Anlaufstelle in der Krise: Sechs Millionen Kurzarbeitende zählte die Arbeitsagentur auf dem Höhepunkt des Lockdowns im vergangenen Frühjahr. Besonders betroffen ist nach wie vor das Hotel-und Gaststättengewerbe. Foto: NGG

Corona-Krise: Gastro-Gewerkschaft fordert 1200 Euro im Monat für alle Beschäftigten in der Branche

Ortenau - Die Gastrogewerkschaft NGG schlägt Alarm: Rund 3800 Ortenauer Köche, Kellner und Hotelfachleute waren im ersten Lockdown in Kurzarbeit. Betroffen waren fast 80 Prozent der Branche. Für den aktuellen Lockdown befürchtet NNG ähnliches.

Angesichts weiterhin geschlossener Restaurants, Cafés und Hotels im Ortenaukreis macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf die wachsende Notlage der Beschäftigten aufmerksam. Sie fordert die Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergeldes von 1 200 Euro im Monat.

Die NGG geht davon aus, dass die Kurzarbeit aktuell erneut die Ausmaße des Lockdowns vom Frühjahr vergangenen Jahres angenommen hat. Damals meldeten 744 gastgewerbliche Betriebe im Ortenaukreis Kurzarbeit an – das sind 76 Prozent aller Betriebe der Branche in der Ortenau.

Die Zahl der Köche, Kellner und Hotelfachleute in Kurzarbeit stieg im April 2020 auf 3810. Dies geht aus einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor. Nach Angaben des Ifo-Instituts waren im Januar 2021 bundesweit 56 Prozent aller Beschäftigten des Gastgewerbes in Kurzarbeit. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft lag die Quote bei lediglich 7,8 Prozent, betont die Gewerkschaft.

"Im Unterschied zu anderen Branchen dauert der derzeitige Lockdown für die Gastronomie und Hotellerie immerhin schon seit Anfang November an", betont Claus-Peter Wolf, Geschäftsführer der NGG-Region Schwarzwald-Hochrhein.

Gewerkschaft sieht Beschäftigte am Limit

Die Beschäftigten wüssten nicht mehr, wie sie noch ihre Miete bezahlen sollen. "Ihre letzten Reserven sind längst aufgebraucht. Und es könnten noch Monate vergehen, bis Hotels und Gaststätten wieder öffnen", beschreibt er die Situation.

"Wegen ohnehin niedriger Löhne und fehlender Trinkgelder spitzt sich die Lage der Beschäftigten auch im Ortenaukreis dramatisch zu. Ohne schnelle und unbürokratische Hilfe drohen den Menschen existenzielle Probleme", prognostiziert Wolf.

"Wenn die Politik Unternehmen mit enormen Steuermitteln unterstützt, um eine Pleitewelle zu verhindern, dann muss auch genug Geld für die da sein, die jetzt jeden Cent zweimal umdrehen müssen", sagt Wolf. Gerade in kleineren Pensionen und Gaststätten in der Region verdienten viele Beschäftigte kaum mehr als den gesetzlichen Mindestlohn.

Eine Kellnerin, die normalerweise in Vollzeit arbeitet, kommt so im ersten Bezugsmonat auf nur 728 Euro Kurzarbeitergeld (ledig, ohne Kinder, Kirchensteuer), so die NGG. Selbst nach der Erhöhung auf 80 Prozent des Einkommens, wie sie nach sieben Monaten Kurzarbeit greift, bleiben nur 971 Euro im Monat.

Zusammen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hat die NGG deshalb Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Koalitionsspitzen in einem offenen Brief aufgefordert, ein branchenübergreifendes Mindest-Kurzarbeitergeld in Höhe von 1200 Euro pro Monat einzuführen. Verdi und die NGG haben zu diesem Zweck auch eine Online-Petition zum Mindest-Kurzarbeitergeld gestartet (siehe Info).

Die Gastro-Gewerkschaft NGG bietet auf der Internetseite www.ngg.net/mindest-kug die Möglichkeit, eine Petition zur Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergelds von 1200 Euro virtuell zu unterzeichnen. Diese richtet sich unter anderem an Kanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil. Ende der vergangenen Woche hatten bereits rund 80.000 Menschen die Petition unterstützt – das Ziel sind 100. 000 Unterstützer.