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Corona: Bildungsgewerkschaft GEW wendet sich in offenem Schreiben an Erziehungsberechtigte

Corona-Not in den Schulen: Der Kreisverband der Lehrergewerkschaft GEW wendet sich in einem offenen Brief an Eltern. Die Pädagogen bitten die Eltern darum, die Schüler in der Schule auf Corona testen zu lassen. Offenbar gibt es große Vorbehalte.

Ortenau (red/ma). "Das alleinige Festhalten an den Abstands-, Hygiene- und Lüften-Regeln konnte keinen Lockdown verhindern. Und in dem Wirrwarr aus unterschiedlichsten Wortneuschöpfungen – von Homeschooling über Teilpräsenz bis hin zu Fernlernen mit Material und Unterricht unter Pandemiebedingungen – hat manch einer den Überblick verloren", erläutert Matthias Biegert, Co-Kreisvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in dem offenen Schreiben.

"In den letzten Tagen haben sich nun endlich Dinge ereignet, die die Lehrerschaft hoffen lassen, wieder weitgehend normalen Unterricht in geöffneten Häusern anbieten zu können." Für die meisten Lehrkräfte bestehe ein Impfangebot. Viele Gemeinden hätten sich den neuen Möglichkeiten gestellt und zusammen mit Ärzten, Apothekern und Freiwilligen vor Ort Teststrategien entwickelt, die dabei helfen könnten, Infektionsherde zu identifizieren und einzudämmen.

"Schockierend sind allerdings die Meldungen einiger Kollegen und Schulleitungen, die uns erreichen", berichtet Biegert. An manchen Schulen würden sich lediglich rund 40 Prozent der Schüler testen lassen dürfen. Schulleitungen würde zudem Separation und die Ausübung psychischen Drucks vorgeworfen werden, wenn Kinder – aus Gründen der Aufsichtspflicht – den Rest der Klasse zur Testung begleiten müssten, ohne selbst getestet werden zu dürfen. "Es wird uns berichtet, dass Schulleitungen wegen der Ausweitung der Maskenpflicht beschimpft werden und ihnen vorgeworfen wird, die Gesundheit der Schutzbefohlenen negativ zu beeinträchtigen."

Hinzu kämen Berichte über die Anti-Masken-Demonstration in Offenburg, "die wohl das Ziel hatte, die Ausweitung der Maskenpflicht als schändlich und schädlich in den Fokus zu rücken", konstatiert der Lehrer in dem offenen Brief. Wir hatten berichtet. Auch in Lahr hat zwischenzeitlich eine solche Demonstration stattgefunden, aber deutlich kleiner.

"Unser Ziel als Lehrkräfte und Eltern ist – aus verschiedenen Richtungen betrachtet – das Gleiche: Die bestmöglichen Chancen auf eine selbstbestimmte und erfolgreiche Zukunft für die Kinder dieses Landes." Die Gewerkschaft verstehe den vielen Unmut und die Erfahrung zeige, dass sich im ehrlichen Gespräch noch immer gute Lösungen gefunden hätten.

Aus diesem Grund fordere die GEW alle auf, sich konstruktiv und im gegenseitigen Respekt an der Bewältigung dieser Krise zu beteiligen. "Lassen sie als Eltern ihre Kinder testen und erhöhen somit den Schutz der Schwächeren und Ungeschützten. Regen sie ihre Kinder zum konsequenten Einhalten der Regeln an", bittet der Co-Vorsitzende Biegert die Eltern.

Die Alternative laute in der derzeitigen Situation Fernunterricht – das könne nicht der Weg sein, betont das Schreiben. "Helfen Sie uns an den Schulen, indem sie uns unsere Arbeit machen lassen", so der Appell der Gewerkschaft. "Denn unser erklärtes Ziel ist es, einen weiteren Lockdown inklusive des zeit- und nervenzehrenden Fernlernens zu verhindern." Alles was es dazu brauche, seien neben Masken und Tests der nötige Respekt im Umgang, damit man nicht nur die Pandemie, sondern auch eine weitere Zerfaserung der Gesellschaft überwinden könne, erklärt der Pädagoge.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat seine Pläne, dass nach den Osterferien alle Schüler wieder in die Schulen zurückkehren sollten, vorerst auf Eis gelegt. Die Lehrergewerkschaft GEW fordert für den Fall einer solchen Rückkehr von der Landesregierung, dass mindestens zwei Tests pro Woche für jeden Schüler an der Schule garantiert werden. Bisher hänge die Umsetzung an überlasteten Schulleitungen, so die GEW-Position. Man hoffe, dass Kretschmann die weiteren Vorschläge der Beteiligten etwa zum Einsatz von mehr Personal – wie Pädagogische Assistenten und Lehramtsstudenten – ernst nehme und umsetze.