Täglich zur Raffinerie in Karlsruhe und zurück: Spediteur Uwe Weber (links) von Haas-Transporte aus Offenburg hat aufgrund des niedrigen Wasserstands mehr zu tun als sonst. Harald Günther freut sich, dass er seine Tanklager auffüllen kann. Fotos: Merck Foto: Lahrer Zeitung

Treibstoff: Niedrigwasser in Rhein, Neckar und Main behindert Versorgung / Eine Tankstelle sogar ausverkauft

Der niedrige Wasserstand im Rhein sorgt auch in der Ortenau für lange Gesichter an der Tankstelle. Die Preise für Benzin und Diesel sind deutlich gestiegen, der Nachschub stockt. Und ein Ende ist nicht absehbar.

Ortenau. "Schuld ist der niedrige Wasserstand im Rhein", sagt Harald Günther, Geschäftsführer von Günther Energie und Service in Lahr. Der Wassermangel wirke sich doppelt auf den Preis der Kraftstoffe aus. Da der Fluss kaum noch schiffbar sei, könnten die Schiffseigner auf der Fahrt von Rotterdam nach Süden nur noch 20 Prozent der eigentlichen Kapazitäten laden. Mehr Ladung und dadurch ein größerer Tiefgang seien beim aktuellen Pegelstand nicht möglich. "Hinzu kommen die Niedrigwasserzuschäge: die Frachtkosten werden auf die wenigen, gelieferten Liter umgelegt", erläutert der Tankstellenbetreiber. Das mangelnde Angebot und die Zuschläge resultieren in hohen Preisen.

Normalerweise beziehe er Kraftstoffe aus den Zwischenlagern in Honau, Kehl und Breisach, berichtet Günther weiter. "Der Nachschub über den Rhein funktioniert jedoch nur sehr eingeschränkt. Die Lager sind so gut wie leer." Aus diesem Grund müsse er zur Versorgung seines Tankhofs auf die Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) in Karlsruhe ausweichen. Diese beziehe über Pipelines Öl aus Rotterdam und Genua, sei damit vom Niedrigwasser unabhängig. Die Versorgung mit Kraftstoff sei dadurch grundsätzlich gesichert. Allerdings käme es zu längeren Fahrtzeiten für seine Spediteure, an der Raffinerie müssten sie auf Grund des Ansturms dann auch noch lange warten. "Dort bilden sich täglich Warteschlangen von zwei bis drei Kilometern: ein Tankwagen nach dem anderen."

Erschwerend komme hinzu, dass die Bayernoil-Raffinerie bei Ingolstadt vorübergehend außer Betrieb sei. Bayerische Kraftstoffhändler würden daher ihren Bedarf nun teilweise auch aus Karlsruhe decken. Zudem führen auch Neckar, Main und andere Schifffahrtslinien Niedrigwasser, so dass auch andere Tankdepots in Süddeutschland nur unzureichend beliefert werden.

Die zusätzlichen Fahrten und Wartezeiten brächten die Planung der Tankstellenbetreiber durcheinander. "Es könnte passieren, dass manche Tankstellen deswegen vorübergehend leerlaufen", spekuliert der Lahrer.

Genau das ist der BFT-Tankstelle in Hausach bereits passiert, berichtet Dagmar Bach-Mack. "Vor knapp zwei Wochen gab es einen Nachmittag lang kein Super". Das es dazu gekommen sei, liege auch an den begrenzten Lagerkapazitäten. Mittlerweile ist die Versorgung aber wieder gesichert, so Dagmar Bach-Mack.

Freie Tankstellen stärker vom Engpass betroffen

Weniger Probleme meldet dagegen Karl-Heinz Schneider. "Wir haben eine hohe Tankraumkapazität, daher befinden wir uns in einer guten Situation", sagt der Betreiber des Europa-Park Rasthofs bei Herbolzheim und des Autohofs Kappel-Grafenhausen. Seine Tankstellen würden seit jeher Shell-Kraftstoffe aus Karlsruhe beziehen und seien daher gut versorgt.

Noch gäbe es auch für ihn keine schlimmen Konsequenzen aus dem Kraftstoffengpass, sagt Norbert Oberle, Betreiber der freien Tankstelle in Schwanau. Im Notfall müsse sein Lieferant mehrmals täglich mit kleineren Mengen Kraftstoff anfahren, seine Tankstelle werde aber nicht trockenlaufen. Die Konsequenz sei aber ein Preisanstieg. "Allein in den vergangenen zwei Wochen ist der Einkaufspreis um 13 Cent gestiegen", klagt er. Schwankungen von einem oder einem halben Cent von Woche zu Woche seien der Normalfall. Auch der Tankstellenbetreiber aus Schwanau verweist auf die Havarie in Ingolstadt als Grund für die zusätzliche Teuerung. "So etwas hat es noch nicht gegeben. Laut Aussage meines Lieferanten kann der Engpass noch bis Januar andauern", berichtet Oberle.

Die Bundesregierung habe auf die anhaltende Transportprobleme mittlerweile reagiert, erzählt Günther. Auf Veranlassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie seien vom Erdölbevorratungsverband (EBV) gelagerte Mengen an Diesel, Benzin und Kerosin teilweise freigegeben worden. Der EBV verwaltet die strategischen Ölreserven in Deutschland. Die Ausnahmegenehmigung gelte seit dem 26. Oktober unter anderem für Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Als Folge des Engpasses werde nun diskutiert, die sogenannten Nasslager, also solche die von Schiffen versorgt werden, an das Schienennetz der Bahn anzuschließen, berichtet Günther weiter. So hoffe man, die Folgen einer Extremsituation wie des vorherrschenden Niedrigwassers auffangen zu können. "Ich gehe davon aus, dass solche Probleme in Zukunft öfter auftreten könnten", zeigt er sich pessimistisch.

Der Erdölbevorratungsverband (EBV) wurde als Konsequenz aus der Öl-Krise der 1970er Jahre gegründet. Seine Aufgabe ist es, eine ausreichend große Menge Erdöl und Erdölerzeugnisse zu bevorraten um Deutschland für mindestens 90 Tage versorgen zu können. Alle Unternehmen, die entsprechende Erzeugnisse herstellen oder einführen sind Pflichtmitglieder und müssen Beiträge zur Finanzierung der Lagerhaltung bezahlen. Daraus ergibt sich jedoch auch der Anspruch auf freigegebene Reserven.