Offenburg - Der Bruder des getöteten Arztes hat gegen den leitenden Ermittler bei der Kripo am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Vorwürfe erhoben: Er soll sich taktlos verhalten haben und einer Spur nicht nachgegangen sein.

Schon vor Prozessbeginn lag etwas in der Luft. Die Spannung war greifbar in Saal 2 des Offenburger Landgerichts, der sich am Mittwochnachmittag peu à peu bis auf den letzten Platz füllte. Das Ganze ging langsam vonstatten, da die Besucher eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen mussten, Handys und Taschen abzugeben hatten. Auch bei den Medienvertretern wurde genau hingesehen: Presse- und Personalausweis des Berichterstatters starrte ein Justizbeamter so lange an, als wollte er die Angaben darauf auswendig lernen. Es ging darum, einen störungsfreien Ablauf des Prozesses zu erreichen, der bundesweit beachtet wird, da der Verdächtige ein Flüchtling ist.

Bruder des Arztes ist erster Zeuge

Erster Zeuge war der Bruder des getöteten Arztes. Er warf dem leitenden Ermittler bei der Offenburger Kripo arrogantes Verhalten bei einem Gespräch mit ihm und der Witwe vor. Außerdem habe der Polizist eine Spur nicht verfolgt: Eine Anruferin in der Praxis habe den Arzt bedroht, nachdem er nicht bereit gewesen sei, einem Asylbewerber ein Attest auszustellen, um so seine Abschiebung zu verhindern.

Vorwürfe gegen den leitenden Ermittler

Richter Walter konfrontierte den Ermittler mit den Vorwürfen, als der kurz danach selbst im Zeugenstuhl Platz nahm. Die Antwort des Polizisten: Er sei bei dem Gespräch sehr wohl mitfühlend gewesen, auch wenn das vielleicht nicht erkennbar gewesen sei. Der Umgang mit Verbrechensopfern sei nicht einfach. Er habe der Witwe und dem Bruder nicht alle Fragen zum Ermittlungsstand beantworten können, da das in einem laufenden Verfahren eben nicht möglich sei. Und der vermeintliche Drohanruf sei "Ende 2017, Anfang 2018" eingegangen. Also lange vor der Tat, so durfte man diese Einlassung des Polizeihauptkommissars verstehen.

Der Bruder des Arztes hatte dem Ermittler auch vorgeworfen, sich bei dem Gespräch keine Notizen gemacht zu haben. Dessen Antwort: Er habe sich den Inhalt hinterher aufgeschrieben. Tatsächlich finden sich die Aufzeichnungen in den Gerichtsunterlagen, bestätigte Richter Heinz Walter.

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Info: Termine der Verhandlung

Angesetzt sind insgesamt sechs Verhandlungstage. Die nächsten Termine sind 31. Januar sowie 11., 13., 14. und 21. Februar. Prozessbeginn ist jeweils um 8.30 Uhr. Verhandelt wird vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts in der Moltkestraße.