Der Lenkungskreis der Flüchtlingshilfe Rebland ist trotz dem Ärger über die Gebührenerhöhung zuversichtlich (von links): Irmgard Krocker, Heidi Walther, Heribert Schramm, Gerhard Hund und Ullrich Wieland. Foto: Armbruster Foto: Lahrer Zeitung

Flüchtlinge: Landratsamt und Flüchtlingshilfe Rebland uneins über Kosten von Gemeinschaftsunterkünften

Das Landratsamt erhöht zum Jahreswechsel die Wohngebühren für Gemeinschaftsunterkünfte. Einzelne Personen zahlen in Zukunft 386 Euro pro Monat. Die Flüchtlingshilfe Rebland will sich dagegen wehren und erhebt Vorwürfe.

Offenburg. Für Flüchtlinge mit eigenem Einkommen wird es in der Ortenau teurer. Ab dem Jahreswechsel muss der Einzelne in einer Gemeinschaftsunterkunft 386 Euro Wohngebühr pro Monat zahlen. Das Zimmer hat er dabei allerdings nicht allein für sich, er muss es teilen – mit bis zu drei Personen.

Das Landratsamt passt diese Gebühren mit der aktuellen Erhöhung auf Hartz4-Niveau an. Zuletzt wurden die Kosten für Unterbringung im November 2017 von 160 auf 224 Euro erhöht. An der erneuten Steigerung stört sich unter anderen Heribert Schramm von der Flüchtlingshilfe Rebland. "Im privaten Bereich würden wir von Mietwucher sprechen", stellt der ehrenamtliche Helfer fest. Bestraft würden die Flüchtlinge, die sich gut integriert hätten. "Sie haben sich Arbeit gesucht und verdienen eigenes Geld".

Schramm verweist auf ein Beispiel aus der Unterkunft am Sägeteich in Offenburg: Zwei Personen müssen für die Unterbringung in einem Zimmer von etwa elf Quadratmetern Größe zusammen 772 Euro bezahlen. "Wir finden das unangemessen", bringt es Schramm auf den Punkt.

In einem Pressegespräch zur Gebührenerhöhung spekuliert Schramm, dass die "Sägeteich-Konstruktion" ein Grund für die hohen Gebühren sei. In der Not-Situation der Flüchtlingswelle habe sich das Landratsamt eventuell zu einer zu teuren Vereinbarung mit dem Anbieter der Container-Unterkunft genötigt gefühlt. Der dortige Leerstand werde womöglich jetzt auf alle Bewohner umgelegt.

Außerdem ärgert sich Schramm darüber, dass die Flüchtlingshilfe nicht rechtzeitig über die Gebührenerhöhung informiert worden sei. Er vermutet, dass so ein Einspruch gegen die Erhöhung verhindert werden sollte. "Wir hätten gerne die zugrunde liegende Kalkulation", fordert Schramm. Diese wolle er prüfen lassen und gegebenenfalls eine Klage eines Flüchtlings gegen die Erhöhung zu unterstützen. Der Helfer verweist auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: laut diesem sind Flüchtlingsunterkünfte und Privatwohnungen von Hartz4-Beziehern nicht vergleichbar. Im Landratsamt stößt diese Sichtweise auf wenig Verständnis. "Wir haben uns nicht übertölpeln lassen", wehrt sich der zuständige Dezernent Michael Loritz, gibt aber zu: "Wir waren damals in einem reinen Katastrophenszenario". Bis April 2016 seien wöchentlich 200 Flüchtlinge in den Kreis gekommen. "Wir sind sehr stolz, dass wir niemanden in Zelten unterbringen mussten", sagt Arnold Sälinger, Amtsleiter der Kämmerei und des Gebäudemanagements.

In dieser Notlage habe sich eine Firma aus Freiburg angeboten, Container-Unterkünfte in Offenburg und Lahr einzurichten. Diese sei in Vorleistung gegangen, wollte das aber bezahlt haben und dabei auch Gewinn machen, erläutert Loritz. Damals habe es sich um eine gute Lösung gehandelt, daher habe man eine mehrjährige Laufzeit akzeptiert. "Wir sind keineswegs begeistert von der Unterkunft am Sägeteich", gibt Loritz zu.

Container-Unterkunft in Offenburg soll aufgelöst werden

Die Unterkunft am Lahrer Flughafen sei bereits aufgelöst, die in Offenburg stehe im nächsten Jahr ebenfalls zur Disposition. Stimme das Land zu, so werde man sich aus dem Vertrag mit dem Anbieter der Container freikaufen. Dann wäre auch eine Senkung der Wohngebühren möglich, stellt der Dezernent in Aussicht.

Was deren Erhöhung angehe, so Loritz, habe man gar keine andere Wahl gehabt: denn das Landes-Innenministerium hatte die "Anpassung" empfohlen. "Tatsächlich entstehen dem Landratsamt pro Person sogar Kosten in Höhe von 474 Euro – pro Monat", erläutert er. Die Differenz zwischen der Wohngebühr und den tatsächlichen Kosten trage das Land. "Würden wir die Gebühr nicht anpassen, müssten wir die zusätzliche Differenz als Kreis selbst zahlen", so der Dezernent.

Nach wie vor gelte aber: wer als Asylbewerber kein oder nur ein geringfügiges Einkommen erzielt, muss die Wohngebühren nicht selbst tragen. "Nur Einzelpersonen die über ein Netto-Einkommen von mehr als 917 Euro verfügen, müssen zahlen", stellt Loritz klar. Im Kreis wären dies 210 von insgesamt 870 Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften. Bei den Gebühren handele es sich auch nicht um eine Miete, sagt Loritz. Schließlich seien unter anderem die Kosten für Unterkunft, Heizung, Strom, Wasser, Möbel, Hausmeister und Heimleitung ebenfalls enthalten.

Grundsätzlich zeigt der Dezernent für Flüchtlingsfragen Verständnis für die Flüchtlingshilfe. "Sich für die Belange der Flüchtlinge einzusetzen ist ihre Aufgabe". Aus den gleichen Erwägungen habe das Landratsamt die Wohngebühren bis zur Intervention des Ministeriums auf einem niedrigen Level gehalten.

Im Ortenaukreis sind noch 870 Flüchtlinge in insgesamt 18 Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Derzeit gebe es noch Kapazitäten für 1442 Flüchtlinge, erläutert Michael Loritz vom Landratsamt. Diese würden im Laufe des nächsten Jahres auf 789 Plätze reduziert. Ein Leerstand von 25 Prozent werde als "Kapazitätsreserve" in Kauf genommen und vom Land finanziert.