geschaffen, der als "anonyme Quelle" in Frage käme.