Offenburg - Der Verkehr in der Ortenau soll in Zukunft besser fließen, umweltgerechter sein, attraktive Angebote für jeden Bürger überall bereithalten und überregional toll vernetzt sein. Klingt utopisch. Doch als politisches Ziel wurde dies vom Kreistag beschlossen.

Ein umfangreiches Papier hat der Kreistag in seiner vergangenen Sitzung verabschiedet. Politische Leitlinien für die Mobilität im Landkreis wurden darin festgezurrt. Es bilde praktisch "die neuen Leitplanken für die Mobilität bei uns", wie der Kappelrodecker Bürgermeister Stefan Hattenbach (CDU) meinte. Für das Konzept gab es sehr starken Rückhalt, lediglich vier AfD-Kreisräte stimmten dagegen, alle anderen der rund 80 Kreistagsmitglieder unterstützten das Leitlinien-Papier.

Danach soll die Mobilität aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft im Ortenaukreis grundsätzlich in umweltverträglicher und klimagerechter Weise gewährleistet sein. Ziele sind etwa ein ausgebautes und für alle attraktives ÖPNV- und Mobilitätsangebot inklusive neuer Angebote wie Car-Sharing, Leihfahrrad, Rufauto, Bürgerbus. Dabei will der Ortenaukreis für seine Bürger sowie Unternehmen ein Landkreis der kurzen Wege sein. Eine Übersicht über die wichtigsten Eckpunkte des Mobilitätspapiers findet sich im Infokasten unten auf dieser Seite.

Einen ersten Entwurf des Leitbilds hatte die Nahverkehrskommission, die aus Kreistagsmitgliedern des Umweltausschusses besteht, im Mai vergangenen Jahres vorgelegt. Nach weiterer Konkretisierung durch die Nahverkehrskommission und Verkehrsexperten der Großen Kreisstädte wurde dem Kreistag das Papier dann zur Abstimmung vorgelegt.

 Mehr Flexibilität: Der ÖPNV ist angebotsorientiert gestaltet und zu einem integrierten Gesamtverkehrssystem weiterentwickelt. Das Angebot ist erhöht, bedarfsgerecht und flexibel weiterentwickelt.

"Wir können sehr zufrieden sein, was wir da überparteilich entwickelt haben", erklärte Dorothee Granderath von den Grünen aus Lahr zu diesem Mobilitätskonzept. Nun gehe es allerdings darum, das Beschlossene auch zu leben und umzusetzen und "es nicht nur abzuheften und dann zu vergessen", erklärte sie in der Sitzung im Landratsamt. Auch der ländliche Raum abseits der großen Metropolen wie Offenburg und Lahr habe "ein Recht auf guten ÖPNV", betonte die grüne Kreispolitikerin aus Lahr.

Lukas Oßwald von der Linken Liste Ortenau sagte bei der Beratung, die Umsetzung der gesteckten Mobilitätsziele werde nun "zum Prüfstein für die Zukunft". Die jetzige Mobilität, mit viel Individualverkehr, sei "die teuerste, die es gibt." Es sei Aufgabe der Politik, mit moderner Mobilität die Teilhabe aller Bürger im Kreis zu ermöglichen.

Bürgermeister Kai-Achim Klare (SPD) aus Rust nannte die Mobilität "ein Grundbedürfnis". Das jetzt verabschiedete Papier sei dabei "erst ein Beginn". Dass darin jedoch festgeklopft sei, dass der ÖPNV eine vollwertige Alternative zum bisherigen Individualverkehr werden solle, sei bemerkenswert und "eine krasse Forderung", bemerkte der Genosse.

Nordrachs Bürgermeister Carsten Erhardt (FDP) sagte, man könne "stolz auf dieses Papier sein. Es zeigt, dass wir ein moderner Landkreis sind". Lediglich die AfD hielt sich in der Debatte mit Lob zurück. Sven Rothmann meinte, es sei "erstaunlich, dass man überhaupt ein solches Leitbild braucht".

Das sind die gesteckten Ziele für eine bessere Mobilität im Ortenaukreis

Das vom Kreistag mit großer Mehrheit beschlossene Papier zur Mobilität im Landkreis umfasst viele Punkte. Hier ein Auszug aus den gesteckten Zielen, wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll:

 Klimaverträglich: Die Mobilität aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft ist im Ortenaukreis umweltverträglich und klimagerecht gewährleistet.

 Echte Alternative: Der ÖPNV steht im gesamten Ortenaukreis als vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zur Verfügung und ist wesentlicher Baustein des Verkehrssystems im Kreis. Die Antwort auf steigende Mobilitätsbedarfe ist nicht "Mehr Verkehr".

 Mehr Angebote: Das ÖPNV- und Mobilitätsangebot ist auszubauen und für alle Bevölkerungsgruppen attraktiv zu gestalten. Neue Mobilitätsangebote (Car-Sharing, Leihfahrrad, Rufauto, Bürgerbus) werden Bausteine des Verkehrssystems. Übergänge zwischen den Verkehrsmitteln dürfen keinen Attraktivitätsverlust darstellen. Diese Mobilitätsangebote sind so attraktiv, dass jeder sie nutzen möchte und dem Individualverkehr vorzieht.

 Mehr Flexibilität: Der ÖPNV ist angebotsorientiert gestaltet und zu einem integrierten Gesamtverkehrssystem weiterentwickelt. Das Angebot ist erhöht, bedarfsgerecht und flexibel weiterentwickelt.

 Kurze Wege: Raum-, Siedlungs- und Verkehrsplanung werden überörtlich eng verzahnt und aufeinander abgestimmt, um unnötigen Verkehr zu vermeiden. Der Ortenaukreis ist für seine Bürger sowie Unternehmen ein Kreis der kurzen Wege.

 Netz mit Nachbarn: Übergänge zwischen den Verkehrsmitteln sind ausreichend vorhanden. Auch sind die Mobilitätsangebote im Ortenaukreis mit den Nachbarkreisen und Frankreich sehr gut aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt.

 Verstärkung bei Aktionen: Der ÖPNV stellt für besondere Ereignisse und Veranstaltungen ein höheres Mobilitätsangebot zur Verfügung.

 Flächendeckender Ausbau: Alternative Bedienungsformen wie das Anrufsammeltaxi, das Rufauto, das Fifty-Fifty-Taxi und der Bürgerbus ergänzen das ÖPNV-Angebot und sind flächendeckend ausgebaut.

 Keine Hürden: Das ÖPNV-System ist barrierefrei.

 Gute Anzeigetafeln: Digitale und analoge Informationssysteme stehen ausreichend nach dem Stand der Technik zur Verfügung.

Mehr  Öko-Fahrzeuge: Der Anteil alternativer Antriebsformen im Verhältnis zum klassischen Verbrennungsmotor ist erhöht, ebenfalls das autonome Fahren.

 Mehr Fahrräder: Individuelle Verkehrsmittel wie Fahrräder und Pedelecs sind gestärkt.

 Fußgänger stärken: Zur Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs ist das Wegenetz im Landkreis sicher ausgebaut.

 An Natur denken: Das Verkehrsnetz in der Ortenau wird mit der jeweils bestmöglichen Lösung in Hinblick auf ökologische Faktoren, Flächenverbrauch und Effizienz ausgebaut.

 Weniger Engpässe: Die Engpässe im Infrastrukturnetz sind reduziert.