Mit einem Großaufgebot suchte die Polizei im Juli sechs Tage lang nach dem flüchtigen Yves R. Ein Sportgelände am Ortseingang von Oppenau diente als Einsatzzentrale. Foto: Armbruster

Verbrechen: Staatsanwaltschaft wirft Yves R. Geiselnahme und schwere Körperverletzung vor

Oppenau/Offenburg - Die Offenburger Staatsanwaltschaft hat gegen den Ortenauer Yves R. Anklage erhoben. Der 31-Jährige soll im Juli zwei Polizisten als Geiseln genommen sowie einen SEK-Beamten verletzt haben. Bei einer Verurteilung erwarten R. nun bis zu 15 Jahre Haft.

Yves R., dessen mehrere Tage andauernde Flucht im Raum Oppenau (Ortenaukreis) im Juli für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt hatte, muss sich ab 2021 vor dem Landgericht Offenburg verantworten. "Die Hauptverhandlungstermine stehen noch nicht fest, mit einem Beginn ist bis Mitte Januar 2021 zu rechnen", teilte Kai Stoffregen, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Offenburg, mit. Der nun Angeklagte befindet sich seit dem 18. Juli in Untersuchungshaft.

Die Anklage lautet nicht, wie im Haftbefehl formuliert, auf besonders schwere räuberische Erpressung. R. wird wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor Gericht stehen.

Bei der Festnahme hat er einen Beamten mit einem Beil verletzt

Zwar hat sich R. bislang weder in einer förmlichen Vernehmung noch über seine Verteidiger zur Sache geäußert. Gegenüber Kriminalpolizisten habe er jedoch nach seiner Festnahme spontan Angaben gemacht. "Er hat den Tatablauf aus seiner Sicht geschildert", erläutert Staatsanwalt Stoffregen im Gespräch mit unserer Zeitung.

Zur Erinnerung: Dem 31-Jährigen wird zur Last gelegt, am Morgen des 12. Juli bei einer Polizeikontrolle in einer Waldhütte mit einer Schreckschusswaffe vier Beamte entwaffnet zu haben. Zunächst befanden sich wohl nur zwei Polizisten in der Hütte, die der Angeklagte entwaffnete und in seine Gewalt brachte.

Erst im Anschluss soll R. sich mit den beiden vor die Hütte begeben haben. Dort bedrohte er laut Vorwurf einen der bereits Entwaffneten mit seiner Schreckschusspistole, um die beiden anderen Beamten dazu zu zwingen, ihre Waffen ebenfalls abzulegen. Diese soll er erst an sich genommen haben, als die vier Polizisten sich bereits von der Hütte entfernt hatten.

Er habe die Waffen mitgenommen um die Verfolgung durch die Beamten zu verhindern, soll R. nach seiner Verhaftung erklärt haben. "Es kann daher nicht nachgewiesen werden, dass die Bedrohung unmittelbar dazu diente, in den Besitz der Waffen zu gelangen", sagt Stoffregen. Die räuberische Erpressung könne so nicht bewiesen werden. Aus der Bedrohung des entwaffneten Polizisten ergebe sich jedoch die Geiselnahme.

R. floh im Anschluss an das Geschehen vom 12. Juli in den Wald. Mehrere Tage lang hielt er sich in dem Gebiet rund um Oppenau versteckt. Bei seiner Festnahme am 17. Juli soll er dann einen SEK-Beamten mit einem Beil am Fuß verletzt haben. Hierbei habe der Beamte eine Schnittverletzung erlitten, aufgrund derer er bis auf Weiteres dienstunfähig sei. R. habe dies billigend in Kauf genommen, lautet der Vorwurf.

Bei den Ermittlungen wurden zahlreiche Zeugen vernommen, die sichergestellten Waffen untersucht und ein rechtsmedizinisches Gutachten eingeholt. "Daneben wurde auch ein psychiatrisches Sachverständigengutachten insbesondere zur Frage der Schuldfähigkeit in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis noch nicht vorliegt", berichtet Stoffregen weiter. Konkrete Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Verminderung der Schuldfähigkeit hätten sich bislang nicht ergeben. Der Einfluss von Betäubungsmitteln sei durch einen Bluttest nach der Festnahme ausgeschlossen worden.

Im Falle seiner Verurteilung droht Yves R. eine Freiheitsstrafe zwischen 5 und 15 Jahren, im Fall der Annahme eines minder schweren Falles der Geiselnahme durch das Gericht eine Freiheitsstrafe zwischen 1 und 15 Jahren.