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Das Ortenau-Klinikum hat in einer Pressemitteilung vor Weihnachten Alarm geschlagen: Klinik-Chef

Das Ortenau-Klinikum hat in einer Pressemitteilung vor Weihnachten Alarm geschlagen: Klinik-Chef Christian Keller erwartet bis zu 1,8 Millionen Euro zusätzliche finanzielle Einbußen für das Jahr 2020.

Das MDK-Reformgesetz soll durch eine Neustrukturierung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) und eine Neuregelung der Rechnungsprüfung eine faire Prüfung der Krankenhausabrechnungen gewährleisten. So sollte die Prüfquote – die Krankenkassen prüfen bundesweit derzeit rund 15 bis 30 Prozent der ihnen in Rechnung gestellten Krankenhausfälle – auf zehn Prozent gesenkt werden.

Offenburg. Grund dafür ist das am 7. November im Bundestag verabschiedete Gesetz zur Reformierung des Medizischen Dienstes der Krankenversicherer (MDK), das zum Jahreswechsel in Kraft treten wird. "Die Auswirkungen des neuen Gesetzes werden uns im kommenden Jahr voraussichtlich mit bis zu 1,8 Millionen Euro Einbußen in unserer Bilanz treffen", so Geschäftsführer Christian Keller (wir berichteten). In den folgenden Jahren könnten die finanziellen Kürzungen sogar noch höher ausfallen.

Die im Gesetz enthaltenen Regelungen zur Rechnungsprüfung stoßen beim Ortenau-Klinikum auf heftige Kritik. Vor Verabschiedung des Gesetzes wurde die Prüfquote für 2020 von zehn auf 12,5 erhöht. Zudem werden Aufschläge für die Krankenhäuser eingeführt. "Künftig müssen sie eine Strafzahlung in Höhe von zehn Prozent der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag, mindestens jedoch in Höhe von 300 Euro pro Fall, entrichten, wenn der MDK eine Abrechnung beanstandet", beklagt das Klinikum.

Insbesondere kritisiert der Geschäftsführer, dass ein Gesetz mit "derart großen finanziellen Auswirkungen" bereits nach wenigen Wochen in Kraft treten solle. "Damit lässt der Gesetzgeber den Krankenhäusern keine Chance auf eine solide Haushaltsplanung, treibt sie in die roten Zahlen und setzt seine Politik der ungeregelten Marktbereinigung fort", so Kellers Vorwurf. Auch dieses Gesetz werde Spuren in der Krankenhauslandschaft hinterlassen. Aufgrund der seit Jahren unzureichenden Krankenhausfinanzierung durch Bund und Land und weitere ungünstige Rahmenbedingungen seien viele Kliniken finanziell in einer schwierigen Lage. Auch für das Ortenau-Klinikum erwarte der Geschäftsführer im laufenden Jahr ein hohes Defizit. "Durch zusätzliche Kürzungen wird unsere finanzielle Lage dann weiter verschärft", betont Keller.

In den meisten Fällen würde der MDK einen zu langen Krankenhausaufenthalt bemängeln, so Keller. Die Verweildauer sei jedoch keine Frage der richtigen oder falschen Abrechnung, sondern der Behandlungssituation geschuldet. Keller schildert das Verhalten des MDK am Beispiel einer 82-jährigen Patientin. Nach einer Operation habe das Klinikum versucht, die Patientin für eine häusliche Versorgung zu stabilisieren.

Erst als dies nicht gelang, musste die Frau in eine Pflegeeinrichtung verlegt werden. Dies konnte mangels freier Pflegeplätze erst nach mehreren Tagen erfolgen. "Der MDK stuft die letzten sechs Tage als ›Fehlbelegung‹ ein und kürzte die Rechnung um rund 2200 Euro", so das Klinikum. "Dafür, dass wir Patienten versorgen, sollen wir bestraft werden", so Keller. Wenn es keine Plätze in geeigneten Pflegeeinrichtungen gebe, könne die Klinik die Patienten nicht einfach auf die Straße setzen.

Aufschläge als Maßnahme zur Disziplinierung

Und wie reagiert der MDK Baden-Württemberg auf die Kritik-Breitseite? Zunächst einmal gelassen. Man begrüße das neue Gesetz, heißt es von der Organisation mit Sitz in Lahr auf Nachfrage unserer Zeitung. Denn: "In den letzten Jahren hat die Zahl der Abrechnungsprüfungen bundesweit erheblich zugenommen." Im Ergebnis seien mehr als 50 Prozent – also mehr als die Hälfte – der geprüften Rechnungen nicht korrekt gewesen.

Rechnungen flexibel prüfen zu können und im Fall der Beanstandung "Aufschläge auf den Rückerstattungsbetrag" zu fordern, sei aus Sicht der MDK geeignet, den Anteil der korrekten Abrechnungen zu erhöhen. Zudem sieht der MDK die Kliniken in der Pflicht, "Versorgungslücken durch Anschlussbehandlungen" zu vermeiden und beruft sich auf das Sozialgesetz. Zu dem vom Klinikum vorgebrachten Beispielfall könne man sich mangels Details nicht weiter äußern. Der MDK werde zur Klärung des Sachverhalts jedoch den Kontakt zum Klinikum suchen.